Bran
zuckenden Beine hinweg und lief in die große Vorhalle. Der Elevator brachte ihn in die Etage der Prinzessin. Er unterdrückte den Impuls, noch einmal zu ihr zu gehen und sich von ihr zu verabschieden. Stattdessen schlug er den Weg zu den Hangars ein.
Eine Sache noch! Er hatte ihr etwas genommen, ohne ihr etwas geben zu können. Aber er würde es wiedergutmachen.
»He, Straner. Kleine Spritztour?«
Ein Mann vom Service döste an der Schleuse. Er salutierte träge, ohne dabei aufzustehen. Bei der regulären Truppe hätte er dafür einen Anschiss kassiert, von dem er sich lange nicht erholt hätte.
»Du hast schon komische Zeiten.«
Straner ließ ihn stehen, der in seinen Sessel zurücksank.
Am Startplatz schwang die Luke auf. Straner schmiss die Ratte hinein und kletterte selbst hinterher. Das Schiff lief an. Er hatte es schon vom Platz aus angepingt und die nötigen Programme geladen. Jetzt konnte er sich zurücklehnen und sich auf das konzentrieren, was gleich kommen würde.
Die HOOKED KITE hob ab.
Im Raum gab es unendlich viel mehr Sterne, als man sie in der klarsten Nacht von einem Planeten aus sehen konnte. Der reinste Wüstenhimmel gab ein paar Tausend Lichter preis. Aber hier draußen waren es Millionen. Und doch war ihm das Firmament über dem Lager der Nomaden reicher erschienen, voller, schöner. Wirklicher. So wie die Geliebte, die man in den Armen hielt, wirklicher war als alle Mädchen, die man nur von ferne bewunderte.
Das Schiff beschleunigte selbsttätig. Es kannte den Kurs. Ganjur kam rasch näher.
Dann passierten sie wieder jene Stelle, an der es beinahe einmal eine Kollision gegeben hatte.
Zwei Schiffe waren gleichzeitig aus anderen Dimensionen in die Normalmatrix gestürzt. Eines kam aus einem anderen Raum, eines aus einer anderen Zeit. Aber dass sie sich hier trafen und um ein Haar aneinander zerschellten, an diesem Schnittpunkt von Raum und Zeit, für den das Sandkorn in der Wüste ein viel zu grober, unzulänglicher Vergleich war, konnte kein Zufall sein.
Straner glaubte nicht an Schicksal.
Aber er war bereit, ihm in den Arm zu fallen.
Dann tauchte die seltsame Linse auf, die das Licht der Sterne mit einer Ungeduld begabte, in der es sich selbst überflügelte. Was der Inbegriff des Unüberholbaren war, ließ sich selbst um dreißig Jahre hinter sich.
Das Bran, dachte Straner wieder, war wie das Hymen einer Jungfrau. Aber er hatte es so und so oft durchstoßen. Wie sollte sie da noch rein sein? Aus dem Mädchen war eine Frau geworden.
»Wohin fliegen wir?« Die Ratte hatte sich aus ihrer Erstarrung gelöst und war auf den Kopilotensessel geklettert. Ihre künstlichen Systeme liefen auf Notstrom. Sie war sehr schlapp.
»Nach Zhid.«
»Da kommen wir doch her!«
»Dann pass gut auf, ob du alles wiedererkennst.«
Sie schlugen dem Vergang ein Schnippchen und machten das Universum um ein Menschenleben jünger. Dann flogen sie dieselbe Strecke zurück.
Unterlicht. Sie hatten dreißig Jahre gewonnen, da kam es auf ein paar Minuten nicht an.
Straner aktivierte sein Tattoo und öffnete ein paar holistische Dateien. Er studierte, was die Analyse des eScouts ergeben hatte. Seine Miene ging von einem anerkennenden Schmunzeln zu einem breiten Grinsen über.
Die Ratte verfügte über einen integrierten Quantenkoppler, der stark genug war, dreißig Lichtjahre zu überwinden. Warum also nicht dreißig Jahre?
Raum war Zeit, Zeit war Entfernung. Vergänglichkeit war nur eine Strecke, die wir zurücklegten. Unser Leben und seine Dauer waren nur ein Ausdruck dafür, wie weit wir auf dieser Strecke kommen konnten. Einer war ein Sprinter und jubelte, weil er als Erster durchs Ziel ging. Ihre Lieblinge, sagte man, lassen die Götter früh sterben. Aber andere waren Marathonläufer, Ausdauerkünstler, zähe Knochen, die sich auf ihrer Heimatwelt festkrallten, während diese hundert und mehr Male ihre Bahn durchlief. Und dabei stürzten alle diese Körper durch das aufgespannte Nichts, durchmaßen Lichtjahre und Parsec, Abgründe der Leere. Wozu? Man wusste es nicht.
Die nötigen Datensätze waren rasch programmiert. Dann öffnete Straner behutsam seine Applikationen und ließ wieder etwas Energie zu Scout hinüberfließen.
»Ahh.« Die Ratte streckte sich wohlig.
»So, mein Freund«, sagte Straner. »Hier kommt etwas, daran kannst du beißen.«
Er gab die Informationen frei.
Wenig später landeten sie in Zhid.
Wieder das junge, wilde, rohe, laute Zhid. Als ob das Zhid seiner Zeit
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