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Brandwache

Brandwache

Titel: Brandwache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Connie Willis
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zuvor. Der alte
gespannte Ausdruck stand wieder in ihrem Gesicht geschrieben und
verstärkte sich von Tag zu Tag. Sie sah aus wie ein
Strahlenopfer.
    Ich selbst sah auch nicht besser aus. Ich konnte nicht schlafen,
und das Float verschaffte mir Kopfschmerzen, die eine Woche lang
anhielten. Das Alarmarmband verursachte einen Hautausschlag, der bald
meinen halben Arm bedeckte.
    Und Arabel hatte recht. Ich war im Begriff, verrückt zu
werden. Ich schaffte es nicht, mir die Tessel aus dem Kopf zu
schlagen. Wenn mich im letzten Sommer jemand gefragt hätte, was
ich von den Viechern hielte, würde ich erwidert haben, daß
sie allen Beteiligten großen Spaß bereiteten; besonders
sich selbst. Jetzt brachte mich der Gedanke an Brown mit seinem
ekelhaften kleinen braunen und rosa Ding auf dem Arm total auf. Ich muß immer an deinen Vater denken. Wenn es die Sache mit
der Treuhandschrift ist, die Sie beschäftigt; das kann ich
für Sie herausfinden. Ihm liegt nur Ihr Wohl am Herzen.
Komm’ zu Papa.
    Meine Anwälte hatten vergeblich versucht, meinen Verwalter zu
überreden, daß er mich zu Weihnachten nach Aspen gehen
ließ oder sonstwohin. Sie hatten es geschafft, mir wieder
sämtliche Privilegien zu verschaffen, sobald jedermann das Camp
verlassen hatte; aber das Alarmarmband blieb an meinem Handgelenk.
Ich stellte mir gern vor, daß die Dormentmutter, wenn sie mit
eigenen Augen sah, wie es sich an meinem Arm auswirkte, erlauben
würde, es für ein paar Tage abzulegen, damit der Ausschlag
abheilen konnte.
    Das Luftumwälzungssystem arbeitete wieder und blies Winde von
Orkanstärke durch Hell. Fröhliche Weihnacht allen.
    Am letzten Unterrichtstag ging ich durch unser dunkles Zimmer,
schlug auf das Wandpaneel und fror. Dort saß Zibet; sie
mußte auch im Dunkeln so gesessen haben. Auf meinem Bett. Mit
einem Tessel im Schoß.
    »Woher hast du es?« flüsterte ich.
    »Ich habe es gestohlen«, erwiderte sie.
    Ich verschloß die Tür hinter mir und verrammelte sie
mit einem Sessel. »Wie?«
    »Alle waren auf einer Party, die im Zimmer eines anderen
stattfand.«
    »Du bist ins Schlafabteil der Jungen gegangen?«
    Sie gab mir keine Antwort.
    »Du bist eine Novizin. Wegen so einer Geschichte könnte
man dich nach Hause schicken«, sagte ich hocherstaunt.
    Das war dasselbe Mädchen, das wegen der verunreinigten
Bettücher buchstäblich die Wand hochgegangen war; das
gesagt hatte: »Ich werde niemals wieder nach Hause
gehen.«
    »Niemand hat mich gesehen«, sagte sie ruhig. »Sie
waren alle auf der Party.«
    »Du bist verrückt«, sagte ich. »Weißt
du, wem es gehört?«
    »Es ist Tochter Ann.«
    Ich ergriff das oberste Laken von meiner Koje und begann, es in
meine Shuttle-Tasche zu stopfen. Heilige Scheiße; das
würde der erste Ort sein, an dem Brown nachschaute. Ich suchte
die Schubladen meines Schreibtisches nach einer Schere durch, um
damit Luftlöcher zu schneiden. Zibet saß unberührt
dort und liebkoste das entsetzliche Geschöpf.
    »Wir müssen es verstecken«, sagte ich.
»Diesmal mache ich keine Witze. Du steckst wirklich in
Schwierigkeiten.«
    Sie hatte mir gar nicht zugehört. »Meine Schwester Henra
ist hübsch. Sie hat lange Haare wie du. Und sie ist auch so
anständig wie du.« Und dann fuhr sie mit beinahe bittender
Stimme fort: »Sie ist erst fünfzehn.«
    Brown verlangte und erhielt die Erlaubnis, die Zimmer zu
durchsuchen; und wie man sich leicht denken kann, fing er mit unserem
an.
    Das Tessel war nicht hier. Ich hatte es in meine Shuttle-Tasche
gepackt, die ich in einer Wäscheschleuder unten im Waschraum
versteckte. Ich hatte das zweite Schmiegetuch davorgestopft, was ich
als passende Ironie Brown gegenüber empfand; nur, daß er
viel zu wütend gewesen wäre, um derartige Feinheiten zu
würdigen, wenn er es erfahren hätte.
    »Ich möchte eine zweite Durchsuchung abhalten«,
sagte er, als die Dormentmutter kam und ihm den Aufbruch zur
großen Reise mitteilte. »Ich weiß, daß es hier
ist.« Er wandte sich an mich. »Ich weiß, daß du
es mitgenommen hast.«
    »Die letzte Shuttle geht in zehn Minuten«, sagte die
Dormentmutter. »Es bleibt keine Zeit für eine weitere
Suche.«
    »Sie hat es. Ich sehe es ihr am Gesicht an. Sie hat es
irgendwo versteckt. Irgendwo in diesem Dorment.«
    »Du verlierst, Brown«, sagte ich. »Du wirst deine
Shuttle verpassen und über Weihnachten auf Hell
hängenbleiben. Du gehst fort und verlierst deine geliebte
Tochter Ann. Du verlierst in jeder Hinsicht, Brown.«
    Er ergriff mein

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