Brandfährte (German Edition)
Schließlich hatte er einen karierten, einen linierten, einen mit Firmenzeichen bedruckten und einen ganz weißen Bogen in der Hand.
Er verabschiedete sich von Katrin und Ira und stieg in seinen Wagen. Bevor er losfuhr, bat er Petersen über Handy, ihr gemeinsames Büro auf dieselbe Weise durchzugehen. Doch sie reagierte abweisend: «Tut mir leid, Frank, aber wir sollen zurzeit keinen Kontakt zueinander haben. Daran muss ich mich halten. Meld dich ein anderes Mal. Tschüs.»
Die Verbindung war unterbrochen.
Steenhoff war wie vor den Kopf geschlagen. Navideh Petersen hatte einfach aufgelegt! Er konnte nicht glauben, dass sie ihn so brutal fallenließ. Was war passiert? War es der verfluchte Artikel in der Zeitung gewesen?
Er stoppte sein Fahrzeug am Straßenrand und ging das Gespräch in Gedanken noch einmal durch. Wieso redete sie so unpersönlich mit ihm? «Meld dich ein anderes Mal», hatte sie gesagt. Plötzlich verstand er Petersen. Er startete sein Auto erneut. Zehn Minuten später hielt er vor einem Münzfernsprecher und wählte die Nummer von Petersens Zimmernachbarn. Der Mann war im Urlaub in Thailand. Aber zwischen den beiden kleinen Büros stand die Tür meist offen.
Er hoffte inständig, Petersen würde das penetrante Klingeln des Telefons im Nebenzimmer nicht ignorieren.
Sie nahm sofort ab.
«Ich bin es, Frank. Ich rufe von einem Münzfernsprecher an. Ich nehme an, du gehst davon aus, dass ich abgehört werde.»
Sie wirkte erleichtert.
«Ja. Ich hatte so gehofft, dass du meine Abfuhr richtig verstehst. Ich wette eins zu hundert, dass dich Frehls abhören lässt. Und vielleicht auch Rüttger und mich. Deswegen wusste ich auch nicht, wie wir Kontakt zueinander aufnehmen können. Wir dürfen dich nämlich nicht mehr treffen.»
Sie erzählte Steenhoff, dass der Kripochef sie und Rüttger persönlich aufgefordert hatte, in der «heißen Ermittlungsphase» den Kontakt zu Steenhoff abzubrechen. «Das sei für alle besser so, hat er gesagt.»
Außerdem hatte Frehls Steenhoffs Schränke und den Schreibtisch durchsucht.
«Hat er gesagt, was er da wollte?»
«Nein. Er spricht nicht viel mit uns.»
«Mit uns?», fragte Steenhoff irritiert.
«Mit Rüttger und mir», erwiderte Petersen.
Sie verabredeten, dass sich Petersen ein neues Handy besorgen und dies Steenhoff überlassen würde. «So könnten wir gefahrlos miteinander reden. Spätestens in drei, vier Tagen musst du dein Handy erneut wechseln», ermahnte sie ihn. «Vielleicht hast du noch einen Freund, der dir eins leiht.»
Steenhoff schmunzelte. «Mit dir kann man ja einen Staatsstreich planen.»
«Du vergisst, dass ich mal einige Monate beim Staatsschutz war», antwortete Petersen trocken.
In einem überfüllten Schnellimbiss in der Bremer Innenstadt übergab Steenhoff Petersen die Blätter von den unterschiedlichen Schreibblöcken aus seinem Haus. «Versuche, an Frehls’ Mitarbeiter ranzugehen. Ihr müsst rauskriegen, ob der Kerl auf einem der Blöcke aus dem Büro oder aus unserem Haus geschrieben hat.» Petersen nickte zögernd.
«Wie gesagt, die reden nicht mit uns.»
«Mit einer attraktiven Frau wie dir reden Männer immer», erwiderte Steenhoff und fügte hinzu: «Bitte, versuche es.»
Petersen wollte etwas erwidern, schluckte die Antwort aber hinunter und gab ihm das neue Handy.
Ihr Treffen hatte keine drei Minuten gedauert. Die Vorweihnachtszeit hatte begonnen, und die Innenstadt war voller Menschen. Petersen war im Nu in der Menge verschwunden. Verstohlen sah Steenhoff sich um. Hatte Frehls das MEK auf ihn angesetzt? Aber von den Männern, die an Stehtischen ihre Hamburger verschlangen, kannte er keinen. Er blickte auf die Schuhe, doch keiner der potenziellen Kandidaten unter den Gästen zwischen Mitte 20 und 40 trug Turnschuhe. Er zahlte und ging in Richtung Toiletten. Auf halbem Weg marschierte er in die Küche, zog seinen Dienstausweis, rief leise «Polizei» und drängte sich an einem erschrockenen Küchenhelfer vorbei durch den Hinterausgang. In der Obernstraße setzte er ein Käppi von Werder Bremen auf und ging ruhig im Schlenderschritt zum Redaktionshaus des
Weser Kuriers
.
Wie er erwartet hatte, erkannte ihn die Empfangsdame im Kundenzentrum nicht. Freundlich erkundigte sie sich stattdessen nach seinem Namen und wählte dann Andrea Voss’ Nummer.
«Ein Herr Frank von der Feuerwehr möchte Sie sprechen, Frau Voss. Der Herr sagt, es sei brandeilig.»
Steenhoff lächelte die Frau charmant an.
Sie erwiderte stumm den
Weitere Kostenlose Bücher