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Brann 01 - Seelentrinkerin

Brann 01 - Seelentrinkerin

Titel: Brann 01 - Seelentrinkerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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weiche, knotig-flockige Badetücher bereit, dabei stand eine Schale mit nach Duftstoffen riechender Seife. Brann durchmaß das Zimmer, überließ es den Kindern, die Tür zu schließen, betastete das dünne Porzellan der Seifenschale, drehte sie um, strich mit dem Finger über den Boden. Immers Siegel. Die Schale stammte aus den Brennöfen ihres Vaters. Durch die schlichte hübsche Schale wurde ihr regelrecht zum Weinen zumute. Ihr Vater war ein sanftmütiger Mann, dem laute Stimmen zuwider waren, führte sich jemand allzu zänkisch auf, so ließ er ihn am liebsten einfach stehen. Er hob seinen Unmut für Schwindler und Lügner sowie schlampige Arbeit auf, und was letztere anbetraf, so erachtete er sie als unverzeihlich. Als Sklave würde er nicht lange leben, er war innerlich ungebeugt und unfähig zum Buckeln und Bücken. Brann seufzte und kleidete sich aus, verdrängte die Sorge um ihren Vater, in dieser Hinsicht vermochte sie augenblicklich schwerlich irgend etwas zu unternehmen.
    Mit einem Aufatmen des Wohlbehagens setzte sie sich ins heiße Wasser, begann sich den Dreck des ausgedehnten anstrengenden Ritts abzuwaschen, das Vergnügen des Bads entschädigte sie nun für die zahlreichen Härten, die sie unterwegs zu erdulden gehabt hatte, sogar für die Widrigkeiten drunten in der Gaststube mitsamt allen Folgen, die sich daraus noch ergeben mochten. Beim Anblick der Bluse sowie der Hose, die sie, beide vollkommen verschmutzt, neben dem Stuhl auf den Fußboden geworfen hatte, rümpfte sie die Nase, ihr grauste bei der Vorstellung, diese Sachen am Morgen wieder anziehen zu müssen. Keine Mutter war da, kein sonstiger Verwandter oder Bekannter, um ihr das Dasein zu erleichtern. Als sie fertig war, richtete sie sich trief naß im Kübel auf, der Seifenduft umgab sie wie eine Wolke. Sie schüttelte ein Badetuch auseinander — es war fast so groß wie eine Bettdecke — und trocknete sich, zunächst etwas zimperlich in bezug aufs Berühren des eigenen Körpers, sie empfand das Vorhandensein der weichen vollen Brüste und des Büschels Schamhaar als Peinlichkeit. Danach stellte sie einen Fuß neben den Kübel, trocknete ihn ab, trat auf die Fliesen vorm Kamin, rieb den anderen Fuß trocken, warf das nasse Badetuch zu ihren abgelegten Kleidungsstücken und wickelte sich das noch unbenutzte Badetuch um den Leib.
    Jaril und Yaril saßen auf dem Bett und schauten ihr zu, doch im Verlauf der Tage, seit sie das Leben im Tal hatte aufgeben müssen, hatte sie sich an ihre ständige Gegenwart gewöhnt. Mit einem Zipfel des Badetuchs rieb sie sich den Kopf, kämmte sich mit der Hand das kurze feuchte Haar, seufzte aus Erleichterung, als sie sah, daß es sich bereits wieder um die Finger winden ließ. Die Kahlköpfigkeit war ihr genauso peinlich wie das Wogen der Brüste.
    Sie betrachtete das Bett, aber sie fühlte sich nicht schläfrig. Sie war müde, ja; erschöpft, verwirrt, in weinerlicher Stimmung, gewiß; aber befand sie sich in einem Zustand solcher innerlicher Anspannung, verhieß das Bett ihr Alpdrücken. Sie trat ans Fenster. Draußen war es stockfinster, es regnete jedoch noch nicht, auch war der Wunde Mond bislang nicht zu sehen, man sah ihn gegenwärtig ohnehin nur als schmale durchbrochene Sichel. Brann lehnte sich aufs breite Fenstersims, spähte in den Westen, wo die Berge emporragten, fragte sich, was ihre Dörfler jetzt wohl taten, wie es ihnen ging, ob sie schon zur Lichtung am Fluß zurückgekehrt sein mochten, um die Beute der toten Krieger heimzubringen. Fortgesetzt starrte sie in die bewölkte Dunkelheit, versuchte ihren Berg zu erkennen, ihren Tincreal, als könnte sie es durch bloße Willenskraft erzwingen.
    Und einen Augenblick lang wähnte sie, ihr Wille hätte seine Gipfel tatsächlich mit Licht erhellt. Dann aber erbebte unter ihren Ellbogen das Fenstersims, unter den Füßen erzitterte der Boden, und der schwache rote Glanz, der die Gipfel aufhellte, schwoll zu einem rötlichen Brodeln an, das hinauf an den Nachthimmel barst. Und gleich darauf traf das Donnern ihre Ohren wie ein Hieb; es mäßigte sich langsam zu einem dumpfen Rumpeln und Grollen, das zuletzt einer Art von gespanntem Schweigen wich. Das rote Glänzen versiegte zu einem länglichen Schimmer, der wie der Belag einer Stulle zwischen Himmel und Erde zu schweben schien. Brann ähnelte, wie sie da am Fenster stand, das Gesicht ans Eisengitter gepreßt, den Mund aufgerissen zu einem Schrei, der sich keine Bahn zu brechen vermochte, einem

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