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Brandeis: Ein Hiddensee-Krimi (German Edition)

Brandeis: Ein Hiddensee-Krimi (German Edition)

Titel: Brandeis: Ein Hiddensee-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Lautenbach , Johann Ebend
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Klacks sein. Redete er sich zumindest ein.
    »Dass ich versuchen will es herauszufinden, bevor er davongejagt wird.«
    Weil Marie nichts erwiderte, saßen sie einander gegenüber und schwiegen sich an. Pieplow fühlte sich unwohl in der beklommenen Stille. Er unterdrückte den Wunsch, Maries Hände in seine zu nehmen. Er wusste, sie würde die Berührung nicht zulassen. So gut kannte er sie.
    »Sie werden dir die Schuld geben, wenn das nicht gut geht.« Als Marie sprach, klang ihre Stimme dunkel vor Sorge. »Ist dir denn nicht klar, was das bedeutet? Nicht nur für dich. Ich könnte vielleicht noch verkraften, wenn die Leute über uns reden. Uns aus dem Weg gehen. Aber was ist mit Leonie? Ich will nicht, dass sie unter dem leidet, was du tust. Oder nicht tust, je nachdem.« Sie hob den Kopf und sah ihn an.
    Von draußen hörten sie Kinderlachen. Das Gartentor fiel ins Schloss, Schlitten rumpelten gegen die Hauswand. Dann wurde die Tür aufgerissen.
    »Wir wollen Kakao!« Leonie meinte sich und die beiden durchgefrorenen kleinen Mädchen in ihrem Schlepptau.

15
    Pieplow nahm das erste Mittagsschiff, das nach genau drei Wochen und einem Tag die Insel Richtung Rügen verließ. Wie ein schwankender dunkler Pfad wand sich die Fahrrinne durchs Eis. Es war so kalt, dass die Möwen vergeblich die Reling umkreisten. Niemand ging aufs Deck, um ihnen Brot entgegenzuwerfen.
    Pieplow zählte neun Passagiere. Zehn, wenn er den Neufundländer mitrechnete. Er gehörte der Urlauberfamilie, die mit dem Hubschrauber angereist war und jetzt per Schiff wieder abfahren konnte. Worüber sie wegen des Hundes und dessen Flugangst erleichtert waren, wie Pieplow dem lauten Familienpalaver entnehmen musste. Er setzte sich allein an einen Fenstertisch im warmen Fahrgastraum. In der abgestandenen Luft hing der Geruch von nassen Winterjacken und Hundefell. Abgesehen davon, dass die Vitte nur mit einer Maschine lief, war alles wie gewohnt. Kaffee aus Reederei-Hiddensee-Bechern, Bockwurst mit Brot. Über Steuerbord die Insel, wie sie im Winterdunst langsam unsichtbar wurde.
    In Schaprode ging er als Erster von Bord. Im oberen Teil der Langen Straße stand sein Auto in einer Stallgarage,
vor deren Tor sich kniehoch der Schnee türmte. Pieplow suchte und fand eine Schaufel im Durchgang zum Hof.
    Kurz nach zwei konnte er zufrieden feststellen, dass der Wagen gleich beim ersten Versuch ansprang. Nach der Eiseskälte der letzten Wochen durchaus keine Selbstverständlichkeit. Immerhin hatte der feuerwehrrote Golf neun Jahre und fast achtzigtausend Kilometer auf dem Buckel. Als er startete, schaltete sich das Radio ein und dudelte vor sich hin, ohne dass Pieplow zuhörte. Ihn interessierten bestenfalls die Verkehrsnachrichten, für die automatisch die Lautstärke hochgehen würde.
    Er fuhr langsam. Es war ein trüber, diesiger Tag und die Straße zwischen den meterhohen Schneewällen so schmal, dass sie gefahrlos nur einspurig befahrbar war. In größeren Abständen gab es Buchten, in die er hätte ausweichen können, wenn ihm, aller Wahrscheinlichkeit zum Trotz, etwa ein Trecker oder etwas ähnlich Ausladendes entgegenkommen sollte.
    Er gewöhnte sich schnell an die Straßenverhältnisse. Als es im Wagen warm wurde, verging seine Anspannung vollends, und er ließ seine Gedanken zu den vergangenen Tagen zurückschweifen.
    Ein paar Mal hatte er daran gedacht, die Dinge auf sich beruhen zu lassen. Thiel zur Einsicht zu bringen, dass er die Insel verließ. In seinem Interesse und in dem der Hiddenseer. Ob unschuldig oder nicht – es wäre der schnellste und einfachste Weg gewesen.
Wenn auch keine Antwort auf die Fragen, die im Raum standen. Und so hatte schließlich etwas wie kriminalistischer Ehrgeiz die Oberhand gewonnen. Das etwas peinliche Gefühl, sich selbst und wer weiß wem beweisen zu wollen, dass er mehr konnte, als auf einer Tausend-Seelen-Insel für Ruhe und Ordnung zu sorgen. Und wohl auch der Gedanke, dass die Wahrheit Ziel und Ergebnis polizeilicher Arbeit sein sollte. Ein romantisches Ideal, das in der Hiddenseer Abgeschiedenheit äußerst selten auf die Probe gestellt wurde und sich deswegen hartnäckig hielt.
    Das Radio riss ihn aus seinen Gedanken. Es gab mit plötzlicher Lautstärke bekannt, dass sich an Wetter und Verkehrslage so bald nichts ändern würde. Auch auf den geräumten Straßen musste mit einer Eisdecke gerechnet werden, über die Schneegrieseln im Laufe des Nachmittags eine tückische Schicht legen konnte.
    In Gingst

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