Brandhei
Vielzahl von Frauen …
Der lockere, unverkrampfte Eddie ließ sich durch fast nichts aus der Ruhe bringen. Jetzt aber wandte er sich zu ihr, wobei seine Augen so zornig funkelten, wie sie es bei ihm noch nie erlebt hatte. »Was zum Teufel ist das da?« Er zeigte auf Sierras blutige Flanken. »Jake hat gesagt, dass jemand das mit Absicht getan hat.«
»Sieht so aus.« Callie betrat Sierras Box, ignorierte ihre schmerzenden Rippen und schlang dem Pferd die Arme um den Hals. Sierra legte ihren großen Kopf auf Callies Schulter und schnaubte ihr einen weichen, willkommenen Atemzug ins Ohr.
»Niemand hier ist so dumm oder grausam«, sagte Eddie. »Niemand.«
»Ich kann mir das auch nicht vorstellen.«
Eddie fuhr sich unwirsch durchs Haar und packte Callie
am Arm. »Jake hat gesagt, dass du dir auch ein paar Blessuren geholt hast. Alles in Ordnung?«
Widerstrebend entzog sie sich Sierra. Sie hatte rasende Kopfschmerzen. »Nichts, was ein heißes Bad nicht wieder in Ordnung bringen könnte.« Sie küsste Sierra auf die Stirn, dann überließ sie sie Eddies Fürsorge. Sie begab sich ins Haupthaus. Normalerweise machte sie als Erstes eine große Kanne Kaffee. Vom Duft angezogen, strömten dann ihre Leute, die bereits ihren eigenen Arbeiten nachgingen, einer nach dem anderen ins Haus. Mehrmals in der vergangenen Woche, seit Kathy gegangen war, hatte sie sogar versucht, Frühstück zu machen. Alle aßen zwar davon, aber schließlich hatten sie sie angefleht, doch lieber beim Kaffee zu bleiben. Sie hatte sich sofort einverstanden erklärt.
Doch als Callie heute durch die große Diele auf die Küche zuging, erfüllte der Duft von Kaffee bereits den Raum. Kaffee und etwas … Zimtartiges. Sie trat durch die Schwingtür, aber als sie hinter ihr zuschwang, zuckte die junge Frau, die dort stand, zusammen wie vom Blitz getroffen.
Callies Lächeln erstarb. War da ein Anflug von Schuldbewusstsein über Amys Gesicht gehuscht? Sie trat näher. »Morgen.«
»Morgen«, murmelte Amy und drehte sich wieder zum Ofen um.
»Alles in Ordnung mit Ihnen?«
»Natürlich.« Kaum achtzehn, hatte es Amy ungefähr auf die gleiche Art auf die Ranch verschlagen wie Callie.
Auch sie war arm und heimatlos gewesen.
Außerdem hatte sie, wie Callie vermutete, Angst vor dem eigenen Schatten. Callie betrachtete das zierliche, dunkelhaarige, magere Mädchen, das einen so schmerzvollen Blick
hatte, und versuchte es sich als jemanden vorzustellen, der einem Pferd Gewalt antun könnte. Das war schlicht ausgeschlossen. »Irgendwas duftet hier ganz intensiv.«
»Ja. Die Zimtbrötchen.« Amy wischte sich die Hände an einem Handtuch ab, das sie sich über die Schulter gelegt hatte. Ihre Jeans waren abgewetzt und wiesen an den Knien Löcher auf, was allerdings nichts damit zu tun hatte, dass Amy modisch sein wollte. Sie trug ein T-Shirt, das die Öffentlichkeit dazu aufforderte, SICH ZUM TEUFEL ZU SCHEREN.
Callie betrachtete das T-Shirt und verzog das Gesicht. Sie hatte mit Amy noch nicht darüber gesprochen, was als geeignetes Outfit für die Arbeit auf der Ranch gelten konnte, sobald Gäste anwesend waren; sie hatte einfach nicht daran gedacht. »Wie lange sind Sie schon auf?«
»Eine Weile.«
»Waren Sie im Pferdestall?«
»Wie bitte?« Amy sah sie überrascht an. »Nein, wieso?«
»Jemand ist gestern Nacht oder heute Morgen hineingegangen und hat Sierra den Sattel aufgelegt.«
»Warum?«
»Ich weiß es nicht, aber es hat sie wirklich verängstigt. Sie hat sich die Flanken bis aufs rohe Fleisch aufgescheuert …«
Die Zeituhr am Ofen klingelte. Amy zog eine große Glasform heraus; ihr Gesicht war rot von der Hitze, ihre dünnen Arme verrieten überraschende Kräfte, als sie die Glasform anhob. Sie blies sich eine Strähne ihres dunklen Haars aus dem Gesicht, stellte die Glasform auf den Herd und schaute darauf, als suchte sie nach Fehlern. »Das ist ein Eier-Würstchen-Kartoffel-Auflauf, aber wir hatten keine Kartoffeln. Nur tiefgefrorene Kroketten...«
Allein der Duft zog Callie geradezu magisch an. »Ich esse Kroketten unheimlich gern. Hören Sie... was Sierra betrifft. Ich muss herausfinden, was da passiert ist …«
»Ich war nicht im Pferdestall, ich schwöre es.«
Callie sah, dass Amy unsicher wirkte, und rang sich ein beruhigendes Lächeln ab. »In Ordnung.«
»Ich war gestern Abend bis spät hier im Haupthaus, habe mich umgesehen, wo Sie alles aufbewahren, und Listen und so angefertigt, anschließend bin ich geradewegs in meine
Weitere Kostenlose Bücher