Bran
Kneipe.
»Du liebst sie sehr, nicht wahr?«
Er weiß nicht, wen sie meint.
»Diese andere. Um die sich dein Auftrag dreht.«
Es könnte ein raffinierter Versuch sein, ihn auszuspähen. Er traut es ihr nicht zu. Genau das macht sie gefährlich. »Es gibt keine andere. Und der Auftrag hat nichts mit ihr zu tun.« Seine Stimme ist belegt. Die Sehnsucht, sich ihr anzuvertrauen, ist fast unüberwindlich. Er hasst Brighton. »Mach dir keine Gedanken«, sagt er. »Vielleicht, wenn alles vorbei ist.« Er streichelt ihren Oberarm. Küsst ihren Scheitel.
Lena springt wieder aus dem Bett. »Wann schlägst du los?«
Kann so viel Naivität gespielt sein?
»In zwei, drei Tagen. Ich brauche noch ein paar Informationen.«
Sie sieht sich munter in seinem Zimmer um. »Schläfst du eigentlich immer bei offenem Fenster.«
Er muss lachen. »Du kannst dir nicht vorstellen, wie herrlich unsere Luft ist. Dort ist es unerträglich heiß und stickig. Selbst nachts und selbst im Freien.«
»Nimmst du mich einmal mit?«
»Das ist kein Ort für junge Frauen.«
»Ich kann mir vorstellen, dass es dort sehr viele junge Frauen gibt.« Sie dreht ihm eine Nase.
»Geh schlafen, Lena.«
»Gute Nacht, Fremder.«
Er hört, wie sie auf dem Gang noch ein paar Worte mit Koch und Wirt wechselt. Dann geht sie auf ihr Zimmer, die Stiege hoch, direkt über dem Gastraum. Zurzeit sind Semesterferien. Da arbeitet sie von früh bis spät und wohnt auch in der »Schwarzen Tanne«. So hat sie es zumindest gesagt.
Eine Stunde liegt er regungslos auf seinem Bett. Er schläft nicht. Sein Geist ist hellwach. Und seine Applikationen sind bis zum Anschlag hochgefahren. Er wartet, bis alle im Haus schlafen. Der Koch wohnt nicht hier. Er ruft einen Scooterbot und fährt nach Hause. Der Wirt hat eine Kammer neben derjenigen Lenas. Beide sind unruhig. Sie brauchen ewig im Bad, gehen auf und ab, klicken sich durch das Medienangebot und spielen mit ihren Tattoos.
Schließlich kehrt Ruhe ein. Der Chef schläft, dass Straner das Schnarchen selbst ohne Implantat hören könnte. Lena wirft sich in schwülen Träumen hin und her.
Er wartet noch ein bisschen. Dann steht er auf und kleidet sich fertig an. Er stemmt sich aus dem Fenster, läuft über das Gras zum Hauptweg und dann diesen entlang in den Wald. Seine Applikationen erzeugen ein glockenförmiges schalltotes Feld, das über ihn gestülpt ist und seine Schritte unhörbar macht.
Es ist kühl. Der Mond steht voll zwischen den Kiefern. Sein Licht ist hell genug, um den Weg auch ohne Extras zu erkennen. Ein leichter Wind rauscht in den Baumwipfeln. Eine Nacht, viel zu schade zum Schlafen. Man müsste mit der Geliebten an der Hand durch die Landschaft streifen, zum Forellensee, dort auf der Bank sitzen, die Wasserfälle betrachten, die am gegenüberliegenden Ufer in das felsige Becken stürzen, und die Blicke darüber hinaus die Berghänge erklimmen lassen, bis zu den höchsten Firngipfeln, deren Gletschermassen im Sternenlicht schimmern.
Am beliebten Touristenziel des Sees mit seinen Bootsstegen und Grillplätzen ruft Straner einen Scooterbot. Er bezahlt mit einem Einmal-Jeton, der nicht zurückverfolgt werden kann. Eine Minute später ist er am Raumhafen. Es ist nichts los. Wer sollte hier sein, um drei Uhr morgens?
Mit raumgreifenden Schritten durchquert er die Abfertigungshalle. Die HOOKED KITE steht im privaten Teil. Ein Hangar voller Yachten und schneller Boote, meist nur für planetare Flüge genutzt, zu den Seen des Südkontinents oder den Wäldern der westlichen Inseln. Rangkor ist reich an Naturschönheiten. Oder man macht einen Abstecher zu den Wellnessoasen auf dem kleinen Mond der Welt. Alle Magnettechnologie zur Reduzierung der Schwerkraft kommt doch nicht gegen eine ständig auf ein Zehntel verringerte Gravitation an. Das exquisite Angebot von Sport und Gastronomie nicht zu vergessen!
Kaum dass er das Tattoo aktiviert, um das Schiff zu öffnen, wird er angepingt.
»Guten Morgen, Straner. Schon so früh unterwegs?«
Der Kerl vom Tower ist immer für ein Schwätzchen gut. Sein Job muss wirklich öde sein. Tagsüber ist hier schon wenig los, auf dem kleinen Nordhafen von Rangkor-Stadt, nachts überhaupt nichts.
»Geschäfte, Geschäfte.« Straner weist die HOOKED KITE an, die Luke zu öffnen, und steigt ein.
»Wohin soll’s denn gehen?«
»Nur ein kleiner Trip.«
»Aha.«
»Die genaue Destination darf ich dir leider nicht verraten.«
»Verstehe schon.« Der Mann gähnt. Seine Schicht
Weitere Kostenlose Bücher