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Brandfährte (German Edition)

Brandfährte (German Edition)

Titel: Brandfährte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rose Gerdts
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sich als mühsames Aktenstudium. Zumal, wie er seinen Kollegen berichtete, der Begriff Stalking bis weit in die zweite Hälfte der 90 er Jahre innerhalb der Bremer Polizei noch gar nicht existierte. Weder gab es eine Stalker- oder Gefährderdatei noch Fachleute, die mit diesem Kriminalitätsphänomen etwas anfangen konnten.
    «Die Taten von früheren Stalkern wurden als Beleidigungen, Sexualdelikte, Körperverletzungen oder Belästigungen abgetan», erklärte Rüttger. «Es gab nur den Begriff ‹Liebeswahn›, der aber höchstens einigen Forensikern und Kriminologen geläufig war. Das Gros der Opfer wird bei der Polizei vermutlich kein Gehör gefunden haben.»
    «Oder erst dann, wenn sie zuvor massiv bedroht oder verletzt worden waren», warf Petersen ein.
    Rüttger nickte und fuhr fort: «Einige sehr dramatisch verlaufene Stalkingfälle, bei denen die Opfer zuvor monatelang vergeblich die Polizei um Hilfe ersucht hatten, wurden, wie ihr euch vielleicht erinnert, von einigen Bremer Medien aufgegriffen. Der Druck aufs Präsidium wurde nach dem dritten Fall, der einem Horrordrehbuch glich, so groß, dass ein Ruck durch die Polizeiführung ging. Seitdem sind wir in Bremen die bundesweit anerkannten Vorreiter in Sachen Stalkingsachbearbeitung.»
    «Von wegen Vorreiter.» Wessel schnaufte wütend. «Und Maike Ahlers schickt der Kollege mit einer Anzeige wegen Sachbeschädigung wieder nach Hause!»
    «Menschliches Versagen wird es immer wieder geben», schaltete sich Steenhoff in die Diskussion ein. «Aber angesichts der Vielzahl der Stalkingdelikte, die jährlich in Bremen bearbeitet werden, leisten die meisten Kollegen an den Revieren gute Arbeit. Dennoch gebe ich dir recht: Im Fall von Maike Ahlers hätten die Warnsignale eigentlich ausreichen müssen, um das Verfahren an den Stalkingsachbearbeiter weiterzuleiten. Im Übrigen überlegt die Polizeiführung, ob sie ein Disziplinarverfahren gegen den Beamten einleitet. Ich vermute, die fürchten den nächsten Polizeiskandal.»
    Einen Moment lang schwiegen alle.
    Dann ergriff Steenhoff erneut das Wort.
    «Wir sollten auch noch alle Fälle der vergangenen Jahre überprüfen, bei denen in Bremen rauchende Frauen bei einem Wohnungsbrand ums Leben gekommen sind.» Er ärgerte sich, dass er nicht früher darauf gekommen war. «Außerdem sollten wir uns beim LKA Niedersachsen erkundigen, ob und wo es in der Vergangenheit solche Fälle gegeben hat. Wir können nicht davon ausgehen, dass unser Täter sich nur auf Bremen beschränkte.» Steenhoff sah sich in der Runde um. «Wer kann das übernehmen?»
    Petersen meldete sich zögernd.
    «Ich weiß, das ist eine Fleißarbeit. Aber Tim kann dich in den nächsten Tagen dabei unterstützen.»
    Steenhoff selbst wollte das Zeitungsarchiv des
Weser Kuriers
durchforsten. Es durfte ihnen kein einziger Fall der vergangenen Jahre entgehen, bei dem Raucherinnen in ihren Schlafzimmern infolge einer Rauchvergiftung oder eines Brandes gestorben waren. Gleich nach der Besprechung wählte er die Nummer der Reporterin Andrea Voss. Bereitwillig versprach sie, ihm die Fälle zu mailen.
    «Wir haben auch noch ein Handarchiv aus den früheren Jahren. Wie weit zurück sollen meine Kollegen aus dem Archiv suchen?»
    «Zehn Jahre würden mir erst mal reichen.»
    Andrea Voss stöhnte. «Da wird einiges an Material zusammenkommen. Die Kollegen werden nicht gerade begeistert sein.» Sie schien einen Moment zu überlegen und schlug dann vor, Steenhoffs Anruf beim Archiv kurz anzukündigen. «Wenn du dich mit ‹Kripo Bremen, Mordkommission› meldest, werden die garantiert alles stehen- und liegenlassen und dir helfen.» Sie machte eine kurze Pause. «Das ist wirkungsvoller, als wenn eine Kollegin aus der Lokalredaktion sie um Mithilfe bittet.»
     
    Andrea Voss sollte recht behalten. Als er eine halbe Stunde später im Archiv der Zeitung anrief, sagte ihm die Mitarbeiterin sofort ihre Unterstützung zu. «Spätestens in drei Tagen haben Sie Ihre Daten.»
    Steenhoff räusperte sich verlegen. «Ehrlich gesagt hatte ich gehofft, dass Sie mir die Fälle bis morgen Vormittag heraussuchen können.» Schweigen war die Antwort. So kam er nicht weiter. «Ich weiß, bei Ihnen stapelt sich auch die Arbeit. Ihre Kollegin Frau Voss hatte mich schon gewarnt, dass Personalnot im Archiv herrscht. Aber wir sind im Fall der ermordeten jungen Frau aus Findorff mit unseren Ermittlungen an einem Punkt angelangt, wo wir auf Ihre Mithilfe dringend angewiesen sind», sagte er mit

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