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Brandeis: Ein Hiddensee-Krimi (German Edition)

Brandeis: Ein Hiddensee-Krimi (German Edition)

Titel: Brandeis: Ein Hiddensee-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Lautenbach , Johann Ebend
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den Mund!« Der Alte fuchtelte wild mit der Hand. Die Tasse, die er umgeworfen hatte, rollte über den Tisch. »Jetzt kommt alles raus! Alles!«
    »Sie müssen entschuldigen«, sagte Rohrbach. »Mein Vater kann schwierig sein.« Er trat hinter den Rollstuhl und machte Anstalten, seinen Vater aus dem Zimmer zu schieben.
    »Hände weg, Bengel!« Der Alte krallte die Hände ins Tischtuch. Es würde ein Schlachtfeld aus Kaffee, Kuchen und Geschirr geben, wenn sein Sohn nicht nachgab. »Worauf warten Sie?«, herrschte er Pieplow und Ostwald an. »Durchsuchen Sie ihn! Und das Haus! Er hat es gut versteckt!«
    »Herr Rohrbach, wir sind nicht …« Weiter kam Pieplow nicht.
    »Mein Geld!«, schrie der Alte. »Er stiehlt mein Geld. Es muss hier irgendwo sein!« Als er klagend die Hände
hob, nutzte sein Sohn die Gelegenheit und rollte ihn in ein Zimmer auf der anderen Seite des Flurs. Durch die geschlossene Tür hörten sie sein Keifen und sehr laute Fernsehstimmen.
    Ostwald hatte die Szene mit großem Interesse verfolgt und keine Miene verzogen. Das änderte sich, als Rohrbach ihnen Rede und Antwort stand.
    Es stimmte noch, dass er wusste, wie unangenehm eine Kehlkopfentzündung war, weil er selbst einmal wochenlang nicht hatte sprechen können. Und das in seinem Beruf. Auch dass er Ostwald bedauerte, entsprach noch der Wahrheit.
    Aber dann folgte eine Lüge auf die andere. Vorausgesetzt, Ostwald irrte sich nicht.
    Rohrbach war nicht über den Weg zwischen Wald und Gut nach Hause gegangen. Er war Thiel nicht begegnet und konnte ihn demzufolge auch nicht erkannt haben, wie er ausgesagt hatte und hier an seinem verwüsteten Esstisch noch immer behauptete.
    Ostwald hob und senkte und runzelte die Augenbrauen. Er schürzte skeptisch die Lippen, schüttelte immer wieder den Kopf. Am Ende lag fast etwas wie Mitleid in den Augen, die Rohrbach nicht aus dem Blick ließen.
    Kann das sein?, dachte Pieplow, bevor er die entscheidenden Fragen stellte. Sollten wir tatsächlich die Lösung gefunden haben? Den Mann, der einen Unschuldigen fünfzehn Jahre im Knast schmoren ließ? Den Täter?
    »Wie war Ihre Beziehung zu Manuela Fischer?«
    Rohrbach zögerte.
    »Wenn Sie damit meinen, ob ich ein Verhältnis mit ihr hatte, lautet die Antwort nein.«
    Interessanterweise schien Ostwald mit der Antwort wenig anfangen zu können. Sein Gesicht wirkte unentschlossen, seine Hand machte eine zweifelnde Drehbewegung.
    Kann sein, kann auch nicht sein.
    Dann, dachte Pieplow, machen wir jetzt mal Nägel mit Köpfen.
    »Und Sie haben sie auch nicht getötet?«
    »Nein!« Einen Moment sah es so aus, als wollte Rohrbach aufspringen. Dann sackte er zusammen, saß mit hängenden Schultern auf seinem Stuhl und wiederholte leise: »Nein, ich habe sie nicht getötet.«
    Das, so Ostwalds stumme Expertise, entsprach der Wahrheit.
    »Aber Sie wissen, wer es getan hat.« Pieplow fragte nicht, er stellte fest.
    Es konnte eigentlich gar nicht anders sein.
    Rohrbach nickte. Natürlich wusste er das. Wie alle anderen auch.
    »Thiel«, sagte er. »Wer denn sonst?«
    Gute Frage, dachte Pieplow. Deswegen sind wir hier.
    Ostwald schüttelte betrübt den Kopf. Dieser Lehrer log wie gedruckt, daran gab es nicht den geringsten Zweifel.
     
    Rohrbachs Frau musste zugehört haben, von wo wusste Pieplow nicht. Sie kam in den Flur, während Ostwald sich mit seinem Mantel abmühte, und berührte Pieplows Arm, als wollte sie ihm etwas zustecken.
    »Sie können meinem Mann glauben«, sagte sie. Ihre Finger legten sich fest um Pieplows Handgelenk, als habe sie vor etwas Angst. »Ich würde meine Hand für ihn ins Feuer legen.«
    Ostwald verzog das Gesicht. Dabei würde sie wohl schwere Verbrennungen erleiden, das war mal sicher.
    Was für eine Familie, dachte Pieplow, als sie zum Wagen gingen. Der Einzige, der nicht lügt, ist der Alte. Und der sagt nicht die Wahrheit.

20
    Thomas Rohrbach drückte die Kellertür vorsichtig ins Schloss. Mit etwas Glück konnte er für eine Weile verschwinden, ohne dass sie es merkten. Wenn sie nicht in die Waschküche musste, kam Sabine nicht nach unten. Und die Mädchen waren nur selten bei ihm. Wenn, dann fühlten sie sich unbehaglich. Er sah das an ihren linkischen Bewegungen und der Art, wie sie dasaßen. Ganz auf der Sesselkante, wie auf dem Sprung. Als sei es ihnen peinlich, dass ihr Vater im Keller hauste. Seinen Schreibtisch dort hatte, sein Bett und die Regale mit seinen Büchern.
    Die Gründe dafür kannten sie nicht.
    Kein Vater erklärt

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