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Brandung des Herzens

Titel: Brandung des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Lowell
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augenblicklich, wenn Ishmael warnend die Ohren anlegte und Anstalten machte, die Nachzüglerin in die Kehrseite zu zwicken.
    Als die Stuten Caleb eingeholt hatten, reihten sie sich neben seinem Wallach am Bachufer auf und tranken durstig. Er zog kalten Speck aus seiner Satteltasche und reichte ihn Willow.
    »Wenn wir von hier aufbrechen, reiten Sie unmittelbar hinter mir«, befahl Caleb. »Die Männer, die uns verfolgen, könnten uns jederzeit bis Sonnenuntergang einholen.«
    Willow kaute nervös auf ihrer Unterlippe und blickte auf die Stuten.
    »Keine Sorge«, versicherte Caleb. »Ihr rotbrauner Hengst wird die Stuten Zusammenhalten. Wirklich ein Teufelskerl von einem Pferd. Jedes andere Flachlandpferd hätte nach den Strapazen der letzten Tage längst schlappgemacht. Nicht der Bursche da drüben. Er hat immer noch Feuer in den Augen und Donner in den Hufen. Müßte interessant sein, ihn mit einer meiner Montana-Stuten zu paaren und zu sehen, wie das Ergebnis ist.«
    Willow musterte Deuce und Trey. Ein kleines Lächeln spielte um ihre Lippen. »Äh, ich weiß nicht, wie ich es Ihnen beibringen soll, Caleb, aber Ihre Montana-Pferde sind Wallache, keine Stuten.«
    Caleb warf ihr einen ungläubigen Blick zu, dann lachte er herzhaft. Willows Sinn für Humor kam für ihn ebenso überraschend wie der unverwüstliche Kampfgeist der Araber. Er beugte sich im Sattel vor und zog spielerisch an einem ihrer goldenen Zöpfe.
    »Woher kennen Sie den Unterschied?« fragte er grinsend. »Los, heraus mit der Sprache, Honey.«
    Willow lachte und errötete gleichzeitig.
    Der Klang ihres weichen Lachens vermischte sich mit dem Murmeln des Bachs und dem Seufzen des Windes, wurde Teil der Schönheit dieses wilden Landes. Ein seltsames Gefühl stieg in Calebs Brust auf, ganz ähnlich der Rührung, die er empfunden hatte, als er das erste Mal die Gipfel der Rockies aus der Ferne erblickt und sofort gewußt hatte, daß er dazu geboren war, zwischen diesen ehrfurchtgebietenden Bergen zu leben.
    Langsam gab Caleb Willows schimmernden goldenen Zopf frei, ließ ihn zwischen seinen Fingern hindurchgleiten und wünschte sich, er hätte seine Handschuhe ausgezogen, um die seidige Beschaffenheit ihrer Haare fühlen zu können. Als er erneut sprach, klang seine Stimme tief, fast grollend.
    »Falls Sie zurückfallen bei dem Versuch, Ihre Stuten hinter mir herzutreiben, komme ich und hole Sie. Und dann werden Sie mir dafür büßen.«
    Bevor Willow antworten konnte, drückte Caleb seinem großen Wallach die Sporen in die Flanken und strebte in flottem Galopp über die Wiese.
    Am anderen Ende der Lichtung stieg das Land erneut steil an und zwang die Pferde zu klettern, bis Willow überzeugt war, ihr Kopf müsse an die Wolken stoßen. Sie kamen jetzt nur noch im Schritt weiter. Willow ertappte sich dabei, wie sie alle paar Minuten unsicher über ihre Schulter zurückspähte, in der Erwartung, Reiter auf dunklen Pferden hinter sich auftauchen zu sehen.
    Es wurde Mittag, doch sie ritten ohne Unterbrechung weiter. Die Bergschulter, die sie hinaufkletterten, war so steil, daß Caleb die Steigung in langen Zickzacklinien nahm. Selbst die Montana-Pferde atmeten jetzt schwer und machten nur kleine Schritte, weil ihre Hufe auf Geröll und feuchten Kiefernnadeln keinen rechten Halt fanden. Bodenfalten in der Landschaft wiesen winzige, schäumende Bäche auf, verkümmerte Weiden und Espen, so schlank und geschmeidig, daß sie wie blasse, grüne Flammen auf weißen Dochten aussahen.
    Falls irgendwo weiter voraus ein Paß war, so konnte Willow jedenfalls kein Anzeichen dafür entdecken. Der Berg, dessen Flanke sie bezwangen, reckte sich höher und immer höher hinauf, bis sein Gipfel in Dunstschleiern verschwand. Die Steilwand des Berges war von Geröllawinen bedeckt, an deren Rändern dunkles, niedriges Buschwerk und Espensämlinge wuchsen. Ein Stückchen dahinter und noch unterhalb der Wolkendecke ragten weitere Gipfel auf, ordentlich aneinandergereiht wie Karten in der Hand eines Glücksspielers.
    Es gab keine ebenen Flächen, keine einladenden Täler oder Wasserscheiden, die sich zwischen massiven Felsformationen hindurchwanden, keinen sichtbaren Einschnitt in den mächtigen steinernen Wällen. Immer häufiger führte sie die Route, die Caleb einschlug, über mit Felsbrocken übersätes Gelände, so unfruchtbar, daß nur noch Unkraut gedieh, magere Pflänzchen, die ihre hellrosafarbenen Spitzen in den bewölkten Himmel reckten. Schließlich gab es nur noch

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