Bran
Augenblick … Er hatte sich hier von Anfang an gehen lassen und war seinen Launen gefolgt. Warum nicht zu einem fremdem Glauben übertreten und eine Landestochter heiraten, wenn es einem einen unvergesslichen Moment bescherte!
»Weswegen bist du hier?«, fragte sie, und es klang so streng, als habe sie seine sündigen Gedanken mitgelesen.
»Ich weiß es nicht.« Er angelte sich eine Frucht von dem Tablett, das die Bots regelmäßig aufzufüllen pflegten, und biss geräuschvoll hinein.
»Die Prinzessin, das ist nur ein Spleen. Und was du heute Abend vorgebracht hast, war erstunken und erlogen.«
Straner sah nicht ein, weshalb er ihr hätte widersprechen sollen.
»Mit was willst du dem Großkhan gegenübertreten?«
»Dir wird schon etwas einfallen.« Er drehte sich zur Wand.
Cejla seufzte. Aber sie blieb an ihrem Platz, und die Aktivitäten ihres Handgelenkstattoos tauchten den Raum noch lange in rubinrot glimmenden Widerschein.
Kapitel 3. Mordal
Vom ersten Moment an hatte er nur Augen für sie. Dabei hatte er sie fast nicht wiedererkannt. Sie schien größer, auch reifer, als er sie in Erinnerung hatte. Sein Gedächtnis hatte ihr die Züge eines ganz jungen Mädchens gegeben, als habe es fortwährend an ihr retuschiert und ihr eine Maske aufgelegt, die vorteilhaft nur dann zu nennen war, wenn man Unreife als Vorteil ansah. Dabei war sie eine Frau am Ende ihres dritten Jahrzehnts. Sie kam ihm jetzt erwachsener vor, schlanker, auch dunkler im Teint, der einer Wüstentochter würdig war, strenger in der Haltung, die den lockeren Wortwechsel am Hangar nachträglich zu einer Ausgeburt seiner Fantasie erklärte. Ihr Haar schien stärker gewachsen, als es den verflossenen sechs oder acht Tagen entsprechen konnte.
Dennoch: Sie war es. Eine stolze Thronerbin und Infantin eines großen Reiches, daran konnte keinen Augenblick gezweifelt werden, schön und selbstbewusst, mit einer angeborenen Sicherheit in der ebenmäßigen Miene, die verriet, dass sie gewohnt war zu befehlen. Sie war in die landestypische Tracht gekleidet. Eine der vielen landestypischen Trachten, wie er sich sagen musste. Das eng anliegende Oberteil ließ ihre Schultern und Arme frei. Eine bunte Schärpe umfasste wie die kräftigen Hände eines ungeduldigen Geliebten ihre Taille. Ihre Beine steckten in weiten Pluderhosen, ihre Füße in weichen Stoffpantoffeln. Sie trug das Haar offen. An ihren Ohren baumelten große goldene Ringe, vermutlich vollgestopft mit rangkorianischen Finessen. Und natürlich glitzerten ihre Fingernägel nur so von holografischen Spielereien.
Der Khan gab sich dagegen weltmännisch. Er hatte Sorge getragen, nicht allzu orientalisch zu erscheinen. Die hohe Stirn und die fleischige Nase verrieten die Abkunft von Kirgol. Sein Vater war womöglich noch Nomade gewesen. Jetzt legte Mordal – Gott möge ihn ewig schirmen! – Wert auf zivile Kleidung und gönnerisches Gehabe. Einzig der schwere Siegelring an seiner Rechten deutete darauf hin, dass dieser Mann fürstlicher Insignien habhaft war.
Der Minister und eine Reihe anderer Lakaien begleiteten den Khan. Straner gab sich Mühe, sie zu ignorieren, auch wenn er wusste, dass er es darin nicht zu der Perfektion bringen würde, die geborenen Herrschern in Fleisch und Blut übergegangen war. Er selbst wurde von Cejla sekundiert, die ihn nach dem Frühstück abgeholt und durch das Labyrinth des Palastkomplexes herbegleitet hatte. Sie wirkte kühl und unnahbar wie immer, aber er kannte sie inzwischen gut genug, um zu spüren, dass sie nervös war. Auf die Frage, ob sie die ganze Nacht an seinem Bett verbracht hatte, hatte sie nicht geantwortet. Aber er hatte ihr angesehen, dass das bevorstehende Gespräch, dessen Vorbereitung er ihr nicht hatte abnehmen wollen, ihr einen Großteil des Schlafes dieser Nacht geraubt hatte.
Wenn Straner auf einen echten Thronsaal gehofft hatte, wurde er enttäuscht. Die Audienz fand in einem kleinen Konferenzraum statt. Lediglich, dass der schwere Sessel aus rangkorianischer Magnettechnologie an der Stirnseite der langen Tafel etwas wuchtiger war und leicht erhöht stand, hob Mordal Khan aus seinem Gefolge heraus. Im Übrigen genügte die Unterwürfigkeit der anderen, den einen auszuzeichnen, ohne dass dieser selbst irgendetwas dazu beigetragen hätte.
Bots trugen kühle Getränke und heimische Leckereien auf. Straner bereute es, auf seinem Zimmer so ausgiebig gefrühstückt zu haben. Allein mit diesen Kleinigkeiten hätte man den
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