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Brandeis: Ein Hiddensee-Krimi (German Edition)

Brandeis: Ein Hiddensee-Krimi (German Edition)

Titel: Brandeis: Ein Hiddensee-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Lautenbach , Johann Ebend
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bedeckte ein imposanter Schneeberg den Marktplatz. Pieplow bog nach Ummanz ab und fuhr noch langsamer, weil die Straße schmaler und glatter wurde. Außerdem wollte er nicht vor der vereinbarten Zeit ankommen. Halb vier, hatte Ostwalds Frau gesagt und versichert, ihr Mann freue sich auf den Besuch. Ihn selbst hatte Pieplow nicht am Telefon gehabt und sich darüber ein wenig gewundert. Ostwald war nicht der Typ, der andere für sich sprechen ließ. Dick, laut, alles überblickend, alles beherrschend, so hatte Pieplow ihn in Erinnerung. Schwer vorstellbar, dass jemand wie Ostwald seine Verabredungen nicht selbst traf.
    Den Hauptkommissar aufzuspüren, war Pieplow nicht auf Anhieb gelungen. Er sei nicht mehr im Dienst, hatte die Kollegin in der Zentrale des Präsidiums erklärt, und dass sie zu weiteren Auskünften nicht befugt sei. Im Stralsunder Telefonbuch fanden sich drei Ostwalds, die nie bei der Polizei gewesen waren und auch nichts mit ihr zu tun haben wollten. Der Vierte war ein Vetter des Gesuchten und so misstrauisch, dass er sich die Rufnummer der Polizeistation Hiddensee geben ließ. Zwecks Rückruf, weil man heutzutage nie wissen konnte, ob man es nicht mit irgendwelchen Halunken zu tun hatte.
    Die Fahrt über die Dörfer zog sich in die Länge. Wo der Wind Eiszungen zwischen die mächtigen Alleebäume getrieben hatte, konnte Pieplow nur Schritt fahren. Ihm blieben genau zwölf Minuten, als er die Brücke zwischen Rügen und Ummanz überquerte. Er fand das Haus wie beschrieben am Rand von Waase etwas abseits der Straße, das einzige mit einer bunten Tür, wie Pieplow sie vom Darß kannte. Es hieß, in ihren komplizierten Mustern verfange sich das Böse, bevor es ins Haus kommen konnte.
    Na dann, dachte Pieplow und klingelte.
    Wie alt die Frau war, die ihm öffnete, ließ sich schlecht sagen. Anfang fünfzig, vielleicht etwas älter. Sie trug eine hellblaue Bluse und Jeans, ihr graues Haar war zu einem kinnlangen Bubikopf geschnitten.
    »Auf die Minute pünktlich«, sagte sie lächelnd und bat ihn mit einer Handbewegung hinein. Sie
nahm ihm seine Jacke ab, um sie an die Garderobe zu hängen. »Mein Mann erwartet Sie schon. Er hat sich gleich erinnert, als ich ihm von Ihrem Anruf erzählte. Sie haben damals das kleine Mädchen gefunden, nicht wahr?«
    »Das stimmt, aber …«
    »Meinen Mann wird es freuen, von der Kleinen zu hören.« Frau Ostwald wandte sich um. »Sie wissen, dass er krank war?« Mit einem Kopfnicken wies sie zu einer der Türen. »Es hat ihn sehr verändert. Aber abgesehen von den Sprachproblemen fühlt er sich wieder ganz gut.« Mit einer leichten Berührung am Arm führte sie Pieplow ins Wohnzimmer.
    Vielleicht hätte er vorbereitet sein können. Schon Ostwalds Stralsunder Vetter hatte Andeutungen gemacht. Eine Pensionierung aus gesundheitlichen Gründen. Pieplow wünschte, er hätte gründlicher darüber nachgedacht, was das bedeuten konnte. Jetzt traf ihn der Anblick vollkommen unvorbereitet.
    Der kleine, magere Mann mit dem eingefallenen Gesicht musste Ostwald sein, weil niemand sonst im Zimmer war. Es machte ihm Mühe, aus dem Sessel aufzustehen, mit dem rechten Arm stützte er sich ab, den linken hielt er leicht einwärts gebogen eng am Körper. Aber die Schritte, mit denen er auf Pieplow zuging, waren überraschend sicher, und die Hand, die er ihm reichte, hatte einen energischen Griff. Er nickte stumm zur Begrüßung und setzte sich ebenso umständlich wieder hin, wie er aufgestanden war.
Mit einer Geste dirigierte er Pieplow zu einem Sessel am gedeckten Tisch. Es war so heiß im Raum, dass Pieplow einen Schweißfilm auf Gesicht und Nacken spürte.
    »Wenn Sie möchten, können Sie sich Ihren Pullover ausziehen.« Ostwalds Frau musste bemerkt haben, wie er sich mit den Fingerspitzen über die Oberlippe gefahren war. »Wir heizen mehr, als für Sie und mich nötig wäre, aber für meinen Mann ist die Temperatur gerade richtig.«
    Pieplow war dankbar. Für den Vorschlag und die Tatsache, dass er ein herzeigbares T-Shirt angezogen hatte. Und, weshalb auch immer, neue Socken.
    »Ich weiß, ich hätte Ihnen sagen müssen, dass mein Mann seit seinem Schlaganfall nicht mehr spricht«, fuhr Ostwalds Frau fort, während sie Kaffee einschenkte. »Ich hoffe, Sie fühlen sich nicht allzu sehr überrumpelt.«
    Pieplow versicherte, das sei keineswegs der Fall, und dankte für den Sandkuchen, den sie ihm anbot. Aus den Augenwinkeln nahm er wahr, dass Ostwald den Kopf schüttelte.
    Seine Frau

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