Brandfährte (German Edition)
zeigte Martina Benke, wie sie Steenhoff, der am Boden kniete und den Weg pflasterte, zärtlich die Hand auf die Schulter legte. Dann Steenhoff und Martina Benke, wie sie sich mit einem Glas Sekt in der Hand anlachten, und schließlich, wie Martina Benke sich an Steenhoff drückte, ihn küsste und er seine Hand auf ihren Rücken legte. Ein Blatt Papier war beigefügt, auf dem ein einziger Satz stand. «Ich dachte, Frau Steenhoff, Sie sollten wissen, woran Sie sind.»
Aufgebracht wiederholte Steenhoff die Worte und schüttelte den Kopf.
Die vergangenen Stunden waren für Ira die Hölle gewesen. Erst der Brief mit den Bildern in der Post. Genug, um in jeder Frau Zweifel zu wecken. Was verband ihren Mann wirklich mit seiner Mieterin? Seine spontane Hilfe war ihr von Anfang an merkwürdig vorgekommen. Dann die furchtbare Nachricht von der schwerverletzten Martina Benke. Die ernsten Mienen der Ermittler. Franks Anruf aus dem Präsidium. Er wirkte nervös, als er erfuhr, dass seine Kollegen bereits bei ihr waren.
Ira hatte mit allem gerechnet: mit beschwörenden Appellen, mit Beteuerungen oder Schwüren. Doch nicht mit dieser Reaktion.
Steenhoff schaute sie an und verzog sein Gesicht zu einem breiten Lächeln. «Gut, dass unser Briefträger immer zweimal klingelt und dir die Post am liebsten persönlich in die Hand drückt.» Er zog seine verblüffte Frau an sich und hielt sie lange fest umschlungen.
Petersen hatte fast eine halbe Stunde im Vorzimmer des Kripochefs gesessen. Die Sekretärin hatte ihr signalisiert, dass Tetzlaff zwischen zwei Terminen wohl Zeit für ein kurzes Gespräch mit ihr finden würde.
Als sie zum Kripoleiter hineingebeten wurde, fragte sie sich, wie sie ihn jemals zum Reden bringen könnte. Tetzlaff galt unter seinen Leuten als blitzgescheit. Mit irgendwelchen Tricks würde sie ihn kaum aus der Deckung locken können. Doch schließlich sagte sie sich, dass ihre Kollegen nicht einfach den Hauptsachbearbeiter einer Mordkommission von einem Moment zum anderen kaltstellen konnten, ohne dass der Kripoleiter dazu Stellung bezog und sich dazu äußerte, wie es ohne Steenhoff weitergehen sollte. Spontan beschloss Petersen, sofort ihr Anliegen vorzubringen, die Sachlage aber etwas zu dramatisieren.
«Jürgen, wie du dir denken kannst, ist an Arbeiten bei uns nicht mehr zu denken. Die Gerüchteküche brodelt, und die Telefone stehen nicht mehr still. Die einen wollen angeblich wissen, dass Steenhoff so gut wie überführt ist, die anderen sehen in der Tatsache, dass er kaltgestellt wurde, nur einen geschickten Schachzug von Frehls. Angeblich mochte Frehls Frank noch nie und tut jetzt alles, um ihm eins auszuwischen.»
Sie räusperte sich. «Ehrlich gesagt fürchte ich, dass uns auf diese Weise das Kommissariat bald auseinanderbricht.»
Der Chef machte einen sorgenvollen Eindruck. «Aber wir haben ihn doch nur vom Dienst freigestellt, bis wir ihn guten Gewissens wieder an die Ermittlungen heranlassen können. Wenn wir die bisherige Beweislage im Fall Benke nicht ausreichend würdigen, werfen uns die Medien irgendwann vor, wir hätten unseren Kollegen schonen wollen.»
«Dann sprich mit den Kollegen. Stell klar, dass ihr Frank für unschuldig haltet und seine Beurlaubung eine Pro-forma-Angelegenheit ist.»
«So weit würde ich auch nicht gehen», antwortete Tetzlaff ruhig. «Du weißt genauso gut wie ich, dass in unserem Job alles möglich ist.»
«Aber du glaubst doch nicht …»
«Bis endgültige Beweise auf dem Tisch liegen, verbiete ich mir selbst, etwas zu glauben oder als wahr zu unterstellen», wies sie der Kripochef mit einem leisen Tadel in der Stimme zurecht. «Fakt ist, dass es im Moment nicht besonders gut aussieht für Frank. Das müssen wir wohl oder übel aushalten.» Er tippte mit dem Stift auf seine Schreibunterlage und stand auf. «Manfred Rüttger wird die Ermittlungen im Fall Maike Ahlers so lange führen, bis wir klarer sehen.» Seine Stimme duldete keinen Widerspruch. Er hatte sich inzwischen erhoben. Petersen spürte, dass er unter einem höheren Druck stand, als er zugeben wollte. Doch so schnell wollte sie nicht aufgeben. Demonstrativ blieb sie sitzen. «Aber Frehls hat doch gar nichts gegen Frank in der Hand. So ein Brief ist schnell geschrieben, und die Blumen, die um das Opfer herum drapiert wurden, zeugen doch eher von der Tat eines Verrückten.»
«Wieso Blumen?» Tetzlaff wirkte überrascht. «Das war doch Unter…» Er brach ab und sah Petersen scharf an.
Weitere Kostenlose Bücher