Brann 01 - Seelentrinkerin
auf ihn gehabt, vielleicht auf ähnliche Art wie bei Geistern, die den Duft von Wein, Tee und gekochten Speisen aufnahmen. Was aßen solche Wandelkinder? Zu so etwas äußerte Jaril sich nie. Völlig gleichgültig, dachte Taguiloa, er ist ein Freund, er kann essen, was er mag, es geht mich nichts an, Jaril ist ein guter Junge, auch wenn er mir bisweilen Grausen einjagt.
Er hielt sich in den Schatten, wurde auf dem Heimweg langsam nüchtern, näherte sich so leise wie nur möglich seiner Gartenpforte. Hammerfaust hatte gewiß nicht vor, ihn totzuschlagen, bestimmt wollte er ihm lediglich einen Arm oder ein Bein brechen — oder beides — und ein wenig auf ihm herumtrampeln und er würde, wenn die Brüche geheilt waren, diese Behandlung wiederholen, bis Taguiloa nachgäbe und Yarm wieder bei sich aufnähme. Taguiloa verwünschte die Beulen am Arsch des temuengischen Kaisers oder was es sein mochte, das ihn so ruhelos machte, dazu bewog, sich alles zu greifen, dessen er habhaft werden konnte. Hätte sich die übliche Zahl von Vollstreckern in der Stadt befunden, wäre die Garde des Tekoras vollzählig, würde Hammerfaust sich vielleicht auf eine leichte Tracht Prügel beschränken. Tungjii und Jah'takash allein wußten, wie übel er es heute treiben mochte.
Eine Ohreule kam herabgeschwirrt, verwandelte sich in ein blondes Kind. Yaril. »Im Garten warten Männer auf dich«, flüsterte sie Taguiloa aus nächster Nähe zu. »Yarm und ein zweibeiniger Elefant, dazu 'n paar Männer mit Keulen.«
»Hammerfaust in Person.« Leiser fluchte Taguiloa. »Wirklich 'ne ernste Lage.«
»Dachte ich mir. Hättest du was dagegen, wenn Jaril und ich deinen Garten 'n bißchen anbrennen?«
»Was?«
»Ich denke daran, was du über Drachenfeuer gesagt hast. Wir müssen das ausnützen.«
Taguiloa musterte sie, dann griente er. »Drachen.«
»Also?«
»Für einen guten Zweck, warum nicht?« Taguiloa schnitt eine böse Miene, fluchte nochmals. »Hammerfaust ...! Seshtrango strafe ihn mit Fallsucht und einem Schwarm blutgieriger Flöhe.«
Yaril kicherte, blickte in die Höhe, kicherte ein zweites Mal, gleißte auf und verwandelte sich in eine grüne und silberne Nachahmung des kleinen karmesinroten und goldfarbenen Drachen, der über Taguiloas Kopf seine Kreise zog.
Droben wedelte der Jaril-Drache zum Gruß mit dem geschmeidigen Schweif.
Taguiloa grinste zu den Drachenkindern hinauf. »Ihr seid ja beide betrunken.« Lautloses Lachen perlte ihm durchs Blut. Die gewundenen Leiber der zwei Drachen schlängelten sich wie Gelächter durch die Luft, zogen Schleifen des Lachens umeinander, sie hatten ungeheuren Spaß an einer äußeren Gestalt, die sie anscheinend stärker berauschte, als eine beliebige Menge Wein es konnte. Sie nahmen sich zusammen, ehe der Zauber ihrer Schönheit Taguiloa zu beeindrucken nachließ (er war ebenfalls betrunken, und zwar viel stärker, als er es in so einer Stunde hätte sein dürfen), und flatterten in die Richtung seines Hauses.
Taguiloa wartete eine kurze Weile ab, dann folgte er zu Fuß, genoß die Vorstellung, welchen Schrecken sie den Schlägern bereiten würden, die ahnungslos wie unschuldige Kinder in seinen Sträuchern lauerten. Die Drachen flogen ihm geschwind voraus, sausten in flinkem Geschlängel auf seinen Garten zu. Taguiloa strebte notgedrungen auf der Straße dahin, zwischen den hohen, aus Holz und Stein errichteten Mauern, die die Haus- und Gartengrundstücke jener Musikanten und Künstler umzäunten, die wohlhabend genug waren, um hier einen Wohnsitz erwerben und instandhalten zu können. Er hatte sein Heim geerbt. Nach dem Tod seines Lehrmeisters hatte er einige unsichere Jahre durchgemacht, in denen er befürchten mußte, das Häuschen mit Garten zu verlieren, und er hatte seinen Stolz überwinden und sich von Schwarzdorn Geld leihen müssen, obwohl er wußte, daß sie von ihm keine Rückzahlung erwartete. Dennoch hatte er es getan — und das Geld trotzdem zurückgezahlt —, weil Gerontai ihm Liebe zur Gartenpflege vermittelt hatte, er kannte in dem Garten jede Pflanze, jeden Fingerbreit Erdboden, sogar die Würmer und Käfer, die darin lebten, er kannte den Geschmack, das Gefühl und die Gerüche, jeder Zwergkarpfen im kleinen Teich war ihm vertraut, ebenso jeder Vogel, der in den Bäumen und Sträuchern nistete. Der Garten war seine Zuflucht, seine Stätte der Meditation, er war für ihn notwendiger als alles und alle, sogar als Schwarzdorn. Yarm hatte den Frieden gestört, aber
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