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Brandstifter - Paretsky, S: Brandstifter - Burn Marks

Brandstifter - Paretsky, S: Brandstifter - Burn Marks

Titel: Brandstifter - Paretsky, S: Brandstifter - Burn Marks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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ich gekommen bin. Es macht nichts, wenn ich zweimal umsteigen muß, wissen Sie – ich weiß neuerdings sowieso nicht, was ich mit meiner Zeit anfangen soll.«
    Die Erregung, die ich empfunden hatte, als ich mich daran erinnerte, daß ich Vinnie am Brandort gesehen hatte, legte sich, als Zerlina gegangen war, und mit ihr verging auch viel meiner früheren Euphorie. Es war schwer, an ihr Leben und an das von Elena zu denken und dennoch fröhlich zu bleiben. Dazu kam, daß es mir immer sinnloser schien, Vinnie als Brandstifter in Betracht zu ziehen. Vielleicht war er ein soziopathischer Pyromane, aber es wirkte wie ein unglaubwürdiger Zufall, daß er, kaum unter meiner Wohnung eingezogen, das Gebäude, in dem meine Tante wohnte, in Brand gesteckt hatte. Natürlich müssen auch Soziopathen irgendwo wohnen, und vielleicht wußte er gar nicht, daß meine Tante in einem Gebäude wohnte, das auf seiner Liste stand. Und vielleicht erklärte das, warum er so kurz nach dem Brand wach und gereizt gewesen war.
    Mein Kopf drehte sich sinnlos weiter. Schließlich zwang ich mich, ihn abzustellen. Ich blätterte rasch die Post durch. Zwei Schecks, bravo, und eine Handvoll Karten mit Genesungswünschen von Klienten. Die eindeutige Ramschpost warf ich weg. Die Rechnungen konnten zweifellos warten. Das eingegangene Geld würde meine Ausgaben von heute nachmittag decken.
    Ich zahlte die Schecks ein und hob zwei Hunderter ab. Damit bewaffnet ging ich Richtung Westen die Van Buren Street entlang und hielt Ausschau nach einem Laden, der Arbeitskleidung verkaufte. Das systematische Abrasieren des Loop, um Bauplatz für glitzernde Hochhäuser zu schaffen, hat die meisten kleineren Geschäfte vertrieben. Früher war die Van Buren Street vollgestopft mit Läden, in denen Armyartikel und Haushaltswaren verkauft wurden, aber nur die Peepshows und die Schnapsläden haben sich hartnäckig gehalten. Sie werden vermutlich zuletzt weichen.
    Ich mußte fast einen Kilometer gehen, ehe ich fand, was ich suchte. Ich kaufte einen Helm und einen schweren Overall mit Arbeitshandschuhen. Mit einsdreiundsiebzig bin ich groß für eine Frau, aber eine kleine Männergröße paßt mir gut.
    Alles sah zu neu aus, als daß es jemand davon überzeugt hätte, daß ich ein altgedienter Bauarbeiter sei. Im Büro legte ich den Overall auf den Boden und fuhr etliche Male mit dem Schreibtischstuhl darüber. Jetzt sah er neu, aber schmutzig aus.
    Ich habe im Aktenschrank Werkzeuge, mit denen ich das Frauenklo reparieren kann, das im Durchschnitt zweimal pro Monat kaputt ist. Weil Tom Czarnik alle weiblichen Mieter vertreiben will, nicht nur mich, habe ich im Lauf der Jahre die Anfangsgründe des Klempnerhandwerks gelernt. Ich holte den Schraubenschlüssel heraus und schlug ein paarmal auf den Helm ein. Er sah immer noch zu neu aus, aber ich konnte ihm noch ein paar künstliche Beulen und Kratzer verpassen. Das mußte reichen.
    Ich zog den Overall über die Jeans, steckte die Pistole in eine der tiefen Seitentaschen und meinen kleinen Bürovorrat an Werkzeugen in die zweite. Auf der Ryan-Baustelle nützten sie mir nichts, aber ich glaubte, sie verliehen mir einen Hauch Echtheit. Ich füllte den Inhalt meiner Handtasche um in diverse andere Taschen und machte das Licht im Büro aus. Die Wanderstiefel hatte ich im Auto gelassen. Ich würde sie erst anziehen, wenn ich die Baustelle erreicht hatte – zum Fahren waren sie zu hart. Ich nahm den Helm unter den Arm und ging. Dieses Mal war es das Bürotelefon, das ich ignorierte, als ich abschloß.
    Der Aufzug, der nur noch mühsam funktioniert hatte, als ich mit der Arbeitskleidung zurückgekommen war, hatte den Dienst jetzt ganz eingestellt. Ich straffte die Schultern und ging zum Treppenhaus.

34 Dampf von oben
    Ich band mir die Stiefel zu und wanderte über das Geröll auf der Rampe hinauf, auf dem ich letzte Woche in den Straßenschuhen herumgerutscht war. Ein gutes Paar Stiefel mit Stollen sorgt für einen gewaltigen Unterschied, ich kam zügig nach oben. Mit Helm und Overall paßte ich so gut ins Bild, daß niemand einen Blick für mich übrig hatte.
    Als ich den Seitenstreifen entlangtrottete, wurde mir klar, daß die Sorge, meine Kleider sähen zu neu aus, unnötig gewesen war – der Betonstaub überzog sie schnell. Ich holte die Sonnenbrille aus einer Vordertasche, um die Augen zu schützen, aber ich konnte nichts dagegen tun, daß der Staub in meine Lungen drang. Aber auch der trockene Husten trug zu meiner Echtheit

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