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Brann 01 - Seelentrinkerin

Brann 01 - Seelentrinkerin

Titel: Brann 01 - Seelentrinkerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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in Fetzen gerissen, nur noch irgendwie um sie gewickelt. Sie bewegte sich steif, Arme und Gesicht wiesen Quetschungen auf, ihre Miene war starr, doch Brann sah ihr sogar von weitem den Zorn an, der in ihr schwelte. Erst einmal zuvor hatte sie ihre Mutter wütend gesehen, als ein neuer Lehrling, der sich noch nicht auf die Sitten des Tals umgewöhnt gehabt hatte, Branns ältesten Bruder Cathor wegen einer Kleinigkeit anfiel, jedoch ließ ihr damaliger Ärger sich nicht im mindesten mit dem Zorn vergleichen, den Brann ihr heute anmerkte. Man schnitt die Frauen los, und sie mußten Essen zubereiten, zuerst für die Krieger, danach für die Gefangenen.
    Langsam erhellte sich der Morgen. Der Geruch des Essens drang an Branns Nase, und ihr Magen krampfte sich zusammen. Yaril entfernte sich abermals für ein Weilchen, fand sich dann mit Nahrung wieder ein, die sie drunten für Brann entwendet hatte. Eine Zeitlang starrte Brann Brot, Käse und den Krug Buttermilch nur an. Obschon sie Hunger verspürte, kam es ihr entsetzlich vor, essen zu sollen, während sich in ihrem Kopf die mitangesehenen Greuel immerzu wiederholten, alle die Dinge, die sie niemals vergessen würde, ganz gleich, wie lange sie lebte.
    Yaril schlug ihr auf die Schulter. »Iß!« bat sie. »Du brauchst Kraft, kleine Brombeere. Möchtest du deine Mutter und die anderen Gefangenen nicht aus den Klauen dieser Mörder befreien? Wie sollte dir das möglich sein, wenn du vor Schwäche nicht einmal auf den eigenen Beinen zu stehen vermagst? Du bist ein vernünftiger Mensch, Brombeer-voller-Dornen. Du weißt selbst, es ist richtig zu essen, um bei Kräften zu bleiben.«
    Brann schaute vom einen zum anderen blassen spitzen Kindergesicht. »Glaubt ihr wirklich, es könnte mir gelingen, sie zu befreien?«
    Yaril nickte. Einen Augenblick lang zauderte sie, ihre Gestalt schien an den Rändern undeutlich zu werden, aber ihr Nicken bezeugte nichts als nachdrückliche Entschiedenheit. »Mit unserem Beistand. Wir werden dir zeigen, wie es zu bewirken ist.«
    Brann schöpfte tief Atem und ergriff den Krug. Anfangs fiel ihr das Trinken schwer, der Magen drohte sich heftiger denn je aufzubäumen, aber je mehr sie trank, um so wohler wurde ihr zumute.
    Gerade als sie die hastige Mahlzeit beendete, begannen die Bewegungen unten Ordnung und Überschaubarkeit zu erlangen, die Krieger reihten die aneinandergefesselten Dörfler auf, beluden Lastmaultiere und Packpferdchen, koppelten auch sie aneinander. »Du willst Vergeltung üben«, raunte Yaril zu Brann. »Du kannst's. Laß sie abziehen. Man braucht fünf Tage, um die Berge zu verlassen. Wir helfen dir beim Vorbereiten der Vergeltung. Mögen sie wähnen, sie hätten gesiegt. Hör auf uns, wir werden dir sagen, wie du sie dafür, was sie verbrochen haben, büßen lassen kannst.« Sie redete Brann in schmeichlerischen, sanften Flüstertönen zu, während Brann beobachtete, wie die Krieger den Kochfeuern entflammtes Brennholz entnahmen, die Fackeln in die Häuser längs der mit weißem Sand bestreuten Straße warfen, ihnen beim Abmarsch nachschaute, bei dem sie die gefesselten Gefangenen zum Mitziehen zwangen, die beladenen Lasttiere die Nachhut bildeten.
    Brann blieb, wo sie hockte, atmete mühsam, fast übermäßig stark, während der Pimush sein Roß bestieg und in sorglosem Trab losritt, die Stimme des Schrittbestimmers der Einheit hallte durch die Morgenfrische, die alle Laute verstärkte, die Flammen knisterten, die markigen Stampfschritte der Krieger dröhnten, als sich die Kolonne in Bewegung setzte, Waffen und Rüstzeug klirrten, eine kleine Marschtrommel löste die Stimme des Schrittbestimmers ab. Sie schlang die Arme um die Beine, saß da und lauschte den Klängen, bis sie verebbten und die Geräusche von Fluß und Wind sie übertönten. Dann hob sie den Kopf. »Und wie?«
    Für einen längeren Augenblick schauten Yaril und Jaril sich an. Schließlich nickte Yaril, wandte sich wieder Brann zu. »Du hast uns vieles zu verzeihen. Wir haben beteuert, wir würden dir nichts antun, Brombeer, aber ... Tja, du mußt selber entscheiden, wieviel Unheil wir dir aus Unwissenheit und Not zugefügt haben.« Sie hustete, die Ränder ihrer Erscheinung schienen, wie schon einmal, zu verflimmern. Brann verkrampfte die Hände zu Fäusten, bis die zerkerbten Fingernägel sich in die Handflächen gruben, biß sich auf die Lippen, um zu vermeiden, daß sie angesichts dieser Zauderei in Geschrei ausbrach; sie war in keiner Laune, um für

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