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Brann 01 - Seelentrinkerin

Brann 01 - Seelentrinkerin

Titel: Brann 01 - Seelentrinkerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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Gegend verband ein Stück des Stroms Abschnitte des Kanals miteinander, das Felsgestein des Berges war zu hart, als daß etwas anderes möglich gewesen wäre; das Anlegen des Treidelpfads war bereits ein gewaltiges Werk gewesen, alten Erzählungen zufolge sollte in sagenhaften Vorzeiten, noch ehe Popokanjo auf den Mond schoß, Drachenbrodem den Weg in den Fels geschmolzen haben. Noch verkehrten keine Schleppkähne auf dem Fluß, auch befuhren ihn keine sonstigen Schiffe. In ein paar Wochen, wenn flußauf, flußab die Ernte vorbei war, würde die Jahreszeit des Handels einsetzen, würden die großen kaiserlichen Apfelschimmel, die in Gespannen von acht oder zehn Tieren die Schleppkähne von Hamardan bis zum Biraryry-See zogen, stur gen Norden stapfen, eskortiert von Reitern der kaiserlichen Garde. Ausschließlich kaiserliche Gestüte züchteten diese Grauschimmel und bildeten sie aus; jeden anderen, den man mit einem derartigen Pferd erwischte, hieb man in Stücke und verfütterte ihn an die Grauschimmel, sie fraßen nämlich nicht bloß Hafer, sondern auch Fleisch, vorzugsweise Menschenfleisch, obschon sie sich mit Hund oder Kuh oder auch dem Fleisch anderer Pferde zufriedengaben, saß einmal niemand in den Kerkern des Kaisers, der so wohlauf war, daß man ihn an sie verfüttern konnte. Vom Wurf der für ein solches Gespann gedachten Tiere an teilte man ihnen einen nur für sie zuständigen Treidelführer zu; von Anfang an schlief und aß er mit ihnen gemeinsam, er leitete ihre Paarungen in die Wege, pflegte sie in jeder Beziehung, beschlug sie, flocht Mähnen und Schweife zu Zöpfen, wusch und kämmte ihnen den Federschmuck an den Fesseln, behob Schäden an den Geschirren, putzte die Hufeisen, ölte das Zaumzeug, damit es glänzte. Das alles tat er aus Stolz und aus Zuneigung zu den ihm anvertrauten Pferden, allerdings auch deshalb, weil sie jeden Fremden, der ihnen näherzutreten versuchte, töteten und auffraßen. Selbst die dreistesten Ular-drah-Banden ließen von ihnen die Finger. Der Treidelverkehr war sicher, aber sehr teuer.
    Hoch über einem Berg schwebte ein Adler würdevoll durch weitgeschwungene Schleifen, Yaril hielt wachsam Ausschau über die Straße und die benachbarten Hügel. Sie konnte jeden Hinterhalt ausspähen, ehe er den Reisenden ernsthaft zur Bedrohung wurde. Harra und Taguiloa scherzten miteinander, bis auf weiteres waren beide in gelöster Stimmung und sorglos; Yarils Gegenwart bot die Gewähr, daß für die Truppe keine unmittelbare Gefahr bestand. Brann ritt dem Wagen voraus, grübelte über eine Schwierigkeit nach, deren Behebung immer stärker drängte: die Kinder hatten Hunger. Die Auftritte verbrauchten ihre Kräfte schneller, als Brann es erwartet hatte. Vierzehn Tage lang war sie durch die Gassen Sililis gewandert, hatte jedem Mann die Lebenskraft abgesaugt, der ihr folgte, um sie zu berauben oder zu vergewaltigen oder beides zu tun, sie hatte davon so viel an die Kinder weitergegeben, daß sie nicht die geringste Menge der Kraft, die sie für ihr sonderbares Leben benötigten, mehr hatten aufnehmen können, und einen zusätzlichen Vorrat entwendeten Lebens hatte sie im Körper gespeichert, bis ihr Fleisch davon leuchtete. Seither hatte sie die Kinder mit diesem Vorrat ernährt und ihn anhand tierischen Lebens aufgefrischt, wie sie es gerade erwischen konnte, durch Hunde und Katzen, die sich in den Straßen und Gassen der Städte und Dörfer umhertrieben, in denen sie Vorstellungen gaben. Menschenleben auszulöschen, vermied sie während der Landfahrt völlig. Sie wollte nicht, daß irgend jemand womöglich einen Zusammenhang zwischen mancherlei rätselhaften Todesfällen und der Truppe sah. Sie verfluchte den Hamardaner Jamar, er war der Urheber der Schwierigkeit; ohne seine Sonderwünsche wären sie längst in Andurya Durat angelangt und hätten den Abschaum der Stadt als Quell der Lebenskraft verfügbar. Noch ein, zwei Tage, und sie würde sich auf Jagd begeben müssen, auf alles, was sich in diesen kahlen Bergen greifen ließ, zweibeinige oder andere Wölfe, Wildkatzen, Hochwild, alles eben, was ihr die Kinder zutrieben. Die Kinder hatten Geduld, aber bald würden sie Not leiden, und dann mußten sie Brann zum Handeln drängen.
    Gegen Abend war die Truppe weit ins Ödland vorgedrungen. Yaril hatte einen der Pferche entdeckt, in denen man die Apfelschimmel des Kaisers abstellte, wenn sie die Straße nach Hamardan benutzten, um zurückzukehren und einen neuen Flußkahn zu

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