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Brandstifter - Paretsky, S: Brandstifter - Burn Marks

Brandstifter - Paretsky, S: Brandstifter - Burn Marks

Titel: Brandstifter - Paretsky, S: Brandstifter - Burn Marks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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plötzlich verdunkelnde Schatten oben auf kaputten Schränken verrieten mir, daß meine gelbzähnigen Freunde zur Stelle waren.
    Mir wäre wohler gewesen, wenn ich eine Mütze aufgehabt hätte. Ich versuchte, nicht an die roten Augen zu denken, die mich beobachteten, als ich vorsichtig durch den verbogenen Metallrahmen stieg. Eine Glasscherbe verfing sich im Schritt meiner Jeans. Ich hielt inne, löste den Stoff und lauschte wieder, ehe ich weiterkletterte. Immer noch keine menschlichen Laute.
    Innen angelangt schlich ich vorsichtig von der Speisekammer in die Küche. Die alten Fettgerüche hingen noch schwer darin; kein Wunder, daß sich die Ratten für diesen Ort interessierten. Ich verirrte mich in einem Labyrinth von Nebenräumen, kam aber dann zu einer Tür, die zu einer steilen Treppe führte.
    Ehe ich hinunterging, blieb ich wieder stehen und lauschte. Ich richtete die Taschenlampe auf jede Stufe, damit ich nicht durch die morschen Bretter brach. Alle paar Schritte rief ich leise nach meiner Tante. Ich hörte nichts.
    Am Fuß der Treppe führte ein Flur in einen weiteren Kaninchenbau. Ich schaute in jeden Raum, dessen Tür sich öffnen ließ, sah aber nichts außer verschimmelten Möbeln. Am Ende des Flurs zweigte ein weiterer Gang nach rechts ab. Als ich die Hand ausstreckte, um mich abzustützen, während ich um die Ecke schaute, griff ich ins Leere. Ich schluckte trocken und machte einen Satz rückwärts, aber die Lampe zeigte mir nichts Bedrohlicheres als einen Speiseaufzug.
    Ich rief wieder nach Elena, bekam aber noch immer keine Antwort. Ich knipste die Lampe aus, um mich ganz auf mein Gehör zu konzentrieren. Da war nur das Scharren und Quieken der Nagetiere.
    Auf Zehenspitzen, die Ohren angestrengt, ging ich den Nebenflur entlang. Eine Reihe von Räumen säumten ihn. Ich schaute in jeden, leuchtete mit der Lampe hinein, rief leise nach meiner Tante. Manche Räume waren leer, aber die meisten waren vollgestopft mit moderndem Abfall aus dem alten Hotel – ausgemusterte Sofas mit herausquellender Polsterung, Matratzen, alte Sprungrahmen. Hin und wieder fing ich eine Bewegung auf, aber wenn ich stehenblieb, sah ich nur rote Augen, die mich anstarrten.
    Schließlich kam ich zum Ende des Flurs, wo ein Telefon mit baumelndem Hörer hing. Es war ein altes, schwarzes Modell, die Wählscheibe zeigte nur Buchstaben, keine Zahlen. Als ich den Hörer auflegte und wieder abnahm, kam kein Freizeichen. Der Apparat war so tot wie das Gebäude.
    Wut packte mich. Wie konnte sie mir das antun, mich auf eine sinnlose Suche in ein rattenverseuchtes Loch schicken? Ich drehte mich um und marschierte zügig den Flur entlang. Plötzlich war mir, als ob ich meinen Namen hörte. Ich blieb stehen und lauschte angestrengt.
    »Vic!«
    Es war ein heiseres Flüstern, das aus einem Raum zu meiner Linken kam. Ich glaubte, ich hätte dort hineingeschaut, aber ich war mir nicht sicher. Ich stieß die Tür auf und ließ die Taschenlampe über den Haufen alter Möbel wandern. Auf einem in die Ecke hineingekeilten Sofa lag eine unförmige Masse. Sie war mir bei meinem ersten flüchtigen Blick in den Raum entgangen.
    »Elena!« rief ich laut. »Bist du da?«
    Ich kniete mich neben die Couch. Meine Tante lag auf der Seite, in eine dreckige Decke gewickelt. Ihr Matchsack lehnte an der Wand, und das violette Nachthemd quoll noch immer heraus. Erleichterung und Wut durchliefen mich gleichzeitig. Wie konnte sie nur besoffen wegsacken, nachdem sie mich derart dringlich zu Hilfe gerufen hatte?
    Ich schüttelte sie grob. »Elena! Wach auf. Wir müssen weg.« Sie reagierte nicht. Mir wurde flau im Magen, und ich legte sie sanft wieder hin. Sie atmete noch, in kurzen, flachen Schnarchlauten. Ich befühlte ihren Kopf. Am Hinterkopf war eine weiche, geschwollene Beule. War sie hingefallen, oder hatte jemand ihr einen Schlag versetzt?
    Ich hörte eine Bewegung hinter mir. In Panik riß ich die Pistole aus dem Halfter. Ehe ich auf die Beine kam, zerbarst die Nacht um mich herum in tausend Lichtpunkte, und ich fiel ins Schwarze.

25 Die Dame ist nicht fürs Feuer
    Meine Kopfschmerzen waren mit voller Wucht zurückgekommen. Ich versuchte verzweifelt, mich zu übergeben. Mein leerer Magen produzierte nur etwas Galle, wodurch mir noch übler wurde. Mir war so schlecht, daß ich mich nicht bewegen wollte, aber ich wußte, daß mir besser wurde, wenn ich in die Küche ging, mir eine Kompresse auf den schmerzenden Kopf legte und Cola trank. Meine Mutter hatte

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