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Brandfährte (German Edition)

Brandfährte (German Edition)

Titel: Brandfährte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rose Gerdts
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und wirkte auf vielen Bildern freundlich. Erst bei genauerem Hinsehen strahlte sie etwas Unnahbares aus. Steenhoffs Blick blieb an ihrem sinnlichen Mund hängen.
    «Gabriela ist hübsch», stellte Steenhoff anerkennend fest, als Marlene Senkers mit dem Tablett wieder ins Zimmer hereinkam. Unwillkürlich war er in die Gegenwart verfallen.
    «Ja, sie war nie ohne Verehrer», antwortete die Mutter stolz. «Nach ihrem Unfall hat einer sogar einen Nachruf in die Zeitung gesetzt. Dabei mochte sie den gar nicht so gerne.»
    Marlene Senkers goss Steenhoff ungefragt einen Kaffee mit Milch ein.
    «Ich glaube, der war ihr einfach ein paar Jahre zu alt. Obwohl er ganz manierlich aussah.»
    «Sie kannten ihn?», fragte Steenhoff überrascht.
    «Nein, sie hat mir einmal ein Bild von ihm gezeigt, das er ihr geschenkt hatte. Der Mann war völlig vernarrt in sie. Ich glaube, sie fand es schon richtig lästig.»
    «An seinen Namen können Sie sich nicht zufällig erinnern?», fragte Steenhoff gespannt.
    Marlene Senkers schüttelte den Kopf, zündete sich eine Zigarette an und schlug mit den mageren Fingern ihrer linken Hand das Fotoalbum um.
    «Aber ich habe alle Traueranzeigen eingeklebt.»
    Ein gelblicher Zeigefinger tippte auf eine kleine, rechteckige Traueranzeige. «Da. Das ist seine.»
    Sie schnäuzte sich wieder.
    «Er hat ihr einen wunderschönen Kranz aus Lilien aufs Grab gelegt.»
    Hastig überflog Steenhoff die wenigen Zeilen.
    «In tiefer Trauer um eine einzigartige Frau. Ich werde dich nie vergessen. Richard.»
    «Richard? Und wie weiter?»
    Die Frau zuckte mit den Schultern. «Ich habe ihn nie persönlich kennengelernt. Aber warum interessieren Sie sich eigentlich so für ihn? Und warum all diese Fragen so viele Jahre nach dem schrecklichen Unfall?»
    Steenhoff wiegelte ab und erklärte ihr, dass die Beamten im aktuellen Mordfall zig Spuren nachzugehen hatten, von denen sie die meisten nur zu völlig unbescholtenen Männern führten. «Aber das ist eben unser Job. Unter tausend Hinweisen ist mit Glück einer, der uns zum Täter führen könnte.»
    Die Frau nickte. Es war ihr anzusehen, dass sie nicht verstand. Aber sie fragte nicht weiter.
    Steenhoff ließ sich noch einmal das Album geben und wollte wissen, ob Verwandte oder Freunde bei der Trauerfeier Fotos gemacht hätten. Mit einem Handgriff hatte Marlene Senkers die richtige Seite aufgeschlagen. Doch seine Hoffnung wurde enttäuscht. Der Fotograf hatte lediglich den von Kränzen überladenen Sarg abgelichtet. Von den Trauergästen gab es keine Bilder.
    «Wissen Sie, was dieser Richard damals gearbeitet hat?»
    Es war reine Routine. Er rechnete nicht mit einer Antwort. Doch Marlene Senkers nickte zögernd. «Ich glaube, der war bei einer Versicherung. Im Außendienst. Irgendwo an der Schlachte. Er hatte meine Tochter mal in sein Büro eingeladen und war mit ihr anschließend fein essen gegangen.»
    «Wie kommt es, dass Sie sich daran so gut erinnern können?»
    «Gabriela schwärmte von der Aussicht, die er aus seinem Büro hatte. Direkt auf die Weser und die Schiffsanleger. Aber seinen Job fand sie todlangweilig.» Marlene Senkers löste ihre Haarspange, nahm sie in den Mund und zwirbelte sich ihre dünnen langen Haare zu einem Dutt, den sie mit einer raschen Bewegung wieder feststeckte.
    «Versicherungskaufmann ist nicht gerade der Beruf, der eine junge Frau wie Gabriela faszinieren konnte.»
    Wenige Minuten später stand Steenhoff erneut vor dem Fahrstuhl. Er hatte eine SMS von Petersen erhalten. Sie hatte bereits in drei Ateliers vergeblich nach einer Maike Ahlers gefragt. Eilig lief er zu seinem Auto. Er bemerkte nicht, dass Marlene Senkers ihn aus ihrem Küchenfenster beobachtete. Zehn Minuten später hatte sie sich gerade eine neue Zigarette angezündet, als es wieder bei ihr klingelte. Sie vermutete, dass der nette Kripobeamte etwas vergessen hatte, und öffnete sofort die Tür, um im Flur auf ihn zu warten. Erschrocken fuhr sie zurück. Vor ihr stand ein Unbekannter, der blitzartig einen Fuß zwischen Türblatt und Rahmen setzte.
     
    Steenhoff schlenderte an der Schlachte entlang. Die im Sommer von vielen Besuchern bevölkerte Uferpromenade im Zentrum der Stadt mit ihren vielen Cafés und Restaurants hatte einst im 13 . Jahrhundert ihren Namen von den zur Uferbefestigung eingeschlagenen Pfählen erhalten. Die alten Packhäuser und die Firmensitze der alten Kaufleute dienten heute Rechtsanwälten und Unternehmen als prominente Adresse. Zweimal lief er die

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