Brandung des Herzens
würde.
Als Caleb von seinem Erkundungsgang durch das Gebiet rund um die Schlucht zurückkehrte, fand er Willow neben einem Haufen einigermaßen trockener Äste sitzend vor.
»Können wir gefahrlos ein Feuer anzünden?« fragte sie.
»Ein kleines.«
»Ist es denn auf dieser Seite des Mississippi überhaupt möglich, ein großes Feuer zu entfachen? Ich sehe nirgendwo Bäume.«
»Warten Sie, bis wir im Gebirge sind. Da werden Sie so viele Bäume zu sehen bekommen, bis Sie des Anblicks überdrüssig sind.«
Er beobachtete, wie Willow Zweige für ein Feuer aufschichtete. Als sie fertig war, nahm er die Hälfte wieder weg und legte sie beiseite. Erst dann entzündete er ein Streichholz und entlockte dem feuchten Brennholz ein kümmerliches Flämmchen. Sobald das Feuer richtig brannte, erhob Willow sich steif. Es gelang ihr, ein Stöhnen zu unterdrücken, als sie sich bückte und nach dem Kaffeetopf griff.
»Trinken Sie erst den Inhalt, bevor Sie den Topf benutzen«, sagte Caleb.
Sie hob den Deckel und schaute hinein. Die Flüssigkeit war dunkel, aber nicht so dunkel wie Calebs übliches Gebräu.
»Was ist das?«
»Tee aus Weidenrinde. Gut gegen...«
»Gegen Schmerzen und Fieber«, unterbrach sie ihn und schnitt eine Grimasse. »Und schmeckt außerdem abscheulich.«
Calebs Mund verzog sich zu einem leichten Grinsen. »Trinken Sie’s aus, Mädchen. Danach werden Sie sich besser fühlen.«
»Ich möchte nicht gierig sein«, erwiderte Willow und warf ihm einen Blick zu, der eine unausgesprochene Bitte enthielt. »Wieviel von dem Tee ist für Sie?«
»Kein einziger Tropfen. Ich bin keine empfindliche Südstaatenlady.«
»Das bin ich auch nicht.«
Die Verwirrung in Willows Stimme ließ Calebs Grinsen noch breiter werden. »Richtig. Sie sind eine feine Lady aus dem Norden.«
»Ich bin auch keine feine Lady«, gab sie zurück. »Egal, ob Norden oder Süden.«
Calebs kühler goldener Blick schweifte über Willow, musterte ihr flüchtig mit den Fingern gekämmtes Haar und ihre feuchten, zerknitterten Kleider.
»Nein, ich schätze, das sind Sie nicht«, sagte er schleppend. »Ich wette, Ihr Liebhaber wäre überrascht, wenn er Sie jetzt sehen könnte.«
»Matt ist ebensowenig mein Liebhaber, wie Sie es sind.«
»Ach ja, richtig. Das hatte ich vergessen. Er ist Ihr... Ehemann.«
Die leichte Verachtung, mit der Caleb das letzte Wort betonte, ließ Willow das Blut in die Wangen schießen. Vergeblich wünschte sie, sie würde nicht jedesmal schuldbewußt erröten, wenn sie mit der Lüge über ihre angebliche Ehe konfrontiert wurde. Dennoch hatte Matts Brief keine Zweifel an der Notwendigkeit dieser Lüge gelassen:
»Und laßt euch um Gottes willen nicht von Willy beschwatzen, sie mitzunehmen, Jungs. Ich weiß, sie hatte schon immer ihren Spaß daran, das Land zu durchstreifen, aber hier draußen im Westen ist eine unverheiratete Frau praktisch Freiwild für jeden Mann. Und wir haben wichtigere Dinge zu tun, als unsere hübsche kleine Schwester zu bewachen .«
Mit eher grimmigem Vergnügen bemerkte Caleb die verdächtigen roten Flecken auf Willows Wangen. Er überlegte, ob jetzt der richtige Zeitpunkt war, sie unter Druck zu setzen und die Wahrheit aus ihr herauszubekommen, während er seinen langen Zeigefinger in die Uhrentasche seiner Hose schob. Es war jedoch keine Uhr, die er berührte. Es war das Medaillon, das Rebecca ihm gab, nachdem er sie endlich dazu gebracht hatte, ihm die Wahrheit zu gestehen. Die Wahrheit über die Identität des Mannes, der sie schwanger gemacht und sie dann im Stich gelassen hatte. Elendiglich war sie an Kindbettfieber gestorben, nur wenige Stunden vor dem Tod ihres Babys.
Alles, was von Rebeccas Leben übrigblieb, war ein Name-Matthew »Reno« Moran - und das Medaillon mit den Bildern von Renos verstorbenen Eltern darin. Wenn Willow Renos Ehefrau war, würde sie seine Eltern sicher wiedererkennen. Wenn ihr die Bilder nichts sagten, war das der Beweis, daß sie gelogen hatte.
»Schon lange verheiratet?« fragte Caleb mit betont neutraler Stimme.
Hektisch versuchte Willow zu entscheiden, ob es besser wäre, bereits längere Zeit verheiratet zu sein oder erst seit kurzem.
»Äh...« Sie biß sich auf die Lippen. »Nein.«
»Dann nehme ich an, Sie kennen die Eltern Ihres Mannes nicht.«
Willows Nervosität legte sich, nachdem sich das Gespräch jetzt um unverfänglichere Dinge drehte. »Aber natürlich kenne ich sie. Schon seit Jahren.«
»Nachbarn, wie?«
Sie zögerte einen
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