Bran
Khans, als weiser und auf Ausgleich bedachter Fürst zu erscheinen, war ein wenig zu stark vorgetragen, um ganz authentisch zu sein. Er würde sich jedoch später mit der Frage auseinandersetzen, was das bedeuten könnte.
»Ich weiß«, sagte er schlicht.
»Dann seid Ihr in der Minderheit!« So schnell ließ Mordal nicht locker. »Es gab da immer eine Gegenpartei bei euch, angeführt von diesem, diesem …«
»Richards«, half der Minister aus.
»Senator Richards!« Der Khan spuckte den Namen förmlich von sich. »Er hat immer alles torpediert. Was jahrelange Geheimverhandlungen mühselig vorbereitet hatten, riss er in einer Wahlkampfrede wieder ein.«
Straner machte sich auf eine weitere Tirade über die ständigen Wahlkämpfe in seiner Heimat gefasst. Um ihr zuvorzukommen, trat er die Flucht nach vorne an.
»Seinetwegen bin ich hier.«
»Senator Richards wegen?!« Der Fürst war einen Augenblick perplex. »Ich dachte, Brighton schickt Euch!« Er tauschte einen verwirrten Seitenblick mit dem Minister, doch der hob nur die Schulter.
»Dazu kommen wir gleich.« Straner ertappte sich dabei, dass ihm die Sache Spaß machte. Er hätte kaum anzugeben vermocht, von wo er das Gefühl der Unantastbarkeit bezog. Aber er fühlte sich sicher. Ihm konnte nichts geschehen.
»Senator Richards ist verschwunden.« Er sah den Khan an und wartete, bis dessen Blick sich um den seinen geschlossen hatte wie eine Faust um die andere. Es dauerte mehrere Sekunden.
»Verschwunden!«, äffte Mordal. Sein Blick schweifte wieder ab und suchte den Polizeiminister, als wolle er ihn fragen, ob es da etwas gebe, das er wissen müsse.
Der Chef der zhidaischen Geheimdienste schüttelte den Kopf.
»Und was zum Teufel …« Der Khan rief sich selbst zur Ordnung, als fürchte er, unbedacht etwas zu sagen, was er im nächsten Augenblick bereuen könne. Straner registrierte, dass er die Oberhand in dem Gespräch errungen hatte.
»Verschwunden auch aus allen Unterlagen. Es ist, als hätte es ihn nie gegeben.«
»Ich verstehe noch immer nicht.« Die Stimme des Fürsten wurde eisig und machte die Klimaaggregate des Gebäudes zunehmend überflüssig.
Straner deutete eine wedelnde Handbewegung an, als wolle er sagen, es sei im Grunde alles nicht der Rede wert.
»Junger Mann«, zischte der Fürst mit letzter Selbstbeherrschung. »Erklärt Euch. Ihr ergeht Euch in Andeutungen und stellt Zusammenhänge her …«
»Niemand stellt Zusammenhänge her«, sagte Straner fest.
»Ich begreife überhaupt nicht, was diese Dinge mit uns zu tun haben sollen.«
Straner ließ den Großkhan jetzt nicht aus den Augen. Sein Instinkt sagte ihm, dass der Herrscher log.
»Das behauptet ja auch niemand.« Straner war aufgestanden und ging an der Längsseite der Tafel auf und ab. Abrupt blieb er stehen. »Es ist nur so: Falls jemand auf die Idee käme, einen Zusammenhang zu konstruieren …«
Niemand reagierte.
Straner nahm seine Wanderung gelassen wieder auf. »Die Spur würde natürlich nach Zhid führen. Denn es war Richards, der sich immer gegen eine Aussöhnung mit Zhid aussprach.«
Er wich den Blicken aus, die jetzt mit körperlicher Wucht auf ihn geheftet waren.
»Ich denke, es hat ihn nie gegeben!« Der Khan wirkte jetzt hoffnungslos verwirrt.
»Er hat existiert. Aber man hat alle Spuren seiner Existenz vernichtet.« Nach einer weiteren Runde kehrte Straner zu seinem Ende des langen Konferenztisches zurück, nahm Platz und bedeutete einem Bot, seine Tasse nachzufüllen.
»Und deswegen schickt Senator Brighton Euch her.« Mordal Khan vermittelte den Eindruck eines Mannes, der mit den an ihn herangetragenen Informationen überfordert ist.
Straner hatte einen Schluck getrunken. Er stellte die Tasse langsam ab und sah den Fürsten erstmals seit seiner Eröffnung wieder offen an.
»Um ehrlich zu sein: Niemand schickt mich.« Das ließ er einsinken wie Zucker in heißes Wasser, ehe er den nötigen Schuss Rum hinzugab. »Ich bin aus eigenem Antrieb hier.«
Die Wahrheit brauchte nicht so bizarr zu sein wie in diesem Fall, um den Gegner zu verwirren. Straner war sich ziemlich sicher, dass Mordal ihm nicht glauben würde. Aber was sollte der Herr über 800 Millionen stattdessen annehmen? Für geraume Zeit würde er sich in Mutmaßungen und Hypothesen verheddern wie ein Löwe in einem schlecht geknüpften Netz. Das verschaffte ihm eine Atempause.
»Ihr kommt auf eigene Faust hierher, um mich mit Anschuldigungen zu beleidigen, die haltlos sind?!« Der Khan
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