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Brann 01 - Seelentrinkerin

Brann 01 - Seelentrinkerin

Titel: Brann 01 - Seelentrinkerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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sich damit abzufinden, wie er war, denn ändern würde er sich voraussichtlich nicht. Seine Flöte war ein Quell der Freude und ein Segen fürs Geschäft; das mußte genügen.
    Negomas und Harra saßen häufig beisammen, tauschten untereinander ihre Kenntnisse der Magie aus. So wie Taguiloa Bestandteile von Tanz, Akrobatik und Gauklerkünsten zu einem neuen erregenden Ganzen vereint, er Harra, Negomas und Linjijan zusammengeführt, sie gewissermaßen dazu gezwungen hatte, die Musik zu entwickeln, die er für seine Tanzauftritte brauchte, so verschmolzen diese beiden Waisen ganz unterschiedlicher Abkunft und verschiedenen Hintergrunds ihr Wissen und schufen eine seltsam vermischte, aber wirksame Art von Magie, die nur sie beherrschten, die ihre jeweilige Macht steigerte, sie gleichzeitig jedoch zu einer höheren Gesamtheit erhob, die den einzelnen weit übertraf.
    Brann blieb von den anderen Angehörigen der Truppe ähnlich abgesondert wie Linjijan, nur war sie sich dessen bewußter; inzwischen unterschied sie sich längst zu stark von gewöhnlichen Menschen, ihre Zwecke wichen von deren Streben zu sehr ab. Die Trugbilder, die Harra und Negomas hervorriefen, nur zum Spaß, um sich Kurzweil zu bereiten, beeindruckten sie genauso wie die tiefgehende Verbindung zwischen Magie und Musik, die den Anschein erweckte, als beeinflusse das Ineinandergreifen der Klänge von Trommeln, Daroud und Harras Pfeifen das Unsichtbare in einer Weise, die dem Knaben und der jungen Frau erlaubten, es sich gefügig zu machen. Nach der Abfahrt aus Hamardan hatte Brann von Harra zu lernen versucht, doch es gelang ihr nicht. Es erging ihr, als wäre sie taub für die Tonarten und wollte dennoch das Singen lernen. Es gab in oder an ihr etwas, das keine Magie duldete. Das wiederum verblüffte Harra aufs äußerste, sie stellte mit Brann eine Anzahl von Versuchen an und fand heraus, daß jeder Zauber und sogar alle nicht zweckgebundene magische Kraft, die sie an Brann anzuwenden sich bemühte, ganz einfach an ihr abglitten. Magie versagte bei Brann, ließ sich bei ihr nicht verwenden. Harra und Negomas konnten in ihrer Anwesenheit nur solche magischen Verrichtungen ausführen, die nicht ihr galten. Sie war keine Unwirksammacherin, kein menschlicher Abgrund, in den Zauberkraft nutzlos verschwand; sie war schlichtweg dagegen gefeit. Neuerdings jedenfalls. Sie erzählte Harra von dem Schamanen im Marish, der sie und die Wechselkinder so gründlich überrumpelt hatte. Harra zog daraus die Schlußfolgerung, daß der Anschlag des Schamanen irgendwie die Ursache ihrer und der Wandelkinder Gefeitheit gegen Magie gewesen sein mußte. Brann hörte zu, seufzte und nickte. »Slyas Werk«, sagte sie. »Sie will nicht, daß irgendwer außer ihr über mich Macht ausübt.«
    Die Landschaft bräunte sich, man sah immer mehr Stoppelfelder, während die Ernte eingebracht wurde, der Herbst rückte heran. Das Weideland verfärbte sich gelblich, wies nur da und dort noch grüne Flecken auf, wo etwas Gras oder — noch karger — andere Pflanzen wuchsen. Die Truppe näherte sich dem Ödland, wo das Erdreich hart war und rissig, von Salz und Laugen strotzte, so daß dort — und das lediglich stellenweise — nur die widerstandsfähigsten Gewächse gediehen. Selbst längs des Stroms, wo es reichlich Wasser gab, stand wenig Grün, und die Bäume hatten ein kümmerliches Aussehen.
    Einige Stunden lang zogen sie durch langgestreckte gerade Aufreihungen von Panja-Sträuchern dahin, niedrigen Büschen mit glatter, harter, rotbrauner Rinde, krummem Geäst und kleinen runden Blättern, so hart wie gekochtes Leder. Diese Strauchreihen waren als Windschutz gegen die Winterstürme gepflanzt worden, die von den nördlichen Ebenen herabwehten, den ebenen, trostlosen Steppen, die die Temueng hervorgebracht hatten. Kurz nach Mittag blieben die letzten Buschreihen hinter ihnen zurück, sie verließen das Kamanarcha-Jamarak und gelangten ins Ödland.
    Die Straße stieg an, die Bäume standen dünner, fehlten bald völlig. Karg wuchs gelbliches Gras an den Hängen, aber es wirkte wenig gesund. Der Fluß verschwand zusehends in der breiten Schlucht, die die Matigunns teilte; während die Straße am Rande der Schlucht entlanglief, nahm der Treidelpfad seinen Verlauf weit drunten in deren Tiefe, die mit Steinen aufgetürmten Säulen, die die Ufer des Kanals kennzeichneten, ragten wie graue Finger aus dem kalten klaren Wasser, das in der Spätsommersonne blauer als blau glänzte. In dieser

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