Brandstifter - Paretsky, S: Brandstifter - Burn Marks
dieser Zeit ein politisches Geschick entwickelt, bei dem niemand in unserer Gegend mithalten kann. Ich nehme an, Sie sind nicht mit allen seinen Positionen einverstanden, aber ich bin mir sicher, daß Sie sein Urteilsvermögen respektieren.«
»Dann wäre ich mit seinen Positionen einverstanden«, widersprach ich.
»Sein politisches Urteilsvermögen.« MacDonald lächelte dünn. »Als Clarence mir erklärt hat, wer Sie sind, habe ich mich nach Ihnen erkundigt. Alle sind sich einig darüber, daß Sie sich für superschlau halten.«
»Aber aus gesundem Urteilsvermögen heraus.« Ich konnte der Bemerkung nicht widerstehen.
Er ging auf den Kabbelversuch nicht ein. »Boots hat Rosalyn Fuentes ausschließlich wegen ihrer politischen Verdienste auf die Kandidatenliste gesetzt. Das ist die Art von Entscheidung, von der ich mir vorstellen kann, daß sie für Sie schwer zu schlucken ist.«
Im Grunde hatte ich nicht wirklich damit gerechnet, daß er mich engagieren wollte, aber es war trotzdem eine Enttäuschung, daß auch er mich nur davon abbringen wollte, mich mit Roz zu beschäftigen. »Ich habe mit dieser Art von Entscheidung überhaupt keine Schwierigkeiten. Boots ist eindeutig ein politisches Genie, und wenn er Roz unterstützt, hat sie eine strahlende Zukunft vor sich.«
»Sie versuchen also nicht, ihren Wahlkampf zu torpedieren?« Das war Hintons erster Beitrag zur Diskussion.
»Ihr Jungs macht mich wirklich neugierig«, sagte ich. »Marissa legt mir den Arm um die Schulter, damit ich im Namen einer ein Jahrzehnt alten Solidarität zu Rosalyns Spendenparty gehe. Ich habe mehr Geld ausgespuckt, als ich je einem Kandidaten gegeben habe, mich zu Tode gelangweilt, und als ich eben gehen wollte, hat Roz mit mir gesprochen, um sich zu vergewissern, daß ich nichts tun werde, um ihr zu schaden. Jetzt sperren Sie beide mich in ein kleines Zimmer, um mich auszuquetschen. Ich weiß nichts über Rosalyns Geheimnisse, und sie wären mir auch völlig egal, wenn die Leute sich nicht so komisch benähmen, daß ich einfach neugierig werden muß.«
»In diesem Fall wäre es wirklich besser, wenn Sie sich um Ihre eigenen Angelegenheiten kümmerten«, sagte Hinton mit einer tonlosen Stimme, die erschreckender klang als ein Gebrüll.
MacDonald schüttelte den Kopf. »Auf Drohungen hört sie nicht, Clarence – das wird aus ihrer ganzen Vorgeschichte deutlich … Schauen Sie, Vic – Roz braucht Boots’ Unterstützung, wenn sie die Wahl gewinnen will. Aber Boots braucht sie auch – die Hispanics stimmen mehr oder weniger so, wie Roz es ihnen sagt.«
Das war mir nichts Neues, deshalb sagte ich nichts.
»Roz hat in ihrer Jugend etwas ziemlich Dummes angestellt. Sie hat Boots alles gebeichtet, als sie über die Kandidatenliste sprachen, und seiner Meinung nach kann es ihr nichts mehr schaden, wenn es in fünf Jahren herauskommt, sobald sie eine breite Basis hat. Aber es würde ihr von ihren hiesigen Anhängern ziemlich übelgenommen, wenn es jetzt herauskäme. Bei dem Barbecue hat irgend jemand etwas zu ihr gesagt, woraus sie schloß, Sie stocherten in dieser Geschichte herum, und sie wollte sich vergewissern, daß es nicht so ist.«
»Und was war das für eine Jugendsünde?«
MacDonald schüttelte den Kopf. »Selbst wenn ich es wüßte, könnte ich es Ihnen nicht sagen – Boots ist ein alter Hase, und er teilt Geheimnisse nicht mit Leuten, die sie nichts angehen.«
»Sie kennen doch meinen Ruf – mir ist es egal, wenn sie den Dorfziegenbock gebumst hat. Nur bei Betrug hört der Spaß für mich auf.«
MacDonald lachte. »Sehen Sie, Vic, jeder hat eine eigene Vorstellung von Moral. In Humboldt Park gibt es viel mehr Menschen, denen das mit dem Ziegenbock nicht egal wäre, als solche, die sich darüber aufregen würden, wenn sie öffentliche Gelder für sich abgeschöpft hätte. Verlangen Sie also nicht, daß das County nach Ihren Maßstäben regiert wird, okay?«
Ich lächelte sanft. »Nur so lange, wie niemand versucht, mich zum Sündenbock zu machen. Das ist vermutlich meine größte Sorge.«
Er kam zu mir und half mir aus dem Sessel. »Dazu wären schlauere Typen nötig als wir. Gehen wir zur Party zurück – ich möchte ein paar von diesen Lachsschnittchen, ehe der unwissende Pöbel alle aufgefressen hat.«
Als wir in den Salon zurückkehrten, suchte Marissa besorgt Ralphs Blick. Er deutete ein Nicken an, um zu signalisieren, alles sei in Ordnung, ich sei überzeugt worden. Aber wovon?
21 Wieder Ärger mit
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