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Brann 01 - Seelentrinkerin

Brann 01 - Seelentrinkerin

Titel: Brann 01 - Seelentrinkerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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schleppen. Es handelte sich um einen Steinkreis mit einem Tor aus dicken Balken und dreiwandigen, also an einer Seite offenen Ställen, verschlossenen Haferkästen sowie einer steinernen Tränke. Neben der Straße erhob sich ein aus langen Balken gezimmertes Dreibein, das zum Teil über den Fluß ragte, versehen mit einem Kübel und einem Strick; dank dieser Einrichtung hatte die Truppe keine große Mühe, für sich und die Pferde Wasser zu schöpfen. Sie schlug innerhalb des Pferchs ihr Lager auf, füllte die Tränke mit Wasser, und einen halben Sack Hafer in den Futtertrog (die Vorratskästen rührte man nicht an, obwohl die Kinder die Schlösser zu öffnen vermocht hätten, das Futter war für die Apfelschimmel bestimmt, und davon zu nehmen, hätte geheißen, den Kaiser selbst zu bestehlen, ein Verhalten, das schlimme Folgen haben konnte). Die Nacht verhieß kalt und düster zu werden, obschon Tungjii noch gnädig war, denn der Himmel war wolkenlos, kein Regen drohte. Die Kinder streiften durch die Anhöhen und brachten Kohlebrocken für das Lagerfeuer, berichteten von einem an der Oberfläche gelegenen Flöz etwa eine Meile abseits der Gebirgsstraße. Nachdem sie Brann und die Kinder am Lagerplatz als Wächter zurückgelassen hatten, nahmen Taguiloa, Linjijan und Harra leere Futtersäcke und holten so viel Kohle, wie sie tragen konnten; auch diesen Fund bewertete Taguiloa als Gunstbeweis Tungjiis, sie würden nämlich kein Brennholz sammeln können, solange sie sich im Ödland aufhielten. Und die Nächte versprachen keineswegs wärmer zu werden.
    Während Harra und Taguiloa unter Verwendung vorhandenen Dörrfleischs und Gemüses eine Mahlzeit zubereiteten, fröhlich über die Zusammensetzung und darüber stritten, wieviel Reis im anderen Topf gekocht werden mußte, Negomas und Linjijan mit rauhen Bürsten die Pferde abrieben, ihnen Mähnen und Schwänze kämmten und die Hufe säuberten, entfernte sich Brann mit den Kindern zum Dreibein, wo sie vom Innern des Pferchs aus nicht gesehen werden konnten. Sie streckte die Hände aus, und die Kinder entzogen ihr neue Lebenskraft; Brann spürte, wie sie sich darum bemühten, ihren Hunger, der mit jeder Nacht zunahm, zu beherrschen, und litt mit ihnen. Als sie ihre Hände losließen, seufzte sie. »Wollt ihr heute abend auf Jagd gehen?«
    Yaril trat einen Stein über die Kante der Schlucht, schaute ihm nach, wie er das fast senkrechte Kliff hinabfiel und ins Wasser klatschte. »Vielleicht ist's überflüssig.«
    »Ular-drah?«
    »Hm-hm. Seit dem Spätnachmittag hat uns 'n Mann beobachtet.«
    »Wo steckt er jetzt?«
    »Er ist weg. Er hat sich fortgemacht, bevor wir die Kohle fanden, sobald feststand, daß wir unser Nachtlager aufschlagen.«
    »Aha. Du könntest recht haben.«
    Yaril nickte, ihr silbriges Haar schimmerte im Schein des Wunden Monds. Sie kicherte. »Unser Abendessen kommt freiwillig zu uns.«
    »Was glaubt ihr, wann?«
    »Erst wenn die Kerle denken, daß wir alle schlafen. Sie betrachten das für uns als Falle.« Yaril nickte hinüber zu dem Pferch. »Ich bin der Meinung, wir sollten daraus eine Falle für sie machen.« Sie sah Jaril an. Er nickte. »Ich kläre als Eule in weiterem Umkreis auf. Jaril bleibt bei dir und unterrichtet dich vom Lauf der Dinge. Wie verhalten wir uns je nach ihrer Anzahl? Vier oder fünf, würde ich sagen, sollen uns recht sein, dafür sind wir hungrig genug. Sind's zehn oder mehr, vertreiben wir sie, greifen uns einige heraus, zwei oder drei vielleicht, wir stellen sicher, daß sie nicht weglaufen können — was meinst du, Brombeer?«
    Brann empfand einen Anflug von Widerwillen, jedoch nur flüchtig. Die Ular-drah waren eine ganz besonders abscheuliche Räuberbande, sie gaben sich nicht einmal den Anschein irgendwelcher Tugenden, selbst die Gutmütigsten unter ihnen waren nur so umgänglich wie menschenfressende Haie. Brann wies mit dem Kinn in die Richtung des Pferchs. »Weihen wir sie ein?«
    »Ich bin dagegen«, antwortete Yaril.
    Jaril nickte. »Laß sie schlafen! Sie wären uns nur im Weg.«
    Brann seufzte, dann lächelte sie. »Wieder liegt's alles an uns.« Ihr Lächeln verbreiterte sich zu einem Grinsen. »Nehmt euch in acht, Hügelwölfe!«
    Jaril blickte auf. »Es sind sechs. Sie haben sich auf den Weg gemacht.« Seine Gestalt verschwamm, er wurde zu einem Wolf und trottete davon ins Dunkle.
    Brann strich sich mit den Fingern durchs Haar, das Schwarz wich daraus, bis es wieder weiß war und wild im kräftigen kalten

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