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Brann 01 - Seelentrinkerin

Brann 01 - Seelentrinkerin

Titel: Brann 01 - Seelentrinkerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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schwebte, flimmerte durch Branns nasse Kleidungsstücke, trocknete ihr eine Hose und eine Bluse. Als sie die Sachen als hinlänglich trocken erachtete, brachte sie sie Brann. »Gönn dir etwas Schlaf«, sagte sie zu ihr. »Wir halten Wache.«
    Beim Aufwachen bemerkte Brann, daß sie in ein Netz gewickelt war, angefertigt aus zu Kordeln gedrehten Schilffasern und behaftet mit Fischgeruch. Sie erwachte durch das Krachen einer Trommel und Coiers Schrei, als man ihm die Kehle durchschnitt, bis er unvermittelt verstummte. Sie erwachte und sah kleinwüchsige graue Männer sich auf der Insel tummeln, grauhäutige Männchen, die Fetzen groben gelben Tuchs um die Hüften trugen, graue Männlein mit rauher trockener Haut, sie war staubgrau und gesprenkelt mit dunkleren Streifen und Tupfern, ähnlich wie die Haut von Echsen, die Brann früher auf ihrem Findling am Bach sich hatte sonnen sehen, lauter kleine graue Männer, die Coier schlachteten, sein Fleisch von den dicken weißen Knochen schnitten. Brann weinte aus Schwäche, Gram und Wut, weinte um das Tier, wie sie nicht einmal um ihre ermordete Schwester, um Arth Slyas gemordete Einwohner geweint hatte, sie weinte und dachte für eine Weile an nichts anderes. Dann entsann sie sich der Kinder. Sie vermochte ein wenig — ganz geringfügig — den Kopf zu bewegen. Spät am Tag war es, die Schatten fielen lang über die Wasser. Die Kinder waren nirgends zu sehen. In der Nähe knisterte ein kleines Feuer, an dem ein Grauhäutiger saß, die Gestalt in Netzwerk gehüllt, verknotet zu kunstvollen Mustern, von denen Brann mutmaßte, daß sie seine Macht und Bedeutung anzeigten; an einem dicken Tau, locker um den kleinen festen Schmerbauch geschlungen, baumelten Fransen knotenreicher Kordeln. Eine seltsam schöne langfingerige Reptilienhand hielt eine merkwürdige Trommel von furchterregendem Aussehen, gemusterte Schlangenhaut war über den mit hoher gewölbter Hirnschale und nach vorn gerichteten Augenhöhlen ausgestatteten Schädel einer großen Schlange gespannt. Während er vor sich hinlächelte, entlockte er der gespannten Haut ein gedämpftes hartnäckiges Rasseln, kaum lauter als das Rascheln des Winds im Schilf, ein Klang, der Brann störte, wenn sie darauf lauschte, aber dennoch in ihr Inneres drang, bis es mit seinem Takt ihren Herzschlag, ihre Atemzüge bestimmte. Mit einem Ruck entzog sie sich dem Bann, schauderte vor Furcht. Magie. Der Mann schaute zu ihr herüber, und sie schauderte erneut zusammen. Er saß vor dem mit Reisig und Gras entfachten kleinen Feuerchen und betrachtete sie mit einer satten Befriedigung, die ihr eisig bis ins Mark zu dringen schien. Sie dachte an die Kinder, es erfüllte sie mit Erbitterung, von ihnen im Stich gelassen worden zu sein, bis der Trommler eine Hand ausstreckte und damit über zwei dicke Steine neben dem knochigen Knie strich, zwei grau gemaserte Kristalle, groß wie ein menschlicher Kopf, Kristalle, in denen sich das Feuer als eine unendliche Vielzahl von Flämmchen widerspiegelte. Während er wie besitzgierig mit der Hand darüber fuhr, grinste er Brann zu, zeigte ihr die harte Kante des schwarzen Gaumens, der bei diesem Volk wohl die Zähne ersetzte, er genoß ihre sinnlose Wut, bis Lärm am anderen Ende der Insel seinen Blick anzog.
    Brann bemühte sich, auch etwas zu sehen, hielt inne, als ein Temueng in ihr Blickfeld trat, der ein Reitpferd und ein Lastpferdchen mit beträchtlichem, in Segeltuch gewickeltem Gepäck mitführte. Graue Männer umdrängten ihn, zischten oder pfiffen, schnippten mit den Fingern, stampften mit den breiten Klauenfüßen, stießen ihn, man merkte ihnen nur mit größter Mühe bezähmten Grimm und Haß an. Der Temueng blähte aus Widerwillen die Nasenflügel, blickte über die Köpfe der Grauen hinweg, stapfte heran, bis er schroff am Feuer des Zauberers verharrte, vermied es auffällig, Brann anzusehen, bis sie begriff, daß die Sumpfleute sie an die Temueng verkauft hatten. Sie blieb still liegen, knirschte mit den Zähnen, ihr Zorn übertraf den Unmut der Grauen.
    »Ihr habt Nachricht geschickt, daß die Hexe von euch geschnappt worden ist.« Die Stimme des Temueng klang tief und hallte, er sprach, vermutete Brann, mit Absicht so, um das Keifen und Zwitschern der Grauen zu übertönen. »Ich bringe euch die verlangte Belohnung.«
    Der Trommler verfiel in Zuckungen lautlosen Gelächters, versetzte auch seine Trommel in so etwas wie ein heiteres Dröhnen. »Gälber Mann, Geißel dar Drockenfieß.«

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