Brandfährte (German Edition)
oder mit seiner Verhaftung.
Ohne Umschweife erklärte er Katrin, dass er ihre Hilfe brauchte und in ihrer Anwesenheit seine Frau vorsichtig befragen wollte.
«Warum?», erkundigte sich Katrin genauso direkt.
«Weil ich nicht ausschließen kann, dass der Täter bei uns zu Hause war», antwortete ihr Steenhoff offen. «Angenommen das Letztere trifft zu, dann mag ich Ira nicht mehr hier allein lassen.»
«Bist du denn nicht vom Dienst suspendiert?»
«Ich bin vom Dienst freigestellt, wie es so schön heißt. Aber ich habe nicht vor, bis in alle Ewigkeit darauf zu warten, dass meinen Kollegen im Präsidium endlich ein zündender Gedanke kommt.»
Die Frau am anderen Ende des Telefons schwieg. Steenhoff wurde unruhig. Die Zeit lief ihm davon.
«Katrin. Ich weiß, du magst mich nicht besonders. Und zudem habe ich nichts, womit ich dir meine Unschuld beweisen könnte. Aber – ich war es nicht.»
Er hörte sich selbst beim Sprechen zu. Seine Worte klangen verzweifelt und albern. Katrin würde ihn zum Teufel jagen. Nach einem kurzen Moment, der ihm wie eine Ewigkeit vorkam, sagte sie: «Gut. Ich komme. In einer halben Stunde bin ich bei euch.»
Steenhoff nutzte die Zeit, um Frehls zuvorzukommen, und rief von sich aus den Ermittler an, der früher, in einem anderen Leben, sein Kollege gewesen war. Sie verabredeten sich am frühen Nachmittag im Präsidium. Wie Steenhoff vermutet hatte, wollte ihn Frehls erneut befragen. Aber diesmal hatte er, Steenhoff, den Zeitpunkt bestimmt. Als er auflegte, atmete er auf. Er hatte den Termin vorgeschlagen. Nicht Frehls. Endlich hatte er wieder das Gefühl, das Heft in der Hand zu haben.
Katrin hielt Wort. Eine knappe halbe Stunde später stand sie vor der Tür. Sie begrüßte Steenhoff nur kurz und fragte nach Ira. Steenhoff zeigte aufs Wohnzimmer. Er zwang sich, die Frauen einen Augenblick allein zu lassen, und ging in die Küche, um für sie einen Tee aufzubrühen.
Mit dem Tablett in der Hand kehrte er ins Wohnzimmer zurück. Wie er befürchtet hatte, erschreckte Ira der Gedanke, der Unbekannte könnte sich im Haus aufgehalten haben, so sehr, dass sie erneut die Nerven verlor.
«Ira, es ist wichtig. Versuche dich bitte zu erinnern. War hier in den vergangenen drei, vier Wochen ein männlicher Besucher im Haus, der dir komisch vorkam?»
Ira schloss die Augen und schüttelte stumm den Kopf.
«Aber es waren doch sicherlich Männer hier? Ein neuer Postbote, ein neuer Nachbar, der sich vorstellte, Zeitungsverkäufer, irgendjemand, den du mit ins Haus genommen hast?»
«Wir hatten die Annonce wegen Maries Sattel in der Zeitung. Da waren mehrere Interessenten, die sich den Sattel anschauen wollten. Das hatte ich dir erzählt.»
Sie sah ihn hilflos an. «Aber das waren alles ganz normale Leute. Außerdem beginnen jetzt meine neuen Yogakurse. Du weißt, dass sich diese Leute nicht per E-Mail anmelden.» Wieder füllten sich ihre Augen mit Tränen.
«Übermorgen kommen die Ersten. Das schaffe ich nie. Ich werde alles absagen.» Sie versuchte ein Schluchzen zu unterdrücken, zog ihre Knie zum Bauch und hielt sie umschlungen. Steenhoff wollte weiterfragen, aber Katrin drängte ihn sanft und zugleich bestimmt aus dem Zimmer.
«Frank, sie ist deine Frau, keine Zeugin.»
Katrin deutete mit einem Kopfnicken in Richtung Wohnzimmer. «Ich werde eine befreundete Ärztin bitten, nach Praxisschluss hier vorbeizuschauen. Ich fürchte, Ira steht kurz vor einem Nervenzusammenbruch.»
Steenhoff nickte. Katrin hatte recht. Ira brauchte Ruhe, keine Vernehmung durch ihren Mann.
Katrin sah sich suchend in dem Haus um. «Habt ihr eine Wärmflasche? Ira fröstelt.»
Steenhoff schüttelte bedauernd den Kopf. «Aber wir haben oben im Schrank irgendwo ein Heizkissen. Ich hole es dir.»
Katrin hielt ihn fest. «Lass. Ich gebe Ira lieber eine zweite Decke. Einem Heizkissen traue ich nicht mehr, seitdem das Kissen bei meiner Mutter mal fast einen Schwelbrand ausgelöst hätte.»
Während Katrin wieder zu Ira ging und leise auf sie einsprach, überlegte Steenhoff, was er an Frehls’ Stelle tun würde. Systematisch ging er durch alle Zimmer des Hauses und suchte nach Papier und Briefbögen. Auf der Anrichte im Wohnzimmer lag ein DIN -A 4 -Block, auf dem er alle paar Wochen die Ergebnisse der Skatrunden mit Freunden notierte. In der Küche fand er DIN -A 5 -Papier, auf dem Ira und er die Lebensmittel notierten, die er aus der Stadt mitbringen sollte. Er nahm von jedem der Blätter ein Exemplar mit.
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