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Brandfährte (German Edition)

Brandfährte (German Edition)

Titel: Brandfährte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rose Gerdts
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mit einer Zeitung in ihrem Lieblingssessel am Fenster. Als Petersen den Raum betrat, schaute sie kurz hoch. Unsicher ging Petersen auf Vanessa zu.
    «Tut mir leid …», begann Petersen. Doch Vanessa zuckte gleichmütig die Achseln und lächelte. Sie hätte Petersen genauso gut einen Schlag in die Magengrube geben können. «Es ist halt, wie es ist, Navideh.» Ihre Stimme klang müde und resigniert. «Das Verbrechen kennt keinen Feierabend – und du auch nicht.»
    «Was für ein blöder Spruch. Das ist doch Quatsch.»
    «Mit dem Quatsch muss ich klarkommen, seitdem wir zusammen sind.»
    «Aber das stimmt doch nicht. Ich hab dir doch vorhin am Telefon gesagt, dass die Idioten Frank abserviert haben.»
    «Davor waren es die Drogerieräuber. Und davor der brutale Freier, der Prostituierte mit Hammerschlägen traktiert hat, und davor …»
    «Ach, hör auf», unterbrach sie Navideh scharf. «Dafür warst du ständig auf Fortbildungen in diesem Jahr.»
    «Ja. Das stimmt. Ich habe irgendwann beschlossen, zumindest mein eigenes Leben wieder zu leben, wenn ich es schon nicht mit dir teilen kann.»
    «Aber davon kann doch gar keine Rede sein. Wir waren doch vor drei Wochen am Meer. Das war doch ein wunderschönes Wochenende.»
    «Fandst du?»
    Vanessa stand auf und goss sich ein Glas Wein ein. «Für meinen Geschmack war es reichlich distanziert.»
    «Distanziert?»
    Verzweifelt kramte Petersen in ihrem Gedächtnis. Sie konnte sich an einen langen, schweigsamen Spaziergang am Strand erinnern. Sie hatte Vanessa untergehakt und sich mit ihr gegen den Wind gestemmt. Bei ihrer Rückkehr ins Hotel hatten sie miteinander geschlafen. Ja, beide hatten schon leichtere und unbekümmertere Wochenenden miteinander verlebt, aber als «distanziert» hatte sie ihren Ausflug ans Meer nicht in Erinnerung.
    «Glaubst du ihm eigentlich die Geschichte?», fragte Vanessa unvermittelt.
    «Was meinst du damit?», antwortete Petersen irritiert.
    «Na, im Augenblick spricht doch alles gegen Frank.» Vanessa stockte kurz. «Du weißt, wie viel ich von deinem Kollegen halte. Aber was ist, wenn er es doch war?»
    Petersen musste mit aller Gewalt ihre aufsteigende Empörung bekämpfen. Mit gespielter Ruhe sagte sie: «Er war es nicht.»
    «Und woher nimmst du diese Gewissheit?»
    Navideh hatte eine scharfe Antwort auf den Lippen. Aber sie schluckte die Bemerkung runter. Frank Steenhoff war ein eckiger Kollege, einer, mit dem sie immer noch leicht aneinandergeriet. Er war oft barsch, manchmal verletzend und dann wieder überraschend feinfühlig. Sie waren Kollegen, mehr nicht. Aber die Verbundenheit, die sie ihm gegenüber spürte, ging tief. Tiefer, als sie es sich bislang eingestanden hatte. Bei ihrem letzten großen Fall waren beide weit über ihre Grenzen gegangen. ‹Ohne ihn würde ich nicht mehr leben. Und er ohne mich auch nicht›, dachte Petersen. Sie vertraute ihm.
    «Was macht dich so sicher?», fragte Vanessa erneut.
    «Ich weiß es einfach. Frank ist kein hasserfüllter Gewalttäter.»
    Sie sah Vanessa fest an. «Ich bin sicher, es wird sich alles klären.»
    Vanessa schwieg, aber Petersen spürte ihre Skepsis.
    «Und wie geht es mit uns weiter?»
    Vanessa zuckte die Schultern. In ihrem Blick lag etwas Trotziges. «Ich gehe am Freitag ins Tanztheater.»
    Petersen schluckte. «Allein?»
    «Nein, nicht allein.»
    «Dann wünsche ich dir viel Spaß», sagte Petersen, drehte sich um und ging in ihr Zimmer. Sie hatte die Tür noch nicht ganz hinter sich geschlossen, als Wut und Eifersucht sie überwältigten.
    Die Angst, Vanessa zu verlieren, ließ sie lange nicht einschlafen. Kurz nach Mitternacht fiel sie in einen unruhigen Schlaf. Sie träumte von Vanessa, wie sie an einem Sonntagmorgen mit einem Tablett mit Frühstück ins Schlafzimmer kam, ihre vollen blonden Haare zurückwarf und sie anlachte. Sie stellte das Tablett ab, zog sich das seidene Nachthemd über den Kopf. Darunter kam der muskulöse Oberkörper eines Mannes zum Vorschein. Steenhoff lag plötzlich neben ihr und strich ihr mit der Hand über den Oberschenkel. Sie wollte ihn aus dem Bett schubsen, aber stattdessen fühlte sie nur wilde Lust. Sie umschlang ihn mit Beinen und Armen. Ihre Fingerkuppen wanderten über seine Brust, die Arme und suchten seine Hände. In seiner linken Hand fühlte sie etwas Kaltes, Spitzes. Überrascht öffnete sie die Augen und sah, dass Steenhoff ihren schweren gusseisernen Kerzenleuchter aus dem Wohnzimmer mit ins Schlafzimmer genommen hatte und

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