Brandstifter - Paretsky, S: Brandstifter - Burn Marks
einen Stapel Papiere. Sie überflog sie und sagte: »Im Augenblick beendet sie ein städtisches Treffen über das Bandenwesen in Pilsen. Danach fährt sie zu einem Essen zur Spendenbeschaffung in Schaumburg. Wenn Sie mir sagen, was Sie von ihr wollen, kann ich Ihnen helfen – ich bin ihre Chefassistentin.«
»Sie sind nicht damit zufrieden, daß Sie versuchen, Roz in den Rücken zu fallen – Sie kommen hierher, um ihren Kaffee zu vergiften, stimmt das, Vic?« Velma meldete sich giftig zu Wort.
Die junge Frau schien Velmas unverhohlener Zorn nervös zu machen. Sie stand hastig auf und griff nach einem Stapel Papieren. Sie murmelte etwas darüber, das müsse sie noch abtippen, ehe sie nach Hause gehe, und verschwand.
»Stehen Ihnen diese Leute so nahe, daß ich in ihrer Anwesenheit sprechen kann?« fragte ich Velma.
»Sie wissen, daß Sie versuchen, Roz in den Dreck zu ziehen.«
Ich lehnte mich gegen die Tür; meine erschöpften Schultern brauchten einfach einen Halt. »Haben Sie irgendeine Dreckkampagne in den Medien gefunden, die Sie zu mir zurückverfolgen können?«
»Die Leute reden.« Velma hielt sich kerzengerade. »Alle wissen, daß Sie ihr in den Rücken fallen wollen.«
»Und das könnte nicht daran liegen, daß Sie das behauptet haben. Oder, Velma?« Ich ertrug es nicht, in ihr zorniges Gesicht zu schauen; ich wandte den Blick zu einem Plakat an der Wand, das sich ablöste und ein Zitat von Simón Bolívar propagierte: Freiheit für alle Völker.
»Warum sagen Sie uns nicht, warum Sie gekommen sind, Ms. Warshawski? Wir stehen Roz alle nahe, wir haben keine Geheimnisse voreinander«, sagte Rosalyns Chefassistentin.
Ich ging ungebeten zu dem Klappstuhl aus Metall, den die junge Frau geräumt hatte. »Vielleicht können Sie mir erst einmal Ihre Namen sagen.«
»Ich bin Camellia Maldonado, und das ist Loren Richter. Er verwaltet die Gelder für Roz’ Wahlkampf.«
Richter ließ ein perfektes Lächeln aufblitzen. »Und ich kann Ihnen versichern, daß damit alles in Ordnung ist.«
»Bestens.« Ich legte die Arme auf den Schreibtisch und stützte das Kinn auf die Hände. »Ich bin wirklich erschöpft. Wenn Velma Ihnen alles über mich erzählt hat, dann wissen Sie, daß ich letzte Woche bei einem Brand in einem leerstehenden Hotel fast ums Leben gekommen wäre. Ich habe mich noch nicht ganz davon erholt, deshalb gebe ich mir keine Mühe, subtil vorzugehen.
Vor zwei Wochen hat Roz bei einer Spendenparty draußen auf Boots’ Farm großen Wert darauf gelegt, mich beiseite zu nehmen und mich zu bitten, ihren Wahlkampf nicht zu torpedieren. Weil mir nichts ferner lag, war mir das lästig, milde ausgedrückt. Und es brachte mich auf die Idee, sie müsse irgendein Geheimnis haben.«
»Falls es ein Geheimnis war, ging es Sie nichts an, Warshawski«, unterbrach mich Velma.
Daraufhin setzte ich mich auf. »Sie hat dafür gesorgt, daß es mich etwas angeht. Sie – oder vielmehr Marissa Duncan – hat mich dazu gebracht, daß ich auf einer öffentlichen Liste stehe und sie unterstütze. Und ich habe dafür mehr Geld ausgegeben, als in diesem Jahr jeder andere Kandidat von mir bekommen hat. Falls Roz in meinem Namen etwas Illegales oder Unmoralisches getan hat, habe ich das Recht, es zu wissen, verdammt noch mal.«
Ich atmete schwer, als ich das gesagt hatte. Ich nahm mir einen Augenblick Zeit, mich zu beruhigen und meine Gedanken zu ordnen. Camellia und Loren saßen steif da, bereit, mich zu Ende anzuhören, aber auch dazu, mir die Tür vor der Nase zuzuschlagen, sobald ich fertig war.
»Als ich damit anfing, Fragen zu stellen, haben mir jede Menge Leute gesagt, ich sei eine Nervensäge und solle mich um meine eigenen Angelegenheiten kümmern. Erst kam natürlich Velma, dann Roz. Und es ist ungeheuer interessant, daß mich inzwischen sogar Ralph MacDonald, der große Mann – Boots’ Partner, wie Sie wissen – gewarnt hat. Etwas subtiler als Velma und Roz, aber es war eine Warnung. Und nach dem Brand hat er mich wieder gewarnt, dieses Mal nicht annähernd so feinsinnig.«
Ralphs Name überraschte sie alle. Falls Boots zu Roz gesagt hatte, er hetze MacDonald auf mich, hatte sie es für sich behalten.
»Als ich bei Rosalyns Spendenparty war, hatte sie ihren Vetter bei sich – Luis Schmidt – und Carl Martinez, seinen Partner bei Alma Mejicana. Und mir kam es so vor, als hätten die beiden auf mich gezeigt und Roz eingeredet, ich hätte nichts Gutes im Sinn.«
Ich brach ab. Irgend etwas an diesem Bild,
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