Brandfährte (German Edition)
immer ein distanziertes Verhältnis zueinander hatten, war für den Kommissariatsleiter Grund genug gewesen, ausgerechnet ihn als Hauptsachermittler auszusuchen. Am Anfang war er dennoch skeptisch gewesen. Doch inzwischen war er sich sicher, dass Steenhoff Opfer einer unerfüllten Leidenschaft für seine attraktive Mieterin geworden war. Er hatte die Frau halb totgeschlagen und in ihrem Blut liegen lassen. Dafür musste Steenhoff zur Rechenschaft gezogen werden.
Energisch riss er die Bürotür auf. Sein jüngerer Kollege schaute nur kurz auf.
«Er hat sich am Telefon verplappert. Steenhoff trifft sich heute Mittag mit Petersen und Rüttger in einer Gaststätte in Kirchweyhe, in der Nähe von Bremen. Er will ihnen dort etwas übergeben», sprudelte der junge Mann sofort los.
Die Stimme des Mannes klang triumphierend. «Soll das MEK ihn observieren?»
«Nein. Steenhoff wird damit rechnen und auf der Hut sein», erwiderte Frehls.» Er überlegte kurz. «Wir werden vor ihm in der Gaststätte sein und ihn und die anderen dort erwarten.» Fassungslos schüttelte Frehls den Kopf. «Dass die Petersen da mitmacht, wundert mich nicht. Aber von Rüttger hätte ich das nicht gedacht.»
«Sie hat ihm im Telefonat ordentlich den Kopf gewaschen und wollte erst nicht dorthin fahren», sagte der Mann fast entschuldigend.
«Du gehörst wohl auch zu ihrem Fankreis», fuhr ihn Frehls barsch an. Sein Kollege schaute verlegen auf den Monitor und zuckte mit den Schultern.
«Immerhin lässt sie ihn nicht fallen», sagte er kleinlaut.
Frehls schnaufte aufgebracht. «Der Typ hat eine Frau schwer verletzt, und dich beeindruckt die grenzenlose Solidarität unserer naiven, schönen Kollegin! Die wird dafür noch mächtig büßen.» Mit einem lauten Knall schlug die Tür hinter ihm zu.
24
Steenhoff bog die mannshohe Hecke am äußersten Ende seines Grundstücks ein kleines Stück auseinander und suchte die Straße mit den Augen ab. Er hatte richtig getippt. Der Volvo war weg. Die Männer vom Mobilen Einsatzkommando warteten jetzt auf Anweisung von Frehls in der Gaststätte in Kirchweyhe auf ihn.
Steenhoff ging zurück zum Haus, stellte sich unter die Dusche und fuhr anschließend Richtung Bollen.
Die Gaststätte lag direkt an der Weser hinterm Deich. Eine einzige Stichstraße führte schnurgerade mehrere Kilometer weit durch die Marschenlandschaft auf das Haus zu. Jeder, der sich der Gaststätte nähern würde, wäre schon von weitem zu sehen. Wie besprochen kamen Rüttger und Petersen im Taxi. Ihr eigenes Fahrzeug hatten sie in Achim, der nächstgelegenen Kleinstadt, in einer Seitenstraße stehen lassen. Sollten Frehls und seine Leute wider Erwarten auftauchen, wären seine beiden Kollegen rechtzeitig gewarnt und könnten über den Deich verschwinden.
Nur drei ältere Bauern saßen an einem Nebentisch und unterhielten sich lautstark auf Plattdeutsch. Als Petersen hereinkam, sahen sie sie nur kurz an und wandten sich wieder ihren Schnapsgläsern zu.
Steenhoff kam ohne viele Worte sofort zur Sache. «Man kann es drehen und wenden, wie man will: Es spricht alles dafür, dass Maike Ahlers’ Mörder auch Martina Benke angegriffen und schwer verletzt hat, und zwar um mich aus dem Fall zu kicken oder ganz auszuschalten. Möglicherweise bin ich dem Täter schon in früheren Jahren einmal in die Quere gekommen, als Privatmann oder wahrscheinlicher als Polizist. Dazu müsste ich meine alten Fälle noch einmal durchgehen. Aber ich fürchte, wir haben wenig Zeit, Frehls wird irgendwann handeln müssen.»
«Oder du hast ihn aus seiner Sicht bei den Ermittlungen im Fall Ahlers unbewusst gekränkt oder beleidigt», warf Petersen ein.
«Ja, daran habe ich auch schon gedacht», sagte Steenhoff nachdenklich. Er wandte sich an Rüttger. «Manfred, ich möchte, dass du in dem Fall sämtliche Pressemitteilungen, Interviews und Fernsehbeiträge unter diesem Aspekt überprüfst.»
Dann wandte er sich an Petersen.
«Navideh, hier ist eine Liste von Ateliers und Künstlern in Fischerhude und Worpswede, die Malkurse anbieten. Vielleicht hat Maike Ahlers ihren Mörder nicht in Bremen, sondern dort kennengelernt. Angeblich waren sie ja beide an den Worpsweder Künstlern interessiert.» Rüttger sah ihn fragend an. «Manche der Künstler sind vor hundert Jahren nach Fischerhude gezogen, weil es ihnen in Worpswede zu überlaufen war.»
«Wenn die wüssten, wie viele Leute inzwischen jedes Jahr dorthin fahren», warf Petersen ein.
Gemeinsam gingen sie
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