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Brandstifter - Paretsky, S: Brandstifter - Burn Marks

Brandstifter - Paretsky, S: Brandstifter - Burn Marks

Titel: Brandstifter - Paretsky, S: Brandstifter - Burn Marks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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meine. Mary Louise Neely, eine uniformierte Beamtin, die zum Team gehörte, saß auf der Schreibtischkante und redete mit ihm, während er tippte. Die Schreibmaschine war so laut, daß sie mich nicht kommen hörten.
    Die meisten Schreibtische waren leer. Um vier ist Schichtwechsel, deshalb waren die Einsatzbesprechungen schon vorbei. Fünf Uhr nachmittags tut sich nicht viel in der Welt des Verbrechens. Die Cops lassen es dann langsam angehen, besorgen sich etwas zu essen oder warten auf Zeugen, die von der Arbeit kommen, oder tun, was man eben so tut, wenn man eine kleine Atempause hat.
    Die Tür zu Bobbys Büro war geschlossen. Ich hoffte, daß er nach Hause gegangen war. Ich ging zu Finchleys Platz hinüber und unterbrach Officer Neely, als sie das Innere eines Jaguar XJS schilderte, den sie letzte Nacht verfolgt hatte. Mir wurde nicht recht klar, was ihr mehr Eindruck gemacht hatte, die schwarzen Ledersitze oder die drei Kilo Kokain darunter. Sie gab sich meistens stocksteif, aber jetzt gestikulierte und lachte sie, hatte direkt Farbe im blassen Gesicht.
    »Tag, Leute«, sagte ich. »Tut mir leid, daß ich störe.«
    Finchley hörte mit der einhändigen Hackerei auf. »Tag, Vic. Wollen Sie zu Mickey? Der ist im Moment nicht da.«
    Officer Neely zog sich hinter ihre farblose Fassade zurück. Sie murmelte etwas von »schriftlich berichten« und marschierte steif zu den Schreibtischen vorn.
    »Nur zum Teil – ich wollte wissen, ob er etwas über meine Tante herausbekommen hat. Sie ist jetzt seit vier Tagen vermißt, wissen Sie. Und ich habe heute nachmittag etwas in meiner Wohnung gefunden und bin vorbeigekommen, um zu hören, ob Sie es verloren haben.«
    »Ich habe nicht gewußt, daß Ihre Tante vermißt wird. Der Lieutenant muß Mickey unoffiziell darauf angesetzt haben.« Finchley zeigte gastfreundlich auf den Metallstuhl neben seinem Schreibtisch. »Machen Sie’s sich gemütlich. Möchten Sie Kaffee?«
    Mir schauderte. »Mein Magen ist nicht stark genug für das Zeug, das ihr Jungs trinkt.« Ich setzte mich. »Ich habe Officer Neely noch nie so menschlich erlebt. Eigentlich schade, daß ich gestört habe.«
    Die Polizistin saß an einer Schreibmaschine und ratterte mit makelloser Präzision etwas herunter. Ihr Rücken war so gerade, daß es für eine West-Point-Inspektion gereicht hätte.
    »Sie ist die erste Frau im Team«, erklärte Finchley. »Sie wissen doch, wie das ist, Vic. Vielleicht hat sie Angst davor, daß Sie sie beim Lieutenant verpetzen, wenn sie sich natürlich benimmt.«
    »Ich?« Ich war empört.
    Finchley grinste. »Okay, vielleicht hat sie Angst davor, daß der Lieutenant glaubt, sie hätten sie korrumpiert, wenn sie freundlich zu Ihnen ist. Gefällt Ihnen das besser?«
    »Viel besser«, sagte ich nachdrücklich. Ich nahm das Armband aus der Hosentasche und zeigte es Finchley.
    »Ich habe es unter meiner Couch gefunden«, erklärte ich. »Sie und Montgomery waren die einzigen Männer, die in letzter Zeit darauf gesessen haben. Ich habe mich gefragt, ob Sie es verloren haben.«
    Finchley warf einen kurzen Blick darauf. »Nicht meins. Das ist Zuhälterschmuck – so was finde ich scheußlich. Und eins muß man Montgomery lassen; es ist auch nicht unbedingt sein Stil.« Er musterte mein Gesicht. »Wenn Sie wollen, kann ich ihn danach fragen.«
    Ich zögerte. Ich gab ungern zu, daß ich keine Lust hatte, dem Lieutenant vom Brandstiftungsdezernat gegenüberzutreten. Andererseits, wie viele schwierige Konfrontationen mußte ich noch durchstehen, um mir zu beweisen, daß ich kein Feigling war? Ich nahm das Angebot kleinlaut an.
    Finchley ließ die Kette durch den Finger gleiten. »Wissen Sie, eigentlich sieht das eher aus wie …« Er biß sich auf die Lippen. »Ich frage herum.«
    »Geht das nicht auch mit einer Beschreibung? Der andere Mensch, dem es vielleicht gehört haben könnte, ist das tote Mädchen – die junge Frau, deren Familie Sie letzte Woche für mich ausfindig gemacht haben. Ich möchte es morgen früh ihrer Mutter zeigen.«
    »Sie sind ein gewissenhaftes kleines Ding, nicht wahr? Haben Sie schon mal daran gedacht, jemanden einzustellen, der Ihnen die Laufarbeit abnimmt?«
    »Jeden Tag.« Ich deutete auf Officer Neelys steifen Rücken. »Vielleicht sollte ich mit ihr reden. Die Bezahlung ist nicht toll, aber es wäre mal was anderes, als Berichte über Koksköpfe zu tippen.«
    »Hey, wenn man bei Ihnen keine Berichte schreiben muß, fangen Sie mit mir an«, protestierte Finchley.

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