Brandzeichen
atemlos, und man hatte den Eindruck, er müsse allen Anwesenden unbedingt erzählen, warum seine Frau fast zusammengebrochen wäre. »Auf geht’s, Marsha.« Er presste die Schultern seiner Frau. »Wir müssen weitersuchen, Schatz. Ich bin mir sicher, dass sie hier ist.«
»Sie könnten zum Studentischen Lernzentrum hinübergehen«, sagte Shelley und lehnte sich über ihren Schreibtisch. »Es ist ein ganz neuer Bau, und viele Studenten ziehen es vor, dort zu lernen. Es ist dieses riesige, wirklich hohe Gebäude im nördlichen Teil des Campus. Ich glaube, die haben dort auch eine Ausrufanlage.«
»Danke«, sagte Frank. »Das machen wir.« Er wandte sich den Bakers zu. »Wenn ich Star finde und Jenny bei ihr ist, sage ich ihr, dass sie Sie anrufen soll.«
Clyde Baker nickte. Seine Frau brach in Tränen aus.
[home]
9
D as Studentische Lernzentrum war tatsächlich ein gewaltiges Gebäude, das wie ein riesiger gelber Drachen über dem Campus der Bartram-Universität thronte. Es gründlich zu durchsuchen, würde Stunden, wenn nicht Tage dauern. Bestimmt verfügte es aber über eine Sprechanlage.
»Es wäre vielleicht besser, wenn ich die Suche fortsetze und du heimfährst und ein bisschen schläfst«, sagte Frank, ohne den Blick von diesem Riesenbau zu wenden. »Du hast morgen ja wieder einen langen und schweren Tag.«
»Ich könnte unter diesen Umständen sowieso kein Auge zumachen, ich würde nur dauernd auf deinen Anruf warten«, entgegnete Diane. »Besser, wir fangen gleich an.«
Sie stiegen zum Haupteingang mit den riesigen geschnitzten Doppeltüren empor. Dann betraten sie durch die massiven Eichentüren, die sich erstaunlich leicht öffnen ließen, ein ballsaalgroßes Foyer, dessen Boden offensichtlich aus poliertem grauweißem Granit bestand. Auf einer Tafel an der Wand war zu lesen, dass es sich bei dem Stein um Diorit handelte, der ganz in der Nähe im nördlichen Georgia gebrochen worden war. Was hatte ihr Mike, der Geologe ihres Museums, noch einmal über Diorit erzählt? Es sei ein Mafit, der zu den plutonischen Gesteinen gehöre. Das Ganze klang für ihre Ohren eher wie etwas, das von einem fremden Planeten und nicht aus dem Inneren der Erde stammte.
Star … bitte sei nicht auf diese Party gegangen
, sagte sie immer und immer wieder still vor sich hin.
Jenseits des Foyers bestanden der Boden aus Ziegelplatten und die Wände aus gelbem Backstein, der über Eck verlegt worden war, damit er denselben unebenen Effekt wie die Außenmauern aufwies. Einige Studenten saßen sogar mit dem Rücken an der Wand auf dem harten Steinfußboden und studierten in ihren Büchern. Einige hatten sich zum Schlafen zusammengerollt und dabei die Köpfe auf ihre Rucksäcke gelegt. Frank fragte einen Studenten, der noch wach war, nach dem Weg zum Hauptbüro. Dieser starrte ihn nur verständnislos an.
»Hauptbüro?«
Der Junge sieht nicht älter als sechzehn aus,
dachte Diane. Sie fühlte sich plötzlich schrecklich alt.
»Gibt es denn hier kein Hauptbüro? Ich meine, die Verwaltung und die Seminarräume.«
»Doch, da vorne ist es«, sagte sein Begleiter, ein strohblonder Junge, der ungefähr dasselbe Alter hatte. Er deutete in Richtung einer Glastür, durch die man offensichtlich in ein Büro gelangte. »Aber es hat schon geschlossen. Sie machen erst morgen wieder auf, wenn Sie einen Seminarraum mieten wollen, oder so. Sie wissen auch nicht zufällig, wie man den Steigungsfaktor berechnet?« Er blätterte etwas ratlos durch sein Lehrbuch. Frank kniete sich neben ihn hin, nahm sein Notizheft in die Hand und schrieb eine Gleichung hinein. »Mensch, stimmt ja«, sagte der Student und schaute Frank dankbar an.
»Was für einen Test hast du denn morgen?«, fragte Frank.
»Höhere Analysis.« Er zögerte einen Moment. »Ich bin in Schwierigkeiten, oder? Ich sollte eigentlich so einen Steigungsfaktor berechnen können.«
»Manchmal ist es besser, ein wenig zu schlafen, als die ganze Nacht durchzulernen«, sagte Frank, als er wieder aufstand. »Gönne deinem Hirn ruhig etwas Ruhe.«
»Ja, Sie haben wahrscheinlich recht, aber ich muss an mein HOPE -Stipendium denken.«
Diane dachte, dass Dealer in diesem Umfeld ziemlich sicher Abnehmer für ihr Speed finden würden. Hier befanden sich lauter Kids, die möglichst gute Noten brauchten und die ganze Nacht wach bleiben wollten, um ihre Examen vorzubereiten. Sie fragte sich, ob das explodierte Meth-Labor auch Studenten hier in diesem Gebäude versorgt hatte. Sie nahm sich
Weitere Kostenlose Bücher