Brandzeichen
von den Leuten, die die Zeltstadt hinterher abgebaut haben.«
»Im Moment suchen wir ja nur nach Spuren, die in irgendeine Richtung weisen, und nicht unbedingt nach gerichtsverwertbaren Beweismitteln.«
»Ich verstehe, was Sie meinen, Boss, aber es besteht immer noch die Möglichkeit, dass alle die gleiche Marke geraucht haben.«
»Nicht unbedingt«, mischte sich David ein. »Nur wenn es Marlboros sind, bist du in Schwierigkeiten, da die ja etwa die Hälfte der US -amerikanischen Raucher qualmt. Dieser Prozentsatz vermindert sich allerdings mit zunehmendem Alter. Bei der Gruppe der über Sechsundzwanzigjährigen ist er schon deutlich geringer. Schau dir die Fotos genau an und versuche herauszufinden, mit welcher Marke du es hier zu tun hast, und richte deine weitere Vorgehensweise danach. Diane hat recht. Bewege deinen selbstmitleidigen Hintern und erledige ein bisschen ganz altmodische Detektivarbeit.«
Alle starrten David an. Neva sprach als Erste.
»Du hast eine Zigarettendatenbank, oder?«
»Natürlich habe ich die. Weißt du eigentlich, wie viele Verbrecher rauchen?«, sagte David.
»Aber du hast die ganzen Daten auswendig gelernt«, fragte Neva weiter.
»Nein, ich habe sie nachgeschaut, während sich Diane und Jin unterhielten.«
Jin sprang auf, holte seine Fotos und setzte sich neben David. Dann nahm er eine Lupe und begann, die Bilder genauer zu untersuchen.
»Hier ist etwas. Ist das ein Logo?«, fragte Jin.
David sah sich die Abbildung an.
»Okay«, sagte er und klickte durch die Bilder seiner Datenbank. »Die habe ich mir vorhin schon angeschaut. Du hast Glück. Das sind Dorals. Das ist keine Premium-Zigarette, eher eine Billigmarke. Sie wird hauptsächlich von der Altersgruppe der über Sechsundzwanzigjährigen geraucht, allerdings nur von etwa fünf Komma vier Prozent unter ihnen. In der Zeltstadt findest du bestimmt einzelne Doral-Raucher, und die sollte man sich genauer anschauen. Die Person, die dich angegriffen hat, muss außerdem körperlich ziemlich fit sein. Vielleicht ist sie sogar ein Kettenraucher. Es wird auch jemand sein, dem nur begrenzte finanzielle Mittel zur Verfügung stehen oder der einfach von Natur aus sparsam ist, beides allerdings nicht so sehr, dass er zu noch billigeren Discount-Zigaretten greifen würde. Außerdem ist er höchstwahrscheinlich weiß.«
»Woher um alles in der Welt willst du das alles wissen?«, fragte Neva.
»Sowohl die Tabakindustrie als auch die Antiraucherorganisationen haben eine ungeheure Fülle von demographischen Daten über Raucher gesammelt«, sagte David.
»Ich bin beeindruckt«, sagte Jin. »Das könnte gehen. Ich ziehe mir meine Sherlock-Holmes-Mütze auf und sammle ein paar weitere Zigarettenkippen ein.«
»Ich helfe dir«, sagte Neva.
Beide verließen das Labor. Jins Stimmung hatte sich augenscheinlich bedeutend verbessert.
»Gute Idee«, sagte David. »Vielleicht kommt wirklich etwas dabei heraus.«
»Wenigstens bringt es Jin wieder auf Trab. Er hasst es, wenn er seiner Meinung nach einen Fehler gemacht hat«, sagte Diane. »Jetzt muss ich aber mit Garnett telefonieren. Ich habe gerade etwas erfahren, das unsere Theorien wieder ziemlich verändern könnte.«
Diane rief Garnett von Davids Laborplatz aus an. David hörte ihr zu, als sie den Kripochef über Shawn Keith und seinen überstürzten Arbeitsplatzwechsel informierte.
»Ich kann ihn nicht einfach verhaften, weil er seinen Job wechselt«, sagte Garnett. »Er hat immerhin den Notruf benachrichtigt, als Sie von Stanton angegriffen wurden. Wir haben ihn danach als Zeugen befragt. Ich könnte ihn einfach unter dem Vorwand, dass wir eine weitere Zeugenaussage brauchen, noch einmal auf das Kommissariat laden.«
»Ich weiß, dass es weit hergeholt ist, aber wenn er Blake Stanton bei seinen Diebstählen auf dem Universitätscampus geholfen hat, hatte er auch ein gutes Motiv, ihn umzubringen.«
»Würde Shawn Keith wirklich diesen Stanton wegen ein paar Kleindiebstählen ermorden?«, fragte Garnett.
»Keith war Ordinarius der Geschichtsfakultät. Wenn herauskäme, dass er in Diebereien auf dem Campus verwickelt ist, wäre seine Karriere beendet. Er würde nie mehr an irgendeinem College oder einer Uni eine Anstellung finden. Er hatte also eine Menge zu verlieren.«
»Damit haben Sie wohl recht. Sie haben also Ihre Theorie über unsere Verbrechen wieder einmal geändert?«, fragte Garnett.
»Ich ändere überhaupt nichts. Das Ganze ist ein Prozess. Ich berücksichtige nur alle
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