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Brandbücher - Kriminalroman

Brandbücher - Kriminalroman

Titel: Brandbücher - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Ebbert
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nicht zu wissen, was man getan hatte.
    »Warum gehst du nicht mit deinen neuen Freunden?«, gab Samuel zurück. Das Wort Braunhemden verkniff er sich.
    Bruno sah Samuel belustigt an. »Die verstehen doch gar nicht, was ich vorhabe. Dazu muss man sich mit Büchern auskennen. So wie du!«
    Für einen Moment fühlte Samuel sich geschmeichelt. Wenn Bruno etwas mit Büchern machen wollte, konnte der Abend doch noch ganz gut werden.
    »Ich habe eine Idee!« Die Art, wie Bruno bei diesen Worten grinste, schürte in Samuel den Verdacht, dass er keinen harmlosen Leseabend im Sinn hatte.
    Bruno ging durch den Laden, als suchte er nach einem bestimmten Buch. »Dachte ich es mir doch«, sagte er schließlich und zog eine Ausgabe von ›Im Westen nichts Neues‹ von Erich Maria Remarque aus dem Regal. Samuel hatte es gelesen, direkt nachdem es erschienen war. Eine eindringliche Empfehlung seines Vaters. »Damit du weißt, wie der Krieg wirklich ist«, hatte er gesagt. Was wollte Bruno mit dem Buch?
    »Im Kino läuft heute Abend der Film dazu«, erklärte Bruno und schob den Band zurück ins Regal. »Ich dachte, wir könnten ihn zusammen anschauen.«
    Samuel war wieder auf der Hut, er lehnte sich unschlüssig an den Türrahmen und beobachtete jede Geste Brunos. Irgendetwas hatte Bruno vor. Da bemerkte Samuel, wie sich die Taschen von Brunos Mantel bewegten. Er bildete sich ein, ein leises Fiepen zu hören.
    »Was ist das?«, fragte er und deutete mit dem Kinn auf Brunos Taschen. Bruno tat zunächst so, als verstünde er Samuel nicht. »Ein Buch«, sagte er, doch sein Feixen verriet, dass er sehr wohl verstanden hatte, worauf Samuel anspielte.
    »In deiner Tasche fiept etwas!« Samuel stellte sich gerade hin und verschränkte die Arme abweisend vor der Brust, um Bruno zu zeigen, dass er ihm nichts mehr anhaben konnte und er nicht mehr kuschen würde.
    Bruno griff in die Tasche und holte etwas heraus. Er hielt die Hand über den Büchertisch und öffnete sie. Eine weiße Maus mit roten Augen starrte Samuel an. Er spürte, wie Panik in ihm hochstieg. Schon als Kind hatte er Angst vor Mäusen gehabt.
    »In Berlin haben Leute bei der Uraufführung des Filmes von diesem Volksverräter weiße Mäuse laufen lassen!« Bruno sah ihn noch immer an. »Ich habe gedacht, das könnten wir hier auch machen.«
    Samuel wusste nicht, wie er reagieren sollte. Nicht nur, dass er Angst vor Mäusen hatte, ihm machten solche Scherze auch keinen Spaß mehr.
    »Komm, stell dich nicht so an«, drängte Bruno ihn. »Früher haben wir doch ganz andere Sachen gemacht. Denk nur daran, wie wir Frösche aufgeblasen haben.«
    Daran wollte Samuel lieber nicht denken. Die Standpauke, die er sich von seiner Mutter anhören musste, konnte er heute noch herunterbeten.
    Er sah, wie Bruno ihn mit zusammengekniffenen Augen fixierte, und sagte: »Ach so, du meinst, du bist nicht mehr gut genug, um etwas mit mir zu unternehmen?«
    Samuel fiel nichts ein, was er entgegnen konnte. Trotzdem öffnete er den Mund, doch ehe er zu Wort kam, meinte Bruno: »Du hast recht. Das ist eine Nummer zu groß für dich.«
    Entsetzt beobachtete Samuel, wie Bruno die Maus ergriff. Ihr Quietschen verriet ihm, dass Bruno zu fest zugedrückt hatte. Er sah lieber nicht hin.
    »Wir könnten den Film trotzdem ansehen«, murmelte er.
    Doch Bruno schüttelte nur den Kopf. »Lass mal, ich glaube, mein Vater hat es ohnehin nicht gerne, wenn ich mir einen amerikanischen Film nach dem Buch dieses Feiglings anschaue, der Deutschland einen Tag nach Hitlers Ernennung zum Reichskanzler den Rücken gekehrt hat! Außerdem …«
    Den Rest des Satzes ließ Bruno offen, aber Samuel ahnte, was er sagen wollte: ›Außerdem sieht mein Vater es ohnehin nicht gerne, wenn ich mich mit dir abgebe.‹

9
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    Was soll ich nur machen? Heute war Bert a von nebenan bei uns. Einfach so. Mitten am Tag kam sie in meine Küche spaziert, als ob sie eine feine Dame wäre und nicht arbeiten müsste. Als ich sie gefragt habe, wieso sie einfach weggehen kann, hat sie nur gesagt: »De Melzers sünt doch Juden. De könnt froh sien, dat ick öwerhaupt bliew.« Ich darf gar nicht daran denken. Zum Glück war Herr Weizmann unten im Laden.

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    Berta ist extra gekommen, um mich zu fragen, o b ich in die Frauenschaft eintreten möchte. Zuerst dachte ich, das wäre ein Verein für Frauen, die nicht verheiratet sind. Es gibt nämlich einen Mütterverein, in dem sind nur verheiratete Frauen, auch wenn sie noch keine Kinder

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