Brandfährte (German Edition)
strikt eingehalten, um keinen Ruß und giftige Partikel in Büros und Wohnräume hineinzutragen. Trotzdem fand Steenhoff, dass sie beide nach kaltem Rauch rochen.
Die Rückfahrt ins Präsidium in der Vahr dauerte fast doppelt so lang wie der Hinweg. In der gesamten Innenstadt staute sich der Verkehr.
Rüttger erkundigte sich per Funk beim Lagezentrum und erfuhr, dass ein Autofahrer beim Abbiegen eine Straßenbahn übersehen hatte. Die Feuerwehr war dabei, den schwerverletzten Mann und seine Beifahrerin aus dem demolierten Fahrzeug herauszuschneiden.
«Tut mir leid. Das kann dauern, bis wir wieder im Präsidium sind», sagte Rüttger.
Steenhoff zuckte mit den Schultern.
Er war in Gedanken noch bei Maike Ahlers. «Wie ist die Feuerwehr eigentlich in die Wohnung gekommen?»
«Die haben die Tür aufgebrochen. Du weißt doch, was die für Kerle in ihren Reihen haben», sagte Rüttger.
«Aber die Tür ist kaum beschädigt», wandte Steenhoff ein. Rüttger nickte, während er in eine kleine Seitenstraße abbog, um dem Stau auf den Hauptstraßen zu entgehen. «Sie war nicht verriegelt. Maike Ahlers hat ihre Tür an dem Brandmorgen offensichtlich nur hinter sich ins Schloss fallen lassen. Danach hat sie sich mit der Zeitung wieder ins Bett gelegt. Wir fanden in einer Ecke des Zimmers noch einen letzten Rest der Sonntagsausgabe: die Immobilienanzeigen. Vermutlich hatte sie den Teil aussortiert, bevor sie es sich mit den anderen Seiten im Bett gemütlich machen wollte.»
«Warum ist Bormann eigentlich so davon überzeugt, dass es sich um einen Unglücksfall handelt?», wollte Steenhoff wissen.
«Du kennst Fred. Er ist der Typ, der sich strikt an Sachbeweise hält. So gesehen hat er recht. Wir haben nichts. Außer einer ungewöhnlich stark gesicherten Tür, die an dem Morgen aber nicht richtig verschlossen war, und einer Raucherin, die sich möglicherweise im Schlaf mit ihrer Decke zugedeckt hat. Schließlich war es kalt im Zimmer, die Fenster standen ja auf Kipp. Irgendwann hat die Zigarette die Bettdecke in Brand gesetzt, vielleicht auch erst den flauschigen Teppich am Bett. Da reichen drei, vier tiefe Atemzüge, und ein Mensch verliert durch die Rauchgase das Bewusstsein. Was bleibt, ist das Bauchgefühl, und damit braucht man Fred nicht zu kommen.» Er schwieg einen Augenblick und fuhr dann fort: «Er hat ja recht. Bei 450 Bränden im Jahr dürfen wir paar Sachbearbeiter uns nicht verzetteln.»
Endlich fuhr Rüttger durch die Präsidiumseinfahrt. Die Pförtnerin erkannte die beiden Männer schon von weitem. Sofort ging die Schranke hoch.
«Bormanns Argumente sind nicht von der Hand zu weisen», erwiderte Steenhoff nüchtern. Er spürte, wie sich sein Kollege unmerklich zusammenzog, und fügte hinzu: «Aber ich finde, der Fall ist es wert, dass man noch mal nachhakt. Ich würde an deiner Stelle abklären, ob es überhaupt Maike Ahlers war, die die Sicherungen angebracht hat. Möglicherweise waren es ja auch die Vormieter. Und vielleicht weiß eine ihrer Kolleginnen, warum sie sich zweimal eine Geheimnummer zugelegt hat. Außerdem würde ich den Rechtsmediziner bitten, nach Hämatomen unter der Haut zu suchen. Irgendwelche Betäubungsmittel oder Alkohol hatte sie vermutlich nicht im Blut?»
«Nein, da war nichts», erwiderte Rüttger.
«Du bist ein Stück weiter, wenn du diese Fragen beantworten kannst», sagte Steenhoff aufmunternd.
Während Rüttger in sein Büro zurückging, entschied sich Steenhoff, Feierabend zu machen. Die nächsten Tage würden noch anstrengend genug werden. Schon bei der Vorstellung, stundenlang im Hinterzimmer einer Drogerie sitzen zu müssen, spürte er Widerwillen. Warten war nicht seine Stärke.
Auf dem Heimweg hielt Steenhoff am Baumarkt. Der Anblick der verwüsteten Wohnung hatte ihn mehr beeindruckt, als er sich hatte anmerken lassen. Doch vor allem ein Satz von Rüttger war ihm noch im Ohr. «Drei, vier Atemzüge, und man verliert das Bewusstsein», hatte der Kollege gesagt. Steenhoff wandte sich an eine junge Verkäuferin und erkundigte sich nach Rauchgasmeldern.
«Ganz hinten, in der vorletzten Reihe», sagte die Frau und sah ihn neugierig an.
«Ist irgendwas?»
Die junge Verkäuferin lächelte ihn amüsiert an. «Ja. Sie sehen aus, als kämen Sie gerade aus dem Feuer.»
Verlegen wischte sich Steenhoff mit der Hand über Stirn und Wange, aber das machte es nicht besser. Kichernd hielt sich die Frau eine Hand vor den Mund: «Jetzt sehen Sie aus wie ein Indianer auf
Weitere Kostenlose Bücher