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Brandbücher - Kriminalroman

Brandbücher - Kriminalroman

Titel: Brandbücher - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Ebbert
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Arbeitgeber an, während sie nach dem Knoten seiner Krawatte griff und ihn lockerte. »Hören Sie mich, Herr Weizmann?« Die Stimme der Köchin klang eindringlich.
    Wieso nennt sie mich jetzt Herr Weizmann und nicht Samuel?, dachte Samuel und starrte auf seinen Vater und die Frau, die sich über ihn gebeugt hatte und versuchte, ihn mit leichten Klapsen auf die Wangen aufzuwecken. Doch der Vater schlief nicht und war auch nicht ohnmächtig, er schüttelte den Kopf und stöhnte. »Lasst mich!«
    »Hilf mir!« Für Samuel klang Katharinas Stimme wie ein Befehl. Da er nicht wusste, was er tun sollte, schien es ihm das Beste, ihren Anweisungen Folge zu leisten.
    »Nimm die Beine«, forderte sie ihn auf. Ratlos beobachtete Samuel, wie Katharina seinem Vater unter die Achseln greifen wollte, was dieser jedoch ablehnte. »Selber gehen«, interpretierte Samuel das Gestammel.
    Samuel ging neben seinem Vater in die Hocke. »Wir müssen dich tragen!«, erklärte er ihm. Doch sein Vater schüttelte immer wieder den Kopf und wiederholte: »Selber gehen.«
    Er war froh, als Katharina sich einmischte: »Also gut. Samuel, du gehst auf die rechte Seite, ich auf die linke, damit er sich auf uns stützen kann.«
    Samuel gehorchte ihr automatisch und verfolgte, wie sie sich links neben seinen Vater bückte, sodass dieser seine Hand auf ihre Schulter legen konnte.
    »Stützen Sie sich auf uns«, forderte Katharina Jakob Weizmann auf, der weiter schwer atmete.
    »Hoch«, zischte Katharina Samuel zu.
    Samuel tat es der Köchin nach. So gelang es ihnen, seinen Vater aufzurichten. Mühsam gingen sie Schritt für Schritt zur Treppe, die nach oben in die Wohnung führte.
    »Wir bringen ihn in die Wohnstube, die ist näher als das Schlafzimmer«, flüsterte Katharina Samuel zu. Er nickte. Endlich hatten sie das Sofa erreicht. Sie halfen seinem Vater sich hinzulegen.
    »Wir brauchen den Doktor«, stellte Katharina fest.
    Samuel wurde bleich. Das Haus dieses Nazis würde er nicht betreten, solange es eine andere Möglichkeit gab.
    »Geh du!«, sagte er in bestimmendem Ton zu Katharina.
    Im ersten Moment schien es, als wollte Katharina widersprechen. Erleichtert hörte Samuel, dass sie schließlich doch »Na gut!« sagte.
    Neben ihnen atmete sein Vater unregelmäßig. Ohne ein weiteres Wort verließ Katharina das Wohnzimmer.
    Während ihrer Abwesenheit starrte Samuel seinen Vater nur an. Manchmal stöhnte er und wälzte sich auf die Seite. Wenn Katharina nur endlich mit dem Doktor käme.
    Als sie das Zimmer wieder betrat, war sie beinahe genauso blass wie sein Vater.
    »Was ist geschehen?«, erkundigte sich Samuel aufgeregt. »Kommt er nicht?«
    »Doch«, beruhigte Katharina ihn. Samuel bemerkte, wie sie kurz zögerte, als wollte sie weitersprechen, doch dann ging sie wortlos in die Küche.
    Wenig später klingelte es an der Haustür. Samuel hörte Katharina und den Doktor miteinander sprechen, dann kam der Arzt die Treppe hinauf. »Sie machen ja Sachen«, scherzte er mit Samuels Vater, als verstünden sie sich prächtig. »Sie wissen doch, dass Sie sich nicht aufregen dürfen«, sagte er, als habe er ein Kind vor sich. Stumm beobachtete Samuel, wie er eine Spritze aus seiner Tasche holte und seinem Vater ein Medikament injizierte. Es dauerte nicht lange, da bemerkte er, dass sein Vater nicht mehr so bleich aussah und leichter atmete.
    »Das ist noch einmal gut gegangen!«, bemerkte der Doktor, während er seine Tasche schloss. »Ab jetzt keine Aufregungen mehr!« Er gab Jakob Weizmann die Hand und klopfte Samuel auf die Schulter. Dann drehte er sich um. Samuel sah, wie er Katharina zuzwinkerte. »Die Rechnung schicke ich dann an Fräulein Katharina«, versprach er in einem Ton, der Samuel aufhorchen ließ. Was hatte sie mit diesem Nazi-Arzt zu schaffen?

13
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    Als ich heute bei Weizmanns ankam, habe ich den Zettel gesehen. Er klebte am Sch a ufenster und an der Eingangstür. ›Kauft nicht bei Juden!‹, stand da in großen Buchstaben. Ich wollte das Papier abmachen. Außer mir war keiner auf der Straße. Aber als ich vor dem Fenster stand, habe ich Samuel gesehen. Er saß an dem kleinen Tisch, an dem sonst immer sein Vater sitzt, und sah aus, als ob er tot wäre.

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    Ich habe den Zettel in kleinen Stücken abgerissen, sie ha b en guten Leim benutzt. Alles habe ich nicht abbekommen. Warum mussten sie auch rotes Papier nehmen. Ich bin sicher, dass das die Braunhemden getan haben. Aber warum? Warum soll man auf einmal nicht mehr bei

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