Brandfährte (German Edition)
bin.»
«Tu das», bestätigte ihn Tewes und klopfte ihm freundschaftlich auf die Schulter. «Sonst steckst du mir noch die ganze Mannschaft an.»
Den Abend und den gesamten nächsten Tag verbrachte Steenhoff fiebernd im Bett. Er hatte schließlich eingesehen, dass die geplante Observation ohne ihn beginnen musste. Solange er krank war, hatte Petersen in enger Zusammenarbeit mit Thorsten Marx die Leitung übernommen. Sie selbst observierte zusammen mit Michael Wessel, Steenhoffs früherem Zimmergenossen, eine Filiale an der Horner Heerstraße. «Seid vorsichtig», ermahnte Steenhoff Petersen am Nachmittag per Telefon. «Die Typen sind gemeingefährlich.»
Doch weder am Mittwoch noch am Donnerstag wurde ihr Warten belohnt. Am Freitagmorgen schließlich fühlte sich Steenhoff wieder kräftig genug, ins Büro zu gehen. Am späten Vormittag trafen sie sich alle erneut zur Lagebesprechung.
Zwei Beamte des Mobilen Einsatzkommandos hatten eine Verkäuferin mit ihrem Erscheinen so verängstigt, dass der Bezirksleiter sich entschloss, die Frau an einen anderen Standort zu versetzen.
«Die Nerven liegen bei vielen Mitarbeiterinnen blank», sagte Dirk Janzen mitfühlend. Er hatte mit einer der Verkäuferinnen länger gesprochen. «Das Gefühl, womöglich die Nächste zu sein, die mit der Waffe bedroht wird, lässt sie kaum noch schlafen.»
«Das geht unserer Verkäuferin genauso», bestätigte Petersen. «Zugleich müssen sie ihre Ängste vor ihren Männern verbergen, die ihnen natürlich die ganze Zeit damit in den Ohren liegen, den Job aufzugeben.»
Da niemand etwas sagte, fuhr Petersen fort: «Aber diese Frauen arbeiten ja nicht zu ihrer eigenen Freude, sondern weil ein Einkommen nicht reicht. Und wo sollen die so schnell einen anderen Job herbekommen? Also räumen sie weiter Waschmittel und Haarsprays in die Regale, sitzen an der Kasse und zucken zusammen, sobald ein Mann den Laden betritt.»
«Wird Zeit, dass wir die Kerle kriegen», sagte Steenhoff bissig.
Gegen Mittag fuhr er mit Petersen nach Horn.
Der Aufenthaltsraum der Filiale war spartanisch eingerichtet. Drei alte Metallstühle standen unter einem rechteckigen Tisch. Fenster gab es nicht. Über dem fleckigen Kühlschrank hing ein Kalender mit Bergmotiven. Zusammengefaltete Pappkartons stapelten sich mannshoch in einer Ecke. Daneben standen Mopp und Putzmittel der Reinigungskräfte.
«Da haben wir es ja im Präsidium noch gemütlicher», sagte Steenhoff und legte seine Tasche auf den Tisch. «Ich würde gerne mal den Alarmton hören», wandte er sich an die Verkäuferin, die im Flur hinter ihm stand. Ohne ein Wort zu sagen, ging die Frau in Richtung Kasse. Sekunden später erfüllte ein durchdringender Ton den kleinen Raum. Dann war plötzlich wieder Ruhe, und die Verkäuferin tauchte in der Tür auf. «Ich habe es wieder ausgeschaltet», sagte sie unsicher. «Schließlich kann jede Minute ein Kunde reinkommen, und die Kommissarin hat uns eingeschärft, dass niemand von dem Knopf erfahren soll.»
«Das haben Sie prima gemacht», sagte Petersen bestätigend und schob sie sanft zurück in den Verkaufsraum.
Dann drehte sie sich seufzend um und legte ihre Dienstpistole griffbereit auf den Tisch. Steenhoff legte den
Spiegel
und den
Weser Kurier
, die er sich als Lektüre mitgebracht hatte, daneben. «Einer von uns sollte immer hinter der Tür zum Verkaufsraum stehen und die Kasse beobachten», schlug Steenhoff vor. «Wenn der Alarm ausgelöst wird, kann es schon zu spät sein.»
Er erklärte sich bereit, die erste Schicht in dem dunklen Flur zu übernehmen. Die Glasscheibe in der Tür war auf der anderen Seite zur Hälfte mit Werbung für Sonderangebote zugeklebt. Wer nicht direkt davorstand, würde sie niemals entdecken, dachte Steenhoff zufrieden.
Er überprüfte erneut den Sitz seiner Dienstwaffe unter dem Jackett. Dann holte er sein Handy hervor. Er hatte es auf Vibrieren gestellt. Alles in Ordnung. Angespannt beobachtete er den Verkaufsraum. Eine junge Frau mit einem quengelnden Baby auf dem Arm stand unschlüssig vor der Säuglingsnahrung. Sie rief der Verkäuferin etwas zu, die daraufhin den Schlüssel von der Kasse abzog und die Kundin beriet.
Fünf Minuten später betrat ein etwa 20 -jähriger Mann in einem dunklen Parka das Geschäft. Zielstrebig ging er auf das Regal mit den Duschgels zu, griff sich eine Tube und ging damit zur Kasse. Steenhoff hörte Petersen mit jemandem sprechen. Einen Moment war er irritiert, dann sagte er sich,
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