Brandfährte (German Edition)
frühstückten miteinander und suchten beide krampfhaft nach belanglosen Themen. Immer wieder legte sich eine ungewohnte Stille zwischen sie. Schließlich nahm Steenhoff das Gespräch wieder auf und erzählte Ira von seiner Abmachung mit Katrin. Ira weigerte sich zunächst, gab aber nach, als Steenhoff sie eindringlich bat, nicht allein im Haus zurückzubleiben.
«Und was wirst du machen?», fragte sie besorgt.
«Ich werde mich mit Petersen und Rüttger treffen und mich in Worpswede und Fischerhude umschauen.»
«Ich dachte, die beiden dürfen im Moment keinen Kontakt zu dir aufnehmen?»
«Das stimmt. Aber es muss ja niemand wissen», erwiderte Steenhoff.
«Und wie willst du deine Kollegen loswerden? Vermutlich werden wir doch auch abgehört.»
«Das will ich hoffen», sagte Steenhoff und blinzelte ihr zu. Nachdem Ira und Ben mit einem Taxi zu Katrin gefahren waren, rief Steenhoff über das Handy, das ihm Petersen gegeben hatte, im Büro an. Doch bevor Petersen abnehmen konnte, schalt er sich einen Idioten, drückte das Gespräch weg und wählte die Nummer der Sekretärin im Präsidium. Er wusste, dass Marianne Schwenning nichts auf ihn kommen ließ. Bei ihr hatte er einen Stein im Brett. Entsprechend mitfühlend erkundigte sie sich nach seiner Situation. Ausführlich schilderte Steenhoff, wie Ira litt und dass er sich große Sorgen um sie machte. Er gab seiner Stimme einen deprimierten Klang. Es fiel ihm leichter, als er gedacht hatte. «Entschuldige, wenn ich dich aufgehalten habe. Aber ich wollte einfach mal mit einem von euch reden, und den anderen ist es ja untersagt, mich anzurufen.» Marianne Schwenning floss über vor Mitgefühl.
«Sei so gut, grüße Navideh von mir», sagte er abschließend und verabschiedete sich von der Sekretärin.
Fünf Minuten später klingelte das Handy. Seine Rechnung war aufgegangen. Marianne Schwenning war sofort zu Petersen gelaufen, um sie von Steenhoff zu grüßen. Petersen hatte den Anruf bei der Sekretärin richtig gedeutet und war nach einem kurzen Gespräch mit der Frau wieder in das Nachbarbüro gegangen, um ihn vom Apparat eines Kollegen zurückzurufen. Petersen sagte sofort zu, als er sich in einem abgelegenen Gasthof an der Weser mit ihr und Rüttger verabreden wollte.
«Und wie willst du deine Schatten loswerden?», erkundigte sie sich ebenso beunruhigt wie Ira.
«Wir werden eine falsche Fährte legen.»
«Wir?»
«Ja. Ich werde dich gleich auf dem Festnetz im Büro anrufen.» Er lachte kurz auf. «Frehls soll doch auch mal ein Erfolgserlebnis haben.»
Das Handy in seiner Brusttasche vibrierte, während Frehls mitten in einer Besprechung mit dem Präsidenten saß. Unwillig sah er auf sein Display. Eine Telefonnummer aus dem 1 . K. Sie wussten, dass er heute Morgen beim Präsidenten war. Es musste wichtig sein. Entschuldigend sah er seinen obersten Chef an. «Ich fürchte, ich muss das Telefonat kurz annehmen.»
Eberhard Leinen gab stumm seine Zustimmung, goss sich die nächste Tasse Kaffee ein und öffnete eine neue Schachtel Zigaretten. Schon nach den ersten Sätzen wusste Frehls, dass er sofort ins Kommissariat zurückmusste.
«Ist es wegen Steenhoff?», fragte Eberhard Leinen ernst.
«Ja. Da scheint etwas ins Rollen zu kommen. Wir müssen schnell handeln.»
«Ermittlungen haben Vorrang vor Dienstbesprechungen. Aber halte mich auf dem Laufenden», befahl Leinen und inhalierte einmal tief. Dann drückte er seine gerade angezündete Zigarette im Aschenbecher aus.
Leinen sah Frehls direkt an: «Es wird Zeit, dass wir Steenhoff entweder überführen oder entlasten können. Seine Freistellung vom Dienst spaltet die Kripo. Petersen und Rüttger sind nicht die Einzigen, die hinter ihm stehen.»
Während Frehls über den Hof des Präsidiums eilte, gingen ihm die Worte noch mal durch den Kopf. Eberhard Leinen hatte seine Arbeit bislang nicht kritisiert. Dennoch spürte er als erfahrener Ermittler, dass der Polizeipräsident trotz aller Indizien nicht von Steenhoffs Schuld überzeugt war. Verärgert nahm er die Stufen in den zweiten Stock des Kommissariats im Laufschritt. Gegen den eigenen Kollegen ermitteln zu müssen war die schlimmste Situation, die er sich vorstellen konnte. An manchen Tagen fühlte er sich wie ein Aussätziger, wenn er in der Kantine wieder die missbilligenden Blicke der Kollegen aus den anderen Abteilungen im Rücken spürte. Verdammt, er hatte sich wahrlich nicht um diesen Fall gerissen. Aber die Tatsache, dass er und Steenhoff
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