Brandfährte (German Edition)
die Adressen und Kursangebote durch und fertigten eine Prioritätenliste an. Um Petersen nicht unnötig zu gefährden, wollten sie die Künstler nicht gemeinsam aufsuchen, sondern getrennt ermitteln. Steenhoff übernahm Fischerhude, Petersen Worpswede.
Steenhoff winkte die Bedienung heran, um zu zahlen, als sein neues Handy klingelte. Er zögerte, sich zu melden. Bis auf Rüttger, Petersen und Ira hatte er die Nummer nicht herausgegeben. Doch dann überwog seine Neugierde.
«Ja?»
«Spreche ich mit Frank Steenhoff?», wollte eine Frauenstimme wissen.
«Ja.» Steenhoff blieb auf der Hut.
«Hier ist Dorothea Bosak aus dem Archiv des
Weser Kuriers
», half die Anruferin nach.
Steenhoff entspannte sich sofort. Er hatte ganz vergessen, dass er auch der Archivarin seine neue Nummer hinterlassen hatte.
«Mir hat das keine Ruhe gelassen, dass wir gestern Abend nichts gefunden haben», fuhr die Frau eifrig fort. «Also habe ich heute Morgen noch mal unter anderen Stichwörtern gesucht.»
Sie machte eine dramatische Pause.
Steenhoff schob Petersen sein Portemonnaie hinüber, damit sie die Kellnerin bezahlen konnte, die an ihrem Tisch stand und die ungewöhnliche Runde ohne Scheu taxierte. Doch Petersen schüttelte den Kopf und holte ihr eigenes Geld aus der Tasche. Vergeblich winkte Steenhoff ab und machte ihr ein Handzeichen. Doch Petersen ignorierte ihn und zog den passenden Schein aus ihrem Portemonnaie.
«Sind Sie noch dran, Herr Steenhoff?», hörte er Dorothea Bosak fragen.
«Ja. Entschuldigung», erwiderte er fahrig.
«Also, vor sieben Jahren ist in Bremen, im Stadtteil Schwachhausen, eine junge Frau in ihrem Bett verbrannt. Sie hatte auf einem defekten Heizkissen gelegen und vermutlich ihren Rausch ausgeschlafen.»
«Warum haben wir das gestern nicht gefunden?»
«Es war unter Wärmekissen verschlagwortet», erwiderte die Frau bedauernd.
«Haben Sie noch weitere Fälle gefunden?»
«Nein, nur diesen einen. Das heißt, vor einigen Jahren ist eine alte Frau, die stark gehbehindert war, aufgrund ihres defekten Heizkissens im Bett umgekommen. Aber ich glaube, den Fall hatten Sie gestern schon entdeckt.»
Steenhoff bat die Archivarin, ihm den Artikel über die verbrannte junge Frau auf das Faxgerät der Gaststätte zu schicken. Fünf Minuten später saßen sie zu dritt über dem Ausdruck.
«Studentin bei lebendigem Leib im Bett verbrannt», las Petersen mit gedämpfter Stimme vor. «Nach einem Wohnungsbrand in einem Zweizimmerapartment in der Georg-Gröning-Straße in Schwachhausen machte die Feuerwehr gestern am frühen Morgen eine furchtbare Entdeckung. In den Resten des nahezu vollständig verkohlten Bettes entdeckten sie eine Leiche. Bei den menschlichen Überresten dürfte es sich laut Pressestelle um die 24 -jährige Mieterin Gabriela S. handeln. Im Schutt ihres Schlafzimmers fanden die Helfer mehrere Flaschen Wein und Cognac. Ob die junge Frau in der Nacht einen Rausch ausschlief und das Feuer deswegen nicht rechtzeitig bemerkte, müssen nun weitere Ermittlungen klären. Ein Sprecher der Feuerwehr betonte, dass es in den vergangenen Jahren in der Bundesrepublik immer wieder zu Unfällen mit defekten Wärmedecken und -kissen gekommen sei. Der Fachmann warnte davor, die Decken und Kissen während des Schlafs eingeschaltet zu lassen.»
Steenhoff sah Rüttger an. «Erinnerst du dich an den Fall, Manfred?»
Rüttger schüttelte den Kopf. «Komisch.»
Als er das Datum sah, stutzte er.
«Das war im Januar. Damals war ich mit meiner Frau in Thailand. Den Fall müssen meine Kollegen bearbeitet haben.»
Er holte sein Handy heraus und wählte eine Nummer. «Gleich werden wir wissen, wer Gabriela S. ist und ob sie noch Verwandte in Bremen hat.»
Rüttger stand auf und ging, während er telefonierte, vor die Tür. Steenhoff und Petersen warteten.
Petersen strich sich ihre langen dunklen Haare aus dem Gesicht und schlang sie mit ein paar geschickten Drehungen zu einem Knoten. Zwei Strähnen lösten sich und umrahmten ihre ebenmäßigen Züge. Steenhoff fand, sie sah hinreißend aus. Aber er saß lange genug mit seiner Kollegin in dem engen Büro im Polizeipräsidium zusammen, um nicht Spuren von schlaflosen Nächten und durchweinten Stunden unter dem Make-up zu bemerken.
«Wie geht es dir und Vanessa?», fragte er unvermittelt.
Petersen zuckte zusammen.
«Ganz gut», antwortete sie und verzog das Gesicht zu einer Grimasse, die ein Lächeln sein sollte.
«Also beschissen», fasste Steenhoff nüchtern
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