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Bran

Bran

Titel: Bran Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Falke
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brachte. Vor dem Eintreten musste er sich besinnen. In diesem Zhid und in dieser Zeit war er noch niemals hier gewesen. Dann schritt er durch die sanft ansprechende Drehtür. Die Vorsteherin begrüßte ihn persönlich. Er pingte sie um einen Termin an. Und er hatte Glück. Es war nichts los. Sie nahm ihn mit in ihre Suite.
    Dort enttäuschte er sie mit der Feststellung, er wolle nur mit ihr reden. Ihr Gesicht verwandelte sich in eine hässliche Fratze.
    Aber er entrichtete den vollen Preis.
    Das stimmte sie wieder versöhnlich.
    Leli war schon lange tot. Er hatte es nicht anders erwartet. Schon damals, in jenem anderen Zhid, hatte es ihn erstaunt, wie sie ihren ausgebrannten Körper am Leben hielt. Und doch war sie schön gewesen. Schöner als ein Dutzend Jungfrauen, die sich vor ihrem ersten Mal zierten wie ein Tiger vor dem Wasser. Die heutige Vorsteherin hieß Devasi. Sie war alt genug, um Leli noch gekannt zu haben.
    Straner erkundigte sich nach Leli. »Wie alt ist sie geworden? Ist sie eines natürlichen Todes gestorben?«
    Devasi wusste von nichts. Das gehörte zu ihrer Profession.
    Straner wurde deutlicher. »Gab es in »Leli’s Budike« gewaltsame Zwischenfälle? Nahm ein Umsturz von hier seinen Ausgang? Was war während der Revolte? Wurde »Leli’s Budike« so lange geschlossen?«
    Die Vorsteherin sah leer durch ihn hindurch. Sie war standhaft wie der Wüstenbambus, dessen Schäfte die schlimmsten Stürme und Dürren überstanden, weil er armdicke Pfahlwurzeln zwanzig metrische Einheiten tief in den Felsgrund trieb.
    »Ich bin eine Hure«, sagte sie. »Keine Auskunftei. Wenn du willst, kannst du mit mir schlafen. Du hast dafür bezahlt. Aber verschone mich mit deinen Fragen!«
    Straner musste deutlicher werden. Er fuhr seine Applikationen hoch und ließ sie seine Macht spüren.
    »Sag doch gleich, dass du auf so was stehst.« Devasi grinste fahl. »Soll ich Mädchen holen, die sich darauf verstehen?«
    Ihr Lachen erstarb abrupt, als er den Grad der Deutlichkeit erhöhte.
    Straner fragte nach Darbor.
    »Ich kenne keinen Darbor«, ächzte die neue Vorsteherin.
    »Der Khan.« Straner sah sie freundlich an, unterdessen die Kraftfelder seiner Implantate ihr Schmerz bereiteten, der zunehmend unerträglich wurde.
    »Darbor«, war ihr schließlich zu entlocken, wie man selbst einem Stummen Laute entlocken kann, wenn man ihn richtig anfasst, »Darbor hat niemals in unserem Etablissement verkehrt.«
    Und als Straner noch ein wenig deutlicher wurde, setzte sie ein Schmunzeln auf, das gelb und brüchig war wie ihre faulen Zähne. »Unser Herr macht sich nichts aus Mädchen, mögen sie jungfräulich sein oder bereits erkannt. Frag lieber in den Marställen nach, bei den Stalljungen.«
    Straner ließ von ihr ab.
    Devasi sank keuchend in ihre Kissen ein. Sie massierte sich die Handgelenke, die stark gerötet waren, ohne dass Straner sie berührt hatte.
    »Du bist pervers.« Für gewöhnlich würde dieser Satz aus ihrem Mund wie eine Anerkennung klingen, aber jetzt spuckte sie ihn ihm entgegen wie eine ausgebissene Füllung.
    Straner ging in dem Zwischenraum hin und her, der das Bett von der Kommode mit den Schminkutensilien und dem Sichtschirm trennte. Mit Leli hatte er hier eine unvergessliche Nacht verbracht.
    Devasi pingte einen Bot an und ließ sich einen Grog aus dem Schnaps des Feigenkaktus bringen. Sie sah Straner fragend an.
    Er schüttelte den Kopf. »Kiú ist tot.«
    Devasi nickte. »Ich habe es schon gehört. Vor ein paar Stunden.«
    Straner wunderte sich, dass sie das Mädchen mit Namen kannte.
    »Wie viele arbeiten für dich?«
    »Mehr als tausend.« Devasi schlürfte ihren Drink. »Aber mit Kiú hatte es eine ganz besondere Bewandtnis.«
    »Ja?«
    »Sie hat erst vor ein paar Tagen angefangen.« Die Alte seufzte. »Deshalb war sie mir noch frisch im Gedächtnis.«
    »Und?«
    »Ich mochte sie. Es war etwas so Trauriges um sie.«
    »Jetzt ist sie tot.« Straner sah wieder den schmalen, in blaue Fetzen gehüllten Leichnam vor sich, den man vor dem Eingang ihres Wohnturms abgelegt hatte. Das war zwar in einem anderen Zhid gewesen. Aber er zweifelte nicht daran, dass sie morgen früh ganz ebenso dort liegen würde, wenn die Sonne ihre Neugierde nicht mehr beherrschen konnte.
    »Das arme Ding.« Devasi wurde durch den Alkohol allmählich redselig. Sie erzählte des Langen und Breiten die Geschichte der kleinen Kiú, eine verworrene Geschichte von einem Freier, in den das Mädchen sich verliebt hatte, er hatte sie

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