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Brandeis: Ein Hiddensee-Krimi (German Edition)

Brandeis: Ein Hiddensee-Krimi (German Edition)

Titel: Brandeis: Ein Hiddensee-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Lautenbach , Johann Ebend
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nicht bewusstlos auf meinem Sofa herumliegen.«
    »Schon klar. Wie Sie sehen, bin ich in ganz passabler Verfassung.«
    »Wie man’s nimmt«, sagte Pieplow. Und nach einer Pause: »Ich habe zwei Zeitungsberichte über Ihre Verhandlung gefunden. Und die Ablehnung der Revision. Eher keine Lektüre, die Zweifel aufkommen lässt.«
    »Die hatte damals auch keiner, was nichts daran ändert, dass sie den Falschen verurteilt haben.«
    »In dessen Besitz sich rein zufällig die Tatwaffe fand. Ganz zu schweigen von den Blutspuren am Ärmel seiner Arbeitsjacke, dem Haustürschlüssel des Opfers und …«
    »Das haben Sie alles aus zwei Zeitungsartikeln?«
    »Und aus dem Gutachten des Rechtsmediziners.«
    »Wie sind Sie denn daran gekommen, wenn ich fragen darf?«
    »Ich habe mit ihm gesprochen.«
    »Einfach so?« Thiel legte eine Hand auf seine schmerzenden Rippen, als er sich mühsam aufrichtete. Einen Dorfpolizisten, der mal eben Informationen aus der Gerichtsmedizin einholt, bekam man nicht alle Tage zu Gesicht.
    »Nicht ganz«, sagte Pieplow. »Ich kenne ihn. Er ist praktisch mein Nachbar.«
    »Ich fasse es nicht!« Thiel sah unwillkürlich in den Garten hinaus, als stünden dort Gerichtsmediziner
wie Gartenzwerge herum. »Und wen kennen Sie sonst noch so? Bei der Kripo zum Beispiel?«
    »Kommt drauf an«, sagte Pieplow. »Die Bergener waren alle schon mal hier, von der Stralsunder Kripo erst einer, und das ist auch schon ein paar Jahre her.«
    »Ehmke?« Er las in Pieplows Augen, dass er eine Niete gezogen hatte. »Ostwald?« Er sah, wie Pieplow sich vorbeugte. Treffer.
    »Ein kleiner Dicker?«, fragte Pieplow. »Einer, der sich schnell aufregt?«
    »Genau«, sagte Thiel. »Der hat damals die Ermittlungen geleitet.«
    Pieplow sah Hauptkommissar Ostwald vor sich. Wie er vom Polizeiboot stieg und sich schon auf dem Weg ins Rathaus Bericht erstatten ließ. Nichts vergaß und nach den kleinsten Nebensächlichkeiten fragte. Kette rauchte, brüllte, mit den kurzen Armen fuchtelte wie ein wütender Dirigent. Und alles im Auge behielt, was seine Ermittler zusammentrugen.
    Unwahrscheinlich, dass er ausgerechnet bei Thiel Fehler gemacht haben sollte. Sehr unwahrscheinlich.
    »Wissen Sie, was das Verrückte ist?« Thiel hatte eine Zigarette gedreht und rauchte durch den unverletzten Mundwinkel. »Wäre ich der Richter gewesen, ich hätte mich auch verurteilt. Alles passte nahtlos zusammen. Die Indizien, die Zeugenaussagen. Einfach alles. Ich hatte die Mittel, ich hatte die Gelegenheit und, nicht zu vergessen, ein Motiv. Die Angelegenheit hatte nur einen Schönheitsfehler: Ich war’s nicht. Wenn Sie wollen …«
    »Hören Sie auf, Thiel. Selbst wenn ich Ihnen glauben würde – was sollte das nützen?«
    »Ich weiß nicht. Es ist nur …« Ja, was eigentlich, dachte Thiel. Die Absicht, den ganzen Dreck noch einmal durchzuackern? Der tausendste Versuch, den entscheidenden Fehler zu finden, anstatt ein für alle Mal Ruhe zu geben. Die Dinge hinzunehmen, wie sie nun einmal waren.
    Es gab noch einen anderen Gedanken.
    »Wenn ich Sie überzeuge, könnten Sie ein Wort für mich einlegen. Wäre doch möglich, dass der eine oder andere dann seine Meinung ändert.«
    »Darauf würde ich an Ihrer Stelle lieber nicht hoffen«, sagte Pieplow. »Die Hiddenseer können sehr stur sein. Das sollten Sie doch wissen.« Er warf einen Blick auf seine Uhr. Kurz vor sieben. Höchste Zeit, sich im Hafen nach dem Stand der Eisdinge zu erkundigen. Er stand auf und griff nach seiner Jacke.
    »Trotzdem.« Thiel erhob sich ebenfalls. Humpelte um den Tisch herum und kramte etwas aus seiner Reisetasche. »Lesen Sie das hier.« Er hielt Pieplow eine dünne Mappe hin. »Bitte.«
    Pieplow löste die Gummibänder an den Ecken und schlug den Pappdeckel auf.
    »Im Namen des Volkes« stand auf dem ersten Blatt. Oben rechts in der Ecke hatte ein Kaffeebecher eine runde Spur hinterlassen.
     
    Der Schneefall hatte nachgelassen. Der böige Wind jagte nur noch einzelne Flocken durch das Licht der Hafenlaternen. Die Männer vorm Rettungsschuppen hatten die Jackenkragen hochgeschlagen und sahen nur kurz herüber, als Pieplow aus dem Wagen stieg. Dann richteten sie ihre Blicke wieder auf das Boddeneis, über dem es nichts gab als tiefe, lichtlose Dunkelheit.
    »Das wird nichts«, sagte Plagge, der Steuermann. »Sonst würden wir sie schon sehen.«
    »Wart’s ab. Bisher sind sie immer durchgekommen.« Siegfried Gau rauchte und stampfte sich die Kälte aus den

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