Brandfährte (German Edition)
Blick.
Dann führte sie den Beamten in das Besucherzimmer der Zeitung. Zwei Minuten später riss Andrea Voss die Tür auf.
«Ich wusste es doch!»
«Ich brauche deine Hilfe, Andrea», sagte Steenhoff statt eines Grußes.
«Schieß los.»
«Erzähle mir, so genau du kannst, was der Anrufer gesagt hat.» Die Reporterin lächelte gequält. «Nicht schon wieder. Dein Kollege hat mich mindestens anderthalb Stunden zu diesem kurzen Telefonat befragt.»
«So viel Zeit habe ich nicht», sagte Steenhoff ernst. «Also, wie hat er das Gespräch begonnen? Nein, warte: Hatte er deine Durchwahl, oder ist er über die Zentrale gekommen?»
Eine halbe Stunde später hob Andrea Voss bedauernd die Arme.
«Das war alles. Mehr weiß ich partout nicht.»
«Kam er aus Bremen?»
Diesmal ließ sich die Frau mit ihrer Antwort Zeit. «Also, er kam nicht aus der hanseatischen Oberschicht», antwortete sie gedehnt. «Ich bin mir nicht sicher, aber ich meine, der Mann benutzte ein paarmal das Wort ‹nech›.»
«Nech?»
«Ja, du weißt doch. Die typischen Bremer sagen anstelle von ‹nicht wahr› ‹nech›.»
Steenhoff stand auf. Auch Andrea Voss erhob sich. Er versprach, sie in den nächsten Tagen wieder anzurufen. Bei der Verabschiedung sah Andrea Voss ihn aufmerksam an. «Ich kann mir vorstellen, dass ihr im Augenblick in eurem Dorf durch die Hölle geht.»
Steenhoff nickte. «Ja, für Ira ist es besonders schlimm.»
«Zumindest der
Weser Kurier
wird nicht darüber schreiben. Ich konnte meine Kollegen mit angeblichen Insider-Informationen davon überzeugen, dass du es nicht warst und wir besser die Finger davon lassen.»
«Und woher nimmst du diese Erkenntnis?»
Sie verzog das Gesicht zu einem gequälten Grinsen. «Wie nennt ihr das immer? – Bauchgefühl.»
Verlegen fuhr sie sich mit allen fünf Fingern ihrer rechten Hand durch die blonde Kurzhaarfrisur. Einen Moment lang standen ihre Haare wirr in alle Richtungen ab. Steenhoff musste den Impuls unterdrücken, ihr über den Kopf zu streichen.
Im Hinausgehen drehte er sich noch mal um. «Ich melde mich bei dir.»
Andrea Voss sah ihm nach, bis er in der Schar der Passanten vor dem Pressehaus verschwunden war.
Der Termin im Präsidium verlief angenehmer als erwartet. Frehls ersparte ihm, ins Vernehmungszimmer zu gehen. Stattdessen bat er seine Kollegen, dafür zu sorgen, dass sie die folgenden Stunden nicht gestört würden. Dann stellte Frehls sein Telefon auf das eines Kollegen um und betrachtete konzentriert seinen Stift. Als Frehls aufsah, konnte Steenhoff das erste Mal so etwas wie Mitgefühl in seinen Augen lesen. «Wie geht es deiner Frau, Frank? So ein Artikel kann einem ja den Boden unter den Füßen wegziehen.»
Steenhoff war sofort auf der Hut. Zum Schein gab er ein paar Einblicke in Iras seelische Verfassung und tat, als würde er Frehls’ Finten nicht bemerken. Drei Stunden lang belauerten sie sich gegenseitig und versuchten einander Informationen zu entlocken. Am Ende reagierte Frehls mehrfach gereizt auf Steenhoffs endlose Ausführungen über seine verstorbene Tante, die geerbte Haushälfte und die eigentümliche Mieterin. Er wusste, dass er die eigentlichen Punkte, die Frehls interessierten, umging – und sein Kollege wusste es auch. Dennoch ließ er ihn schon am frühen Abend wieder gehen. Das war das Einzige, was Steenhoff irritierte. Er hätte an Frehls’ Stelle mit der Vernehmung noch einmal von vorn angefangen.
Dennoch war er froh, als er endlich wieder in seinem Auto saß. Zehn Minuten später hielt er in einer Parkbucht und schaute in den Motorraum sowie unter seinen Wagen. Aber sie hatten keinen Sender angebracht. Dann fuhr er in ein Drive-in, bestellte sich einen Hamburger und eine Cola und steuerte den Wagen auf den Parkplatz des Schnellrestaurants. Er hatte noch nicht den ersten Bissen hinuntergeschluckt, als er sein neues Handy aus der Tasche nestelte. Er musste Ira dringend sagen, dass er auf dem Weg nach Hause war. Er schaute auf die Uhr. Ihre Haushaltshilfe war noch da. Die Putzfrau könnte er sicherlich anrufen, ohne zu riskieren, dass auch sie abgehört würde. Verwundert reichte die Putzfrau kurz darauf ihr Handy an Ira weiter. Ihre Stimme klang wieder etwas heller. Sie bestätigte Steenhoffs Eindruck, dass sie von Katrins Ärztin Beruhigungsmittel verschrieben bekommen hatte. «Die tun mir gut.»
Sie stockte. «Ich habe noch mal über deine Fragen von heute Morgen nachgedacht und die Namen aller Männer aufgeschrieben,
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