Bran
Koffer.
»Na dann machen Sie sich mal frei.«
Zwei stehen auf und gehen wieder hinaus. Er hört, wie sie den Gang hinuntergehen und dann auf der Treppe zum Keller verschwinden. Die übrigen machen sich an ihm zu schaffen. Die Schmerzen sind erträglich. Und mit jedem ihrer Handgriffe spürt er, wie seine Macht wächst.
Der Neustart der Schläfenimplantate macht es nötig, dass er für einige Minuten in den Tiefschlaf versetzt wird. Als er aus dem künstlichen Koma zurückkehrt, fühlt er sich wie ein Gott. Er setzt sich auf, ballt die Hände zu Fäusten und öffnet sie wieder, lässt seine Muskeln spielen, aktiviert das Tattoo und die anderen Funktionen. Sein Geist erkundet seine neuen Möglichkeiten.
»Keine Spielchen«, sagt der Chef der Sondereinheit lachend.
Straner sieht ihn fragend an, während er sein Hemd anzieht.
»Es sind schon Leute aus der Behandlung aufgewacht und haben gleich angefangen, wild um sich zu schießen.«
Er nickt. Vier kräftige Männer stehen um ihn herum. Ohne Zweifel verfügen sie über mindestens ebenso gute Enrichments, wie sie ihn gerade berauschen. Und noch über ein paar Extras, die nicht einmal er bekommen hat.
Er kann sich vorstellen, dass die Euphorie so stark wird, dass sie einen überwältigt. Man fühlt sich unbesiegbar und unsterblich. Aber das ist eine Täuschung. Auch jetzt ist er nur ein Mensch.
»Ich danke Ihnen.« Er quittiert mit der elektronischen Signatur, die auf seinem Tattoo hinterlegt ist.
»Dann zeigen wir Ihnen jetzt den Rest.«
Sie öffnen die Tür, drücken sich auf den Gang. Am Treppenabsatz steht Lena und kommt aus dem Staunen nicht heraus. Straner registriert, wie zwei der Männer kritische Blicke tauschen. Auch ihr Chef hat es bemerkt.
»Kein Problem«, sagt er. »Sie weiß Bescheid.«
Straner sieht in Lenas Miene, dass sie nicht Bescheid weiß. Aber er lässt es für den Moment auf sich beruhen.
Sie stapfen mit schweren Stiefeltritten die Kellertreppe hinunter. Unten sind weitere Lagerräume, Stapel mit vollen und leeren Bierfässern. Kühlaggregate und Energiezellen. Sie gehen um eine Batterie großer Eisschränke herum, in denen Zentner von Fleisch, Saucenfonds und Gemüse aufbewahrt werden. Vor einer Stahltür bleiben sie stehen.
Straner merkt, wie ein Abschirmfeld aufgebaut wird. Ohne militärische Mittel wäre es einem Eindringling jetzt physisch unmöglich, die Kellertreppe herunterzukommen. Der Raum ist schalldicht und abhörsicher.
Natürlich, denkt Straner, ist es ebenso unmöglich zu fliehen.
Sie gehen durch die Stahltür. Dahinter einer kleiner Raum, nackter Beton, ein paar Regale mit ausrangierten Tischdecken, zwei Stapel billiger Plastikstühle. Kabelrollen. Zwei Eimer. Eine Schubkarre.
Vor ihm eine mannshohe Sicherheitsschleuse, wie man sie vom Raumhafen kennt.
»Bitte sehr«, sagt der Anführer der SWAT -Einheit. »War uns eine Ehre.«
»Ich verstehe nicht ganz.«
Straner starrt das Ding an. Er spürt, wie sein Tattoo angepingt wird. Gewaltige Datenströme ergießen sich in seine Lakunen.
Die Gebrauchsanweisung für das Dimensionstor.
Es ist ein Bran.
Vergleichbar dem, das er im Raum oberhalb des Zhid-Systems entdeckt hat.
Aber dieses ist ungleich kleiner. Es ist wesentlich moderner. Es ist intelligent.
»Vielen Dank«, stammelt er.
Ihm ist klar, dass es auch dazu dienen wird, ihn zu überwachen. Jede seiner Aktivitäten wird sofort Senator Brighton gemeldet.
Ein Mann tritt vor und erklärt ihm in Kurzform die Einstellungen. Es ist ein schlichtes Display. Drei Koordinaten im Raum, eine in der Zeit.
»Wo führt es hin?« Straner kommt sich ein bisschen doof vor. So titanisch er sich nach dem Aufwachen fühlte, so minderwertig fühlt er sich nun.
»Wohin Sie wollen.«
Sechs Männer grinsen ihn an.
Er hat verstanden. Soll er jetzt gleich hindurchgehen? Er ist nicht bereit, den Auftrag jetzt durchzuführen.
»Vielleicht ein kurzer Versuch?«
Der Chef der SWAT deutet lächelnd auf die Schleuse. »Nur zu!«
Straner atmet tief durch. Er fährt seine Applikationen hoch. Dann geht er durch die Schranke.
Ein Kellerraum, auf den ersten Blick nicht unähnlich demjenigen, aus dem er kam. Aber es roch ganz anders! Als wäre er in das Hinterzimmer eines Gewürzhändlers von Zhid getaucht. Es war dunkel wie in einem Bergwerk. Die Wände roh, unbehauene Schächte. Eine Bewegung wischte um seine Füße. Ratten! Und von der niedrigen Decke baumelte etwas herab, das wie die Zotten eines stark vergrößerten Darms
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