Brann 01 - Seelentrinkerin
diese Mißhelligkeit war nun vorüber, Haus und Garten waren wieder ein Ort der Ruhe und Sammlung geworden. Negomas erwies sich als stiller zufriedener Hausgenosse, der lebenden und wachsenden Dingen Zuneigung entgegenbrachte, beim Umgang damit entfalteten seine zu großen Hände, die sonst so plump wirkten, eine sanfte Sicherheit. Er hatte einen ungeeigneten Körperbau und keinerlei Begabung für Akrobatik oder die neue Art von Tänzen, die Taguiloa zu entwickeln versuchte, doch er neigte allmählich zu der Auffassung, jemanden gefunden zu haben, dem er all das andere weitergeben konnte, das er von Gerontai gelernt hatte. Und vielleicht vermochten die Wandelkinder einen Hinaknaben aufzuspüren, der dazu fähig war, die erforderlichen Bewegungen zu lernen, einen Knaben, der in ein Heim paßte, wie Taguiloa es zu bieten hatte, der Stille und Frieden zu schätzen wußte. Taguiloa wankte die gewundene Straße entlang, träumte von der Zukunft, fing zu lachen an, als er voraus Schreie, Flüche und Kreischen hörte, Brausen und Knistern, Brüllen und ein Aufheulen. Die Drachenkinder befanden sich am Werk.
Als er vor der Gartenpforte verhielt, lugte ein roter und goldgelber Drachenkopf über die Mauer, ein goldfarbenes, wie kristallisches Drachenauge zwinkerte ihm zu, dann wurde der Kopf zurückgezogen. Taguiloa drückte gegen die Flügel der Pforte, und sie schwangen lautlos einwärts. Das mußte Yarm zu verdanken sein, gestern hatte eine der linken Angeln noch gequietscht. Taguiloa schlenderte in seinen Garten, die Hände auf dem Rücken verschränkt, blieb nach wenigen Schritten stehen, betrachtete mit einem Grinsen den Anblick, der sich ihm bot.
Yarm duckte sich verkrümmt nieder, die Fäuste geballt, sinnlose Wut verzerrte ihm das Gesicht, Hemd und Hose wiesen viele dünne, an den Rändern verkohlte Schlitze auf, waren übersät mit schwarzen Flecken, die noch glommen und qualmten.
Auf den Knien heulte Hammerfaust vor Schmerz, die Seite seines Gesichts war verbrannt worden, die Haut der linken Schulter und des linken Arms warf Blasen.
Zwei andere Kerle lagen mit den Gesichtern auf dem Kies des Gartenpfads, stumm vor Entsetzen, sie wagten kaum zu zucken.
Der Yaril-Drache und der Jaril-Drache flatterten herab, schwebten neben Taguiloa in der Luft, einer zu seiner Linken, einer zur Rechten, beide etwas hinter ihm, wie es sich für wohlerzogene Leibwächter gehörte.
»Sei gegrüßt, Yarm!« sprach Taguiloa. »Bist du gekommen, um deine Sachen abzuholen? Wie ich sehe, hast du meine Freunde kennengelernt.« Wegen Hammerfausts fortwährendem Geheul verzog er das Gesicht, wandte sich an Jaril. »Kannst du nicht was gegen diesen Krach unternehmen?«
Ein goldkristallenes Auge zwinkerte ihm zu, der Drache verflüchtigte sich, als Leuchterscheinung durchschwebte Jaril den Räuberhauptmann, umkreiste ihn, durchquerte seine Gestalt noch einmal, nahm dann wieder das Aussehen eines Drachen an und kehrte zu seinem Platz neben Taguiloas Schulter zurück. Das Heulen verstummte. Vollauf geheilt war der Mann nicht, die Haut war nach wie vor verbrannt und blasig, doch wenigstens schmorte sie nicht länger. Hammerfaust rappelte sich auf. Er streckte und schloß die linke Hand. Die Muskeln in seinem Arm bewegten sich zwar nur steif, doch der Schmerz war nicht mehr unerträglich.
»Meine Freunde haben versprochen, über mich und die Meinen ihre Beschützerhand zu halten«, erklärte Taguiloa. »Sie haben wohl gedacht, ihr hättet, weil ihr hier im Dunkeln steht, feindliche Absichten. Ihr habt doch keine feindlichen Absichten, oder, Hammerfaust?«
Entgeistert glotzte der Hüne die Drachen mit den schlangenartigen Leibern an, wandte den Kopf immerzu von der einen zur anderen Seite, bis Taguiloa vom bloßen Zusehen schwindlig wurde. Seine Augen stierten glasig, vor Furcht rann ihm Schweiß übers Gesicht. Hammerfaust hustete.
»Äh, ach was, freilich nicht«, beteuerte er, wandte sich von Yaril und Jaril ab, betastete sich die versengte Körperseite. »Wie du's gesagt hast, wir sind da, um Yarms Sachen zu holen. Es ist alles bloß 'n Mißverständnis.« Er trat den Mann, der in seiner Nähe auf der Erde lag, in die Rippen. »Nicht wahr, Wibbel? Steh auf, du elendes Stück Ziegenmist!«
Die Drachen lachten lautlos. Taguiloa schaute Yaril an, blinzelte voller Staunen, als sie aus den Nüstern zu qualmen begann und aus ihrem Rachen ein knappes Sprühen hellblauen Feuers prasselte. Wibbel schlotterte am ganzen Leib und hatte ernste
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