Brandherd
früheren Besitztümer schwelten immer noch auf Haufen vor sich hin, die nicht vollständig unter Wasser standen, doch das meiste, was ich zusammenharkte, war kalt und durchdrungen vom übelkeitserregenden Geruch verbrannten Bourbons.
Unsere Sichtungsarbeiten gingen den ganzen Vormittag weiter, und während ich mich Quadratmeter für Quadratmeter durch ekelhaftes Zeug arbeitete, tat ich das, worauf ich mich am besten verstand. Ich befühlte alles, und wenn ich einen Umriss ertastete, der mich beunruhigte, zog ich die schweren Feuerhandschuhe aus und befühlte ihn gründlich mit meinen nur von Latexhandschuhen geschützten Fingern. McGovern und ihre Mannschaft waren überall verteilt und mit ihren eigenen Vermutungen beschäftigt, und es war fast Mittag, als sie wieder zu mir gewatet kam.
»Na, halten Sie durch?«
»Danke, ich halte mich auf den Beinen.«
»Nicht schlecht für eine Schreibtischdetektivin.« Sie lächelte.
»Ich nehm das mal als Kompliment.«
»Sehen Sie, wie gleichmäßig das Ganze verbrannt ist?« Sie wies mit einem rußgeschwärzten, behandschuhten Finger um sich.
»Vollbrand, konstant bis in den letzten Winkel des Hauses.
Flammen so heiß und hoch, dass sie die beiden oberen Stockwerke verbrannt haben und so gut wie alles, was darin war. Hier haben wir es nicht mit irgendeinem Kurzschluss zu tun, einen versehentlich angelassenen Lockenstab oder Öl, das in Brand geraten ist. Dahinter steckt ein großer und intelligenter Plan.«
Mir war im Lauf der Jahre schon öfter aufgefallen, dass Leute, die Brandbekämpfung machten, über Feuer sprachen, als handelte es sich um etwas Lebendiges, ein Wesen mit einem eigenen Willen und einer eigenen Persönlichkeit. McGovern begann, an meiner Seite zu arbeiten, und was sie nicht beiseite schleudern konnte, das häufte sie in einer Schubkarre auf. Ich polierte etwas, das sich als Stein herausstellte, aber auch ein Fingerknochen hätte sein können, und sie wies mit dem hölzernen Ende ihres Rechens in den wolkenbedeckten Himmel.
»Das oberste Stockwerk wird als letztes eingestürzt sein«, erklärte sie mir. »Mit anderen Worten, die Trümmer vom Dach und vom ersten Stock müssten hier unten zuoberst liegen. Das ist vermutlich das Zeug, in dem wir gerade herumwühlen.« Sie stieß mit dem Rechen gegen einen verdrehten Eisenträger, der einmal das Dach gestützt hatte. »Genau«, fuhr sie fort. »Deshalb liegt hier überall Isolierzeug und Schiefer herum.«
Und so ging es weiter, und keiner machte länger als ein e Viertelstunde Pause. Die örtliche Feuerwehr versorgte uns laufend mit Kaffee, Mineralwasser und Sandwiches und hatte Quarzlampen aufgestellt, sodass wir in unserem nassen Loch genügend Licht hatten. An jeder Seite saugte eine Prosser-Pumpe Wasser durch ihren Schlauch und spie es außerhalb der Granitmauern wieder aus, und nachdem schon Tausende Gallonen ausgepumpt waren, schienen unsere Bedingungen sich immer noch nicht wesentlich verbessert zu haben. Es dauerte Stunden, bis der Pegel merklich sank.
Um halb drei konnte ich es nicht mehr aushalten und ging wieder hinaus. Ich hielt kurz Ausschau nach der verdächtigsten Stelle, und die befand sich unter den ausladenden Ästen einer großen Tanne in der Nähe der rauchenden Ställe. Meine Hände und Füße waren taub, doch unter der schweren Schutzkleidung schwitzte ich, während ich mich hinhockte und nervös den Blick schweifen ließ, für den Fall, dass es irgendjemandem einfiele, meine Richtung einzuschlagen. Dann wappnete ich mich für den Anblick der Ställe, die ich jetzt einen nach dem anderen abgehen wollte. Der Gestank des Todes stach mir in die Nase und schien sich in meinem Schädelinnern festzusetzen.
Die Pferde boten einen jämmerlichen Anblick, wie sie da aufeinander getürmt lagen, die Vorderbeine angewinkelt, die Haut aufgeplatzt vom Anschwellen und Schrumpfen kochenden Fleischs.
Stuten, Hengste, Wallache waren bis auf die Knochen verbrannt, und immer noch stieg Rauch von den Kadavern auf wie von verkohltem Holz. Ich hoffte nur, dass sie einer Kohlenmonoxidvergiftung erlegen waren, ehe die Flammen sie erreicht hatten.
Ich zählte neunzehn Kadaver, darunter zwei Jährlinge und ein Fohlen. Der Gestank von verbranntem Pferdehaar und Tod nahm mir den Atem und umhüllte mich wie ein schwerer Mantel, als ich über den verschmutzten Rasen wieder auf die ausgebrannten Mauern des Wohnhauses zuging. Am Horizont beobachtete mich wieder der einzige Überlebende, der, vereinsamt und
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