Brandstifter - Paretsky, S: Brandstifter - Burn Marks
hatte so viel am Niederbrennen des Gebäudes gelegen, daß er die Gewohnheiten des Nachtportiers beobachtete und herausgefunden hatte, daß er bei den Rennen wettete und einem kostenlosen Abend auf der Rennbahn nicht widerstehen würde. Aber dieser Jemand war nicht Saul Seligman. Ich stellte alles in einem Bericht an die Ajax zusammen, schrieb eine Rechnung und fragte, ob ich den Fall weiter verfolgen solle.
Falls Ihr Hauptziel ist, den Brandstifter zu finden, werde ich versuchen, herauszubekommen, wer das Geld geschickt hat. Weil kein Umschlag existiert und Mr. Tancredi behauptet, er habe niemals Fremde gesehen, die das Gebäude ausgespäht hätten, wird es langwierig und teuer werden, den Absender des Geldes zu finden. Falls es Ihnen nur darum geht, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auszuschließen, daß Ihr Versicherungsnehmer das Gebäude selbst abgebrannt hat, können wir an diesem Punkt haltmachen: Ich glaube, daß Mr. Seligman und seine Angestellten die Brandstiftung nicht begangen haben.
Nachdem ich den Brief eingeworfen hatte, ging ich zu Fuß die zehn Blocks zum Wrigley Field und schaute zu, wie die Cubs im Würgegriff der Expos einen qualvollen Tod starben. Obwohl meine glücklosen Helden seit zwanzig Spielen nicht mehr gewonnen hatten, war das Stadion rappelvoll; ich konnte froh sein, noch einen Sitzplatz im zweiten Stock der Haupttribüne ergattert zu haben. Einen Platz auf der unüberdachten Tribüne hätte ich abgelehnt. Dorthin setze ich mich nicht mehr – die NBC hat 1984, als die Cubs die Meisterschaftsendrunde erreichten, einen solchen Kult mit den treuen Fans auf der Außentribüne getrieben, daß es jetzt Yuppies, die mehr vom Trinken als vom Spiel verstehen, für schick halten, diese Plätze zu buchen.
Es war nach fünf, als ich nach Hause kam. Ein ganz neuer schwarzer und antennenbestückter Chevrolet stand neben dem Hydranten vor meinem Haus im Parkverbot. Ich betrachtete ihn mit der üblichen Neugier, die man einem Zivilauto der Polizei entgegenbringt, das vor der eigenen Haustür parkt. Die Fenster waren hochgekurbelt, und ich konnte durch das Rauchglas nichts sehen, aber als die Wagentür aufging, sah ich, daß Bobby Mallory selbst gefahren war.
Sein Anblick überraschte mich – er kam zum erstenmal ohne offizielle Eskorte zu meiner Wohnung. Ich eilte zum Randstein, um ihn zu begrüßen.
»Bobby! Schön, dich zu sehen. Es ist doch nichts passiert?« Er fuhr mir mit der Hand durchs Haar, eine Geste, die mir seit meinem High-School-Abschluß selten zuteil wurde. »Ich hab mir nur gedacht, ich komm mal vorbei und besuch dich, Vicki, sorge dafür, daß du nicht mit der Art von Feuer spielst, an der du dich verbrennst.«
»Verstehe.« Ich bemühte mich um einen leichten Ton, während eine Wand aus Vorsicht einen Teil meines Gehirns blokkierte. »Geht es um etwas, das sich hier draußen mit einem Satz abhandeln läßt, oder möchtest du mit hinaufkommen und einen Kaffee trinken?«
»Oh, gehen wir doch hinein und machen es uns gemütlich. Das heißt, falls du koffeinfreien Kaffee hast – ich vertrage so spät am Tag keinen Kaffee mehr. Ich bin fast sechzig, weißt du.«
»Ja, ich weiß.« Ich fragte mich, ob er mich insgeheim darüber ausholen wollte, was Eileen für den großen Tag plante, aber ich glaubte nicht, daß er mich deshalb mit soviel Sorgfalt behandelte. Ich hielt ihm die Tür auf und ließ ihm auf der Treppe den Vortritt.
Bobby benahm sich immer noch mustergültig und ignorierte die unordentlichen Zeitungsstapel im Wohnzimmer. Ich bemühte mich, das peinliche Gefühl darüber zu unterdrücken, daß mich ein alter Freund meiner Eltern in diesem Chaos ertappte, und ging in die Küche, um Inventur zu halten.
»Leider ist der koffeinfreie Kaffee ausgegangen«, entschuldigte ich mich kurz darauf. »Ich kann dir Saft anbieten, eine Cola oder Wein. Kein Bier.«
Er nahm eine Cola. Zu Bobbys Tabus gehört, abgesehen davon, daß er in meinem Beisein nicht flucht, auch, daß er nicht mit mir trinkt – er wird den Gedanken nicht los, daß er mich dadurch zur Unmoral ermuntern könnte. Er trank einen Schluck, aß eine Handvoll Cracker, zeigte auf das Klavier und fragte, ob ich meine Stimme noch übte. Meine Mutter war eine ausgebildete Musikerin, ein hoffnungsvoller Opernsopran. Ihre Karriere hatte ein jähes Ende genommen, als ihre Familie sie per Schiff nach Amerika schickte, damit sie den Faschisten entkam. Zu Bobbys überraschenden Zügen gehört, daß er die Liebe
Weitere Kostenlose Bücher