Brandherd
in dem Bad nichts als eine Badematte und Handtücher. Die Wandschränke und Armaturen waren maßgefertigt und aus gebürstetem Stahl. Die Dusche hatte eine Glastür, das Fenster hauchdünne Vorhänge.«
Sie schwieg eine Weile, während die Kaffeemaschine gurgelte.
»Also wovon sprechen wir?«, fuhr sie fort. »Fünf-, sechshundert Kilowatt für einen drei fünfzig mal vier Meter großen Raum? Klar, es gibt da noch eine andere Variable. Etwa, wie viel Luft durch die Türöffnung hereingeströmt ist ...«
»Wie steht es denn mit dem übrigen Haus? Sie haben doch gerade gesagt, da hätte es eine Menge brennbarer Masse gegeben?«
»Uns interessiert nur ein einziger Raum, Kay. Und das ist der Raum, wo das Feuer entstanden ist. Ohne einen Ursprung spielt die restliche Brandlast keine Rolle.«
»Verstehe.«
»Ich weiß, dass eine Flamme bis an die Decke des Badezimmers ging, und ich weiß, wie hoch die Flamme sein müsste und wie viele Kilowatt Energie für ein Übergreifen des Feuers benötigt würden. Und eine Badematte und vielleicht noch ein paar Handtücher und Vorhänge hätten nicht entfernt ausgereicht, um etwas Derartiges in Gang zu setzen.«
Ich wusste, dass ihre technischen Gleichungen, die sie anstellte, mathematisch fundiert waren, und ich bezweifelte kein Wort von dem, was sie sagte. Aber darauf kam es nicht an. Ich saß immer noch mit demselben Problem da. Ich hatte Grund zu der Annahme, dass wir es mit einem Mord zu tun hatten und die Leiche des Opfers sich, als das Feuer ausbrach, im Hauptbadezimmer mit seinen nichtbrennbaren Marmorböden, großen Spiegeln und stählernen Wandschränken befunden hatte.
»Was ist denn mit dem geöffneten Oberlicht?«, fragte ich McGovern. »Passt das zu Ihrer Theorie?«
»Es könnte. Doch auch hier gilt, dass die Flammen erst mal hoch genug sein mussten, um das Glas zu zerbrechen, und dann wäre die Hitze durch die Öffnung entwichen wie durch einen Kamin. Jedes Feuer hat seinen eigenen Charakter, doch bestimmte Verhaltensweisen sind immer gleich, weil sie physikalischen Gesetzen unterworfen sind.«
»Verstehe.«
»Es gibt vier Stadien«, fuhr sie fort, als hätte ich nicht die geringste Ahnung von diesen Dingen. »Erst entsteht die Lohe oder die Säule aus heißem Gas, Flammen und Rauch, die vom Feuer aufsteigen. Das wäre der Fall gewesen, wenn, sagen wir, die Badematte im Bad Feuer gefangen hätte. Je höher die Gase über der Flamme, dest o mehr kühlen sie ab und werden dichter. Sie vermischen sich mit Brand-Nebenprodukten und beginnen zu sinken, und der Zyklus wiederholt sich und erzeugt Rauchwirbel, der sich horizontal ausbreitet. Was als Nächstes hätte passieren sollen, wäre, dass diese heiße rauchige Schicht sich immer weiter gesenkt hätte, bis sie eine Öffnung fand, um abzuziehen - in diesem Fall dürfen wir annehmen, die Badezimmertür-Öffnung. Als Nächstes strömt die rauchige Schicht aus der Öffnung, während gleichzeitig frische Luft hereinströmt. Wenn das schnell genug geschieht, steigt die Temperatur an der Decke auf mehr als 600 Grad Celsius an, und wusch! - haben wir den klassischen Flashover - ein voll entwickeltes Feuer.«
»Ein voll entwickeltes Feuer im Badezimmer«, sagte ich.
»Und von dort aus greift es über auf andere sauerstoffangereicherte Räume, wo es genügend Brandlast gibt, damit das Haus bis auf die Grundmauern abbrennen kann«, erwiderte sie. »Es ist also nicht die Ausbreitung des Feuers, die mir Kopfzerbrechen macht. Es geht um den Brandherd. Wie gesagt, eine Badematte und Vorhänge hätten nicht ausgereicht, es sei denn, es wäre noch etwas anderes da gewesen.«
»Vielleicht war das ja der Fall«, sagte ich und stand auf, um Kaffee einzugießen. »Wie möchten Sie Ihren Kaffee?«
»Mit Milch und Zucker.«
Ihr Blick folgte mir.
»Aber nicht dies künstliche Zeug, bitte.«
Ich trank meinen schwarz und stellte die Becher auf den Tisch, während McGoverns Blick in meinem neuen Büro umherschweifte. Gewiss, es war größer, heller und moderner als das, was ich in dem alten Gebäude, Ecke Fourteenth und Franklin, gehabt hatte, doch in Wirklichkeit hatte ich keinen Raum dazugewonnen. Da s Schlimmste war, dass ich mit einem Chefbüro geehrt worden war, einem Eckraum, der hauptsächlich aus Fenstern bestand, und jeder, der sich mit Ärzten auskennt, weiß, dass wir vor allem Wände für Bücherregale brauchen und nicht etwa kugelsichere Fensterfronten, mit Blick auf einen Parkplatz und den Petersburg Turnpike. Meine
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