Brandung des Herzens
Moment und beschloß dann, ihre Lügen so nahe wie möglich an der Wahrheit zu orientieren. »Nicht direkt. Matts Eltern, äh, haben mich zu sich genommen, als ich ein Kind war. Sie sind die einzigen Eltern, an die ich mich erinnern kann.«
Caleb lächelte spöttisch. Willow war keine sonderlich gute Schauspielerin, was ihm jedoch nur recht sein konnte. Er nahm an, die meisten Männer starrten nur auf ihre vollen Brüste und die schmale Taille und bemerkten nichts von der schuldbewußten Röte, die ihr bei jeder Lüge in die Wangen kroch. Männer konnten sich wirklich wie ausgemachte Dummköpfe aufführen, wenn sie das süße Lächeln und die schwellenden Rundungen einer Frau vor sich hatten.
»Es ist nur von Vorteil, daß Sie die Eltern Ihres Mannes kennen«, meinte Caleb. »Macht die Ehe rundherum weniger schwierig.«
Willow murmelte etwas Unverbindliches vor sich hin und hob erneut den rußgeschwärzten Kaffeetopf an die Lippen. Sie zog den bitteren Geschmack des heilenden Tees dem Geschmack weiterer Lügen durchaus vor. Donner hallte in der Ferne, gefolgt von Blitzen, die das helle Tageslicht jedoch nahezu unsichtbar machte. Mit angewidertem Gesicht setzte Willow den Kaffeetopf ab.
»Sie haben noch nicht alles ausgetrunken«, sagte Caleb, ohne vom Feuer aufzublicken.
»Woher wollen Sie das wissen?«
»Es gibt immer mehr bittere Medizin, als eine feine Lady zu schlucken bereit ist.«
Wären nicht ihre Lügen gewesen, hätte Willow Calebs Kommentar widersprochen. So setzte sie nur den Topf erneut an ihre Lippen und trank den restlichen Tee, bis nichts mehr übrig war. Caleb beobachtete sie aus den Augenwinkeln, während er noch ein paar Zweige ins Feuer legte. Als sie zu knistern begannen, fügte er weiteres Brennmaterial hinzu, bis die Flammen ruhig und gleichmäßig brannten und eine stetige Hitze verströmten, und dennoch war das Feuer nicht größer als sein Hut.
Sie kochten und verzehrten ihr Frühstück in völligem Schweigen. Nach und nach spürte Willow, wie der scheußliche Tee seine Wirkung tat. Sie fühlte sich zwar immer noch steif, brauchte aber nicht länger Schmerzenslaute zu unterdrücken, wenn sie ihr rechtes Bein beugte. Nur zu schnell war das Frühstück vorüber, das Kochgeschirr gesäubert und in den Satteltaschen verstaut, und Caleb war wieder dabei, sein Pferd zu satteln. Diesmal diente Deuce als Packpferd, und Trey würde Calebs Gewicht tragen.
»Wird Ihr Hengst es übelnehmen, wenn ich ihn hinter einem Wallach anbinde?« wollte Caleb wissen.
»Das glaube ich nicht.«
Er knurrte. »Wir werden’s bald genug herausfinden. Welche der Stuten ist die kräftigste?«
»Die beiden Füchse. Sie sind Ishmaels Töchter. Satteln Sie Dove, die mit der einen weißen Fessel.«
Caleb sattelte Dove und hob Willow dann auf den Rücken der Stute. Obwohl Willow keinen Laut von sich gab, verzog sich ihr Gesicht sichtlich gepeinigt, als sie sich wieder auf dem Damensattel zurechtsetzte. Caleb wußte, daß der Tee geholfen hatte, aber heute würde keine Medizin Willows Beschwerden lindern, es sei denn vielleicht ein Schuß hochprozentiges Feuerwasser.
»Einen Schluck Whisky gefällig?« fragte er.
Willow blinzelte verwirrt. »Wie bitte?
»Whisky. Ist ein ausgezeichneter Schmerzkiller.«
»Ich werde es mir merken«, erwiderte sie trocken, belustigt trotz ihrer schmerzenden Glieder und dem Brennen auf der Innenseite ihrer Schenkel. »Ich schätze, ich halte mich fürs erste lieber weiter an Birkenrindentee.«
»Wie Sie wollen.«
Donner krachte erneut, als sich die Wolkenungetüme am Himmel zusammenschoben, um die Sonne auszuschließen. Regen begann herabzuprasseln, als Caleb sich auf Trey schwang und die Führung übernahm. Deuce trabte gehorsam los, und die vier Araberpferde, die durch lange Führungsleinen mit seinem Sattel verbunden waren, folgten. Während der ersten paar Meilen schnaubte Ishmael sichtlich empört und warf nervös den Kopf hoch, dann fügte er sich in sein unwürdiges Schicksal, von einem Wallach durch strömenden Regen geführt zu werden.
Abgesehen von dem grauen, verschwommenen Licht des
Spätnachmittags war der Ritt eine Wiederholung der Belastungsprobe der Nacht zuvor. Trab, Schritt, Handgalopp, Trab, und dann zur Sicherheit noch ein Stück weiter im Trab. Willow registrierte kaum, wie das Grau des Tages in das Schwarz der Nacht überging. Auf Calebs Befehl verzehrte sie widerspruchslos kalten Speck und Brötchen, trank kalten Kaffee, stieg zwischendurch immer wieder
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