Brandwache
bedrohliche Nähe ihres Busens gerutscht.
»Hast du Alpträume?« fragte sie ihn in dem
verzweifelten Bemühen, ihn einzuschüchtern.
»Nein. Alle meine Träume handeln von dir.« Seine
Finger zogen eine zufällige, spielerische Zeichnung auf ihrer
Bluse. »Wovon träumst du?«
Sie nahm sich vor, ihm Furcht einzujagen, wie sie ihrer Mutter
Furcht einjagte. Ihre Träume schienen ihr immer so schön;
aber wenn sie ihrer Mutter davon erzählte, wurden deren Augen
weit und dunkel vor Furcht. Und dann änderte Daisy ihre
Träume ab; ließ sie schlimmer klingen, als sie gewesen
waren; nahm ihnen ihre Schönheit, damit sie ihrer Mutter
Schrecken einflößten.
»Ich habe geträumt, daß ich einen goldenen Reifen
vor mir hertrieb. Er war heiß. Er verbrannte mir jedesmal, wenn
ich ihn berührte, die Hand. Ich trug Ohrringe, kleine goldene
Ohrringe, die wie der Reifen sprangen, als ich lief. Und ein goldenes
Halsband.« Sie beobachtete sein Gesicht während sie
erzählte, um seine Furcht zu sehen. Aber er zog mit dem Finger
seine Zeichnung und kam ihrer Brustwarze dabei näher und
näher.
»Ich rollte den Reifen einen Hügel hinunter und rollte
ihn immer schneller und schneller. Ich konnte nicht länger mit
ihm schritthalten. Er rollte von allein weiter; ein goldener Reifen,
der alles überrollte.«
Sie hatte ihre Absicht vergessen. Sie hatte den Traum so
erzählt, wie er in ihrem Gedächtnis war, und die Erinnerung
zauberte ein kleines Lächeln in ihre Mundwinkel.
Seine Hand hatte sich um ihre Brust geschlossen und blieb dort;
warm wie die Sonne auf ihrem Gesicht.
Er sah aus, als wüßte er nicht, wo sich seine Hand
befand. »Junge, Junge; mein Psych-Lehrer würde jubeln
über diesen Traum! Wer würde einem kleinen Mädchen wie
dir einen derart sexuellen Traum zutrauen? Wow! Da soll mir noch
einer was über einen Freudschen erzählen! Mein Psych-Lehrer
sagt…«
»Du glaubst wohl, daß du alles weißt, oder?«
sagte Daisy. Seine Finger umrundeten ihre Brustwarze durch die
dünne Bluse; zogen einen brennenden Kreis; einen kleinen
glühenden Reifen.
»Nicht ganz«, erwiderte er. »Ich weiß nicht
ganz, wie ich dich nehmen soll.«
Sie löste sich von seinem Gesicht und wand sich aus seinem
Arm. »Du wirst mich überhaupt nicht nehmen. Niemals. Du
wirst tot sein. Wir alle werden in der Sonne sterben«, sagte sie
und schwang sich aus dem offenen Wagenverdeck und lief ins
verdunkelte Haus.
Daisy lag noch lange verkrümmt auf dem Bett, nachdem die
Erinnerung verblaßt war. Sie würde nie mehr mit ihm reden.
Sie konnte sich ohne ihn an gar nichts erinnern, aber das machte ihr
nichts aus. Es war ohnehin alles ein Traum. Was für eine Rolle
spielte es? Sie schlang die Arme um ihren Oberkörper.
Es war kein Traum. Es war schlimmer als ein Traum. Sie saß
sehr aufrecht auf der Bettkante, den Kopf hoch erhoben und die Arme
an den Seiten, die Füße nebeneinander auf dem Boden –
wie man es von einer jungen Dame erwarten konnte. Als sie sich erhob,
lag kein Zögern in ihren Bewegungen. Sie ging geradewegs zur
Tür und öffnete sie. Sie hielt nicht inne, um sich zu
vergewissern, um welchen Raum es sich handelte. Sie würdigte die
Fremden, die dort umherliefen, keines einzigen Blickes. Sie strebte
geradewegs zu Ron und legte ihm die Hand auf die Schulter.
»Wir sind in der Hölle, habe ich recht?«
Er wandte sich um, und etwas wie Hoffnung stand in seinem Gesicht
geschrieben. »Warum glaubst du das, Daisy?« fragte er und
ergriff ihre Hände und zog sie neben sich auf den Sitz. Es war
die Eisenbahn. Ihre gefalteten Hände lagen auf dem weißen
Damast-Tischtuch. Sie sah auf ihre Hände. Es war sinnlos zu
versuchen, sie fortzuziehen.
Ihre Stimme zitterte nicht. »Ich war sehr ungezogen zu meiner
Mutter. Ich habe ihr meine Träume nur erzählt, um ihr
Furcht einzujagen. Ich bin ohne Hut hinausgegangen; nur weil es sie
so verletzte. Sie konnte nichts dafür. Sie fürchtete, die
Sonne würde explodieren.« Sie hielt inne und starrte auf
ihre Hände. »Ich glaube, sie ist explodiert, und alle sind
gestorben; wie mein Vater es gesagt hatte. Ich glaube… Ich
hätte sie bei meinen Träumen belügen sollen. Ich
hätte ihr erzählen sollen, daß ich von Jungen
geträumt hätte; über das Erwachsenwerden; über
Dinge, die ihr keine Angst machten. Ich hätte Alpträume
erfinden können, wie mein Bruder es getan hat.«
»Daisy«, sagte er, »ich fürchte, Beichten ist
nicht ganz mein Fach. Ich glaube nicht…«
»Sie hat sich
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