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Brann 01 - Seelentrinkerin

Brann 01 - Seelentrinkerin

Titel: Brann 01 - Seelentrinkerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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Schiffs die Arth Slyaner unter Deck, ins Trockene. Die Flucht durchs Palastgelände und über den See hatte beinahe drei Stunden gedauert, und selbst die Kräftigsten der Flüchtlinge waren durchgefroren, ausgelaugt und bis auf die Haut durchnäßt. Nachdem sie sich abgetrocknet, neue Kleidung angezogen und in Hängematten gebettet hatten, sobald sie sich endlich, in Decken gewickelt, ausruhen konnten, in den Hängematten schaukelten, während das Schiff die Anker lichtete und flußabwärts schwamm, wich die Anspannung allmählich aus ihnen, sie hatten es warm und behaglich, und die Mehrheit sank in festen Schlummer.
    Cathar hingegen fühlte sich zu unruhig, als daß er hätte schlafen können. Schließlich schwang er sich aus der Hängematte und begab sich zurück an Deck. Die Masten ragten kahl empor, nur ein kleineres Dreieckssegel war gesetzt; der Schiffsherr entfernte das Schiff von den Ankerplätzen, so still und unauffällig es sich bewerkstelligen ließ. Während er versuchte, den Seeleuten aus dem Wege zu bleiben, die auf Deck hin- und hereilten, tastete sich Cathar unsicheren Schritts, während ihm Wind und Regen den Rücken peitschten, an der Reling entlang zum Bug, wo der Panday stand und ins Düstere spähte. Er berührte den Mann am Arm. »Schiffsherr?«
    Der Panday wandte ihm ein Gesicht zu, das einem steinernen Götterbild hätte gehören können, Strenge und Ernst kamen darin zum Ausdruck, linderten sich nur wenig, als er sah, wer ihn angesprochen hatte. Selbst wenn man diese Milderung berücksichtigte, wirkte er noch abweisend, und die Worte unterstrichen seine spürbare Abneigung gegen Lehmfüße, die auf dem Deck seines Schiffs herumliefen. »Unter Deck dürftest du dich wohler fühlen. Du bist Cathar, Branns Bruder, stimmt's? Klar. Wenn wir hinter der Flußbiegung dort sind, nehmen wir volle Fahrt auf. Dann ist hier kein Platz für Fahrgäste.«
    »Warum ist Brann nicht an Bord?«
    »Deine Schwester hat für alles, was sie unternimmt, gute Gründe, die man achten sollte. Sie hat euch herausgeholt, und ich bring euch heim, und das genügt. Beizeiten wirst du sie wiedersehen. Hör zu, Cathar, unter gewöhnlichen Umständen braucht man drei Tage den Palachunt hinauf und zwei Tage den Fluß hinab, wenn man 'n Schiffsherr ist, der sein Schiff gut behandelt. Wir dagegen wollen uns mit den Brieftauben messen und gehen auf dieser Fahrt Wagnisse ein, daß mein Haar ergraute, würde ich dran denken. Erreichen wir die Flußmündung bis zum Mittag des morgigen Tages, haben die Temueng keinerlei Möglichkeit, um das dortige Fort noch rechtzeitig zu verständigen, so daß man uns aufzuhalten vermöchte. Aber eins, Bursche, eins können wir, soll uns Erfolg be schieden sein, nicht gebrauchen, nämlich Störungen auf Deck. Sorg dafür, daß deine Gefährten unten bleiben, ja?«
    »Ich habe verstanden. Warum tust du das?«
    »Brann ist nicht nur deine Schwester, sondern auch unsere Hexe. Eines Tages, wenn ich gutgelaunt und betrunken bin, werde ich dir diese Geschichte vielleicht erzählen.«
    »Hexe?« Da erinnerte sich Cathar an die Art und Weise, wie Brann die Gesichter zu wechseln imstande war, schaute zur Seite, empfand bei dieser Vorstellung Unbehagen.
    »Und nun hinab mit dir!« Eine starke Hand faßte Cathar an der Schulter, drehte ihn um. »Geh!«
    Brann stand am beschlagenen Fenster, sah draußen die Regenschleier und im Glas das Flackern der einzigen Lampe, die die Dunkelheit in der engen Kammer aufhellte. Im Spiegelbild der Fensterscheibe entstand Bewegung, jemand öffnete die Tür. Brann verharrte verkrampft, ihre Haltung lockerte sich, als Jaril eintrat, der aussah wie ein kleiner schwarzhaariger Hinabengel. Er kam zu Brann und lehnte sich an ihre Hüfte; für eine Weile sprach keiner von beiden ein Wort, dann begann Jaril zu singen, seine Stimme säuselte so verhalten, als ob sie keine Schwingungen verbreitete.
     
    »Kranich fliegt hoch über alle Türme
    durch des grauen Himmels Stürme,
    Wunder Mond steht hoch und bleich
    überm Strom in der Nacht Reich.
    Oh, des Nebelkranichs Streich:
    Unvermerkt entreißt er jemand
    des habsüchtgen Herrschers Hand.
    Geendet hat des Nebelkranichs Flug,
    der Schiffsherr hielt Wort ohn Trug.
    Von Furcht ist jemand frei sogleich,
    lacht ins Gesicht dem Kaiserreich,
    und vor der Sonne Dunkles weich.
    Den Schlüssel dreh,
    in die Freiheit geh.
    Segen empfang statt Weh,
    die Heimat wiederseh.«
     
    Brann seufzte, wandte sich vom Fenster ab. »Der Flug des

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