Brandherd
gänzlich reglos, ein Bild der Trauer bot. McGovern stieß und schaufelte und schleuderte immer noch Trümmer aus dem Weg, und ich sah ihr an, dass sie müde wurde, was mich ungemein freute. Der Tag war mittlerweile weit fortgeschritten. Der Himmel war dunkler geworden und der Wind schneidender.
»Das Fohlen ist immer noch da«, sagte ich zu ihr.
»Wenn es bloß reden könnte.« Sie richtete sich auf und massierte sich das Kreuz.
»Es läuft doch nicht grundlos frei herum«, sagte ich. »Es ist unsinnig anzunehmen, dass es von allein dort rausgekommen sein könnte. Ich hoffe, irgendjemand hat die Absicht, sich um das Tier zu kümmern?«
»Wir arbeiten daran.«
»Könnte nicht einer der Nachbarn helfen?« Ich ließ nicht locker, weil das Pferd mir wirklich ans Herz ging.
Sie bedachte mich mit einem langen Blick und wies mit dem Finger nach oben.
»Hauptschlafzimmer und -bad waren genau hier über uns«, verkündete sie, während sie eine zerbrochene Marmorplatte aus dem schmutzigen Wasser hob. »Messingarmaturen, Marmorboden, Massagedüsen vom Jacuzzi. Der Rahmen eines Oberlichts, das übrigens zur Zeit des Brandes geöffnet war. Wenn Sie eine gute Handbreit nach links fassen, stoßen Sie unmittelbar auf die Überreste der Badewanne.«
Der Wasserpegel sank nun kontinuierlich, während die Pumpen saugten und auf dem Rasen kleine Flüsse entstehen ließen. In unserer Nähe zogen Brandermittler ein Stück antiken Eichenholzboden aus dem Wasser, der an der Oberfläche bis auf wenige Stellen stark verkohlt war. Auch dies ein weiterer Beweis dafür, dass der Brandherd im ersten Stock im Hauptwohnbereich zu suchen war, etwa an der Stelle, wo wir Messinggriffe von Schränken und Mahagonimöbeln und Hunderte von Kleiderbügeln fanden. Wir gruben uns durch verbranntes Zedernholz und die Überreste von Herrenschuhen und -kleidung aus den Schränken des Ankleidezimmers.
Gegen fünf Uhr war das Wasser um einen weiteren Fuß gefallen und hatte eine Landschaft bloßgelegt, die mit ihren verkohlten Gehäusen von Elektrogeräten und den Couchrahmen wie eine verbrannte Müllhalde aussah. McGovern und ich gruben immer noch im Bereich des Hauptbadezimmers, fischten Medizinfläschchen und Shampoos und Body Lotions heraus, als ich endlich einen ersten schrecklichen Blick auf das Angesicht des Todes warf. Sorgfältig wischte ich den Ruß von einer gezackten Glasscheibe.
»Ich glaube, wir haben was«, sagte ich, und meine Stimme schien vom tropfenden Wasser und den saugenden Pumpen verschluckt zu werden. McGovern richtete ihre Taschenlampe auf meine Hände und erstarrte.
»Mein Gott«, sagte sie entsetzt.
Milchige tote Augen schimmerten uns durch ein tropfnasses Stück Glas entgegen.
»Ein Fenster, vielleicht eine gläserne Duschtür ist auf die Leiche gefallen und hat immerhin etwas von ihr davor bewahrt, bis zur Unkenntlichkeit zu verbrennen«, sagte ich.
Ich schob noch mehr zerbrochenes Glas beiseite, und es verschlug McGovern vorübergehend die Sprache, als sie auf einen grotesk entstellten Leichnam starrte, der, wie ich sofort wusste, nicht der von Kenneth Sparkes war. Der obere Teil des Gesichts war flach gegen dickes, gesprungenes Glas gepresst, und die Augen waren von einem stumpfen, bläulichen Grau, weil ihre ursprüngliche Farbe herausgekocht worden war. Sie spähten unter dem verbrannten Jochbein zu uns empor. Strähnen von langem, blondem Haar hatten sich gelöst und waberten gespenstisch im abfließenden, schmutzigen Wasser, und es gab weder Nase noch Mund, nur kreideweiße, kalzinierte Knochen und Zähne, die verbrannt waren, bis an ihnen nichts Organisches mehr übrig geblieben war.
Der Hals war teilweise unversehrt, der Rumpf von noch mehr zerbrochenem Glas bedeckt, und mit dem gekochten Fleisch verschmolzen war ein dunkler Stoff, der eine Bluse oder ein Hemd gewesen war. Ich konnte die Webart noch erkennen. Gesäß und Hüften waren ebenfalls unter dem Glas verschont geblieben.
Das Opfer hatte Jeans getragen. Die Beine waren bis auf die Knochen verbrannt, doch Lederstiefel hatten die Füße geschützt.
Unterarme und Hände fehlten, und ich konnte keine Spur der dazugehörigen Knochen finden.
»Wer zum Teufel ist das?«, fragte McGovern erstaunt. »Hat Sparkes mit jemandem zusammengelebt?«
»Ich weiß nicht«, sagte ich und schöpfte mehr Wasser weg.
»Können Sie sagen, ob die Leiche weiblich ist?«, fragte McGovern, während sie sich darüber beugte, die Taschenlampe immer noch in der Hand.
»Ich
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